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DPhG legt neue Leitlinie zur „Guten Substitutionspraxis“ vor
Die Kontinuität der Versorgung muss Vorrang haben
Vor zwölf Jahren hatte die DPhG ihre GSP-Leitlinie erstmals veröffentlicht. Nachdem der Gesetzgeber GKV-Spitzenverband und Deutschen Apothekerverband im Herbst 2012 aufgefordert hat, eine Liste von Arzneimitteln zu erstellen, die nicht im Rahmen von aut idem ersetzt werden sollen, besann man sich auf diese Leitlinie. Doch es war klar: Es muss eine überarbeitete Fassung her. Nun ist es so weit – allerdings ist die Politik inzwischen schon einen Schritt weiter und hat die Erstellung der Liste dem G-BA übertragen.
Die Autoren der GSP-Leitlinie setzen darauf, dass der G-BA ihre wissenschaftlichen Empfehlungen als Grundlage heranzieht, wenn er sich in Kürze seiner neuen Aufgabe zuwendet. Darüber hinaus richtet sich die Leitlinie aber vor allem an Apothekerinnen und Apotheker, die ihren Patienten die größtmögliche Therapiesicherheit bieten wollen. Wer in einem konkreten Einzelfall einen Austausch ablehnt, weil der pharmazeutische Bedenken hat, kann in der Leitlinie möglicherweise Argumente finden, die seine Position stützen. Nicht zuletzt sieht die DPhG die Krankenkassen als Zielgruppe. Denn bei den Rabattvertragsausschreibungen sind ihre Empfehlungen kaum berücksichtigt.
Kritische Arzneimittelgruppen
Die Leitlinie zeigt zum einen bestimmte Arzneimittelgruppen auf, bei denen ein Austausch vermieden werden sollte, wenn Patienten bereits gut auf ein Arzneimittel eingestellt sind. Dabei handelt es sich um Antiarrhythmika, Antiasthmatika, Antidepressiva, Antiepileptika, Antikoagulantien, herzwirksame Glykoside, Immunsuppressiva, Lithium, Neuroleptika, Opioid-Analgetika und Schilddrüsenhormone. Letztere sind dabei der „Klassiker“ unter den Arzneistoffen mit geringer therapeutischer Breite und sehr niedriger Dosierung, erläuterte Professor Dr. Henning Blume, Geschäftsführer der Socratec R&D GmbH und Mitautor der Leitlinie. Die Bioverfügbarkeit sei bei Präparaten wie Levothyroxin zwar unproblematisch – doch anders sieht es bei der Dosiergenauigkeit aus. Sehr schnell kann es hier zu einer Über- oder Unterdosierung kommen – mit unmittelbaren Folgen für die Patienten. Fachgesellschaften vieler Länder forderten daher, diese Arzneimittelgruppe von der Substitution auszunehmen. Die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA entschied sich zwar gegen eine solche Ausnahme – sie sorgte aber dafür, dass die Grenzen für die zulässigen Schwankungen von Tablette zu Tablette eingeschränkt werden, erläuterte Blume. Sie sind nunmehr so gering, dass ein Wechsel kein Problem mehr ist. Doch eine solche einheitliche Vorgabe wäre in Europa nicht so einfach.
Kritische Arzneiformen
Zum anderen weisen die Autoren der Leitlinie auf schwierige Arzneiformen hin – beispielsweise Retard-Arzneimittel. Doch der G-BA hat keine Probleme, die unterschiedlichsten Darreichungsformen – etwa von Diclofenac – in seinen Hinweisen zur Austauschbarkeit als gleichwertig zu definieren. Dabei können die Präparate durchaus sehr verschieden sein, erläuterte Dr. Klaus G. Brauer, Mitherausgeber der DAZ und Co-Autor der GSP-Leitlinie. Vor allem wenn es sich um solche mit zwei-phasiger Wirkstofffreisetzung handelt. Als Beispiel nannte er unterschiedliche Diclofenac-Präparate, die zwar jeweils 75 mg Wirkstoff enthalten – doch eines setzt 25 mg schnell frei, den Rest langsam, das andere startet mit 12,5 mg schnell und gibt den Rest retardiert ab. Dass das nicht das Gleiche ist, leuchte auch einem Laien ein, so Brauer. Für gänzlich Substitutions-ungeeignet hält er auch retardierte Epilepsiepräparate. Bei Antidepressiva hält er hingegen eine Einzelfallbetrachtung für notwendig. Die Wirkstoffe selbst seien hier nicht das Problem – man müsse jedoch hinterfragen, ob im konkreten Fall die Compliance gefährdet ist.
Pharmazeutische Bedenken dürfen nicht fallen
Die GSP-Leitlinie finden Sie als pdf-Dokument auf der Webseite der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft: www.dphg.de
Dass es nun eine „Austauschverbotsliste“ geben soll, die es Apothekern bei bestimmten Arzneimitteln nicht einmal mehr erlaubt, pharmazeutische Bedenken anzumelden, hält Brauer nicht für den richtigen Weg. Er hätte sich gewünscht, dass Apotheker bei kritischen Indikationen oder Darreichungsformen beherzter pharmazeutische Bedenken anmelden bzw. Ärzte öfter die Aut-idem-Substitution ausschließen. Doch beide Berufsgruppen scheuen diese Instrumente – sie sehen sich Retaxationen und Regressen ausgesetzt, obwohl nicht bekannt ist, dass die Krankenkassen in diesen Fällen tatsächlich gegen Apotheker und Ärzte vorgehen. Brauer und Blume plädieren für eine „Austauschvermeidungsliste“. Das Gebot müsse lauten: Die Kontinuität der Versorgung geht vor.
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