Gesundheitspolitik

Wenn der Hinterhalt zum Hinterhalt wird

Nutzen und Risiken des „Ambush-Marketings“

Der Apotheken-Ökonom

Andreas Kaapke ist Professor für Handelsmanagement und Handelsmarketing an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Standort Stuttgart, und Inhaber des Beratungsunternehmens Prof. Kaapke Projekte. E-Mail: a.kaapke@kaapke-projekte.de

Zunächst vorneweg: Ambush heißt auf Deutsch Hinterhalt und hat sich als eine der vielen neuen Spielarten des Marketings in den letzten Jahren durchaus etabliert. Doch Vorsicht: Ambush-Marketing ist nicht überall beliebt. ­Warum? Das Ambush-Marketing-treibende Unternehmen nutzt die Aufmerksamkeit der Medien bei lokalen, regionalen, nationalen oder gar internationalen Großereignissen – häufig aus dem Bereich des Sports, durchaus aber auch anderer Events. Typisch sind Weltmeisterschaften, insbesondere in den beliebten Sportarten wie Fußball, Leichtathletik oder auch in alpinen Disziplinen, und natürlich Olympische Spiele. Auf der anderen Seite könnten z. B. Wagner-Festspiele in Bayreuth oder auch besonders bekannte Messen und Ausstellungen wie die IAA in Frankfurt genutzt werden, um diese Art des Marketings zu betreiben. Dem Publikum eines Events wird durch eigene Marketing-Maßnahmen des Unternehmens ohne tatsächliche Verbindung zum genutzten Event eine autorisierte Verbindung quasi suggeriert. Vermarktungsrechte liegen aber für das Event-nutzende Unternehmen nicht vor bzw. wenn dann nur in sehr eingeschränktem Maße. Streng genommen ist dieses Marketing ein gewisses Trittbrettfahrertum, da man Events nutzt, die man selbst nicht zu verantworten hat, bei ­denen man aber aufgrund der medialen Bedeutung positive Image­effekte erhofft. Die Beteiligung des Unternehmens am Event ist weder finanzieller, geschweige denn konzeptioneller Art. Im großen Stil ist Ambush-Marketing verwerflich, da es häufig genutzt wird, um die daran tatsächlich auch finanziell beteiligten Wettbewerber zu schwächen, man ­betreibt quasi eine Form von ­Guerilla-Marketing. Auf der ­Ebene einer Apotheke kann dies aber sehr wohl sinnvoll sein, wenn beispielsweise ein lokaler Event genutzt wird, um mit darauf aufbauenden, gezielten Maßnahmen für das eigene Leistungsangebot zu werben. So können Passionsfestspiele durchaus auch für die in der Umgebung liegenden Apotheken als Werbeinhalt genutzt werden. Und sollten Biathlon-Weltmeisterschaften in der eigenen Region stattfinden, spricht nichts dagegen, sich genau darauf zu fokussieren. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.

Die Fußball-WM, die letztes Jahr absolviert wurde, soll als häufig bemühtes Beispiel auch für diesen Beitrag herhalten. Fußball ist der Sport Nr. 1 in Deutschland, man darf sich also sicher sein, dass die Aufmerksamkeit bei Fußballthemen überdurchschnittlich ist – und die Weltmeisterschaft ist das mit Abstand größte Ereignis innerhalb dieser Sportart. Die deutsche Fußballnationalmannschaft gilt von jeher als einer der Favoriten auf den Titel (was sich ja auch bestätigt hat). Von daher ist sichergestellt, dass Werbemaßnahmen in diesem ­Umfeld wahrgenommen werden. Nun muss aber auch noch der Bezug zwischen dem Event und der Marketingmaßnahme des Unternehmens (Apotheke) hergestellt werden, denn nichts ist peinlicher als das Nutzen eines Events ohne eine Klammer, die der Kunde versteht und akzeptiert. Dies dürfte aber für Apotheken kein Problem sein und kann auch auf unterschiedliche Weise geschehen. Von der reinen Schaufenstergestaltung bis hin zu Vorträgen, die sich rund um das Thema ranken oder sich um Präventionsmaßnahmen bei Großereignissen drehen oder auch ein Gewinnspiel, das einen Preis beinhaltet, der mit Fußball zu tun hat, kann alles ­opportun sein. Hauptproblem ­dieser Vorgehensweise ist natürlich die Gefahr der inflationären Verwendung. Wenn jeder Metzger, Bäcker, Versicherer und jede Bank die Fußball-WM zum Gegenstand macht, ist die Gefahr groß, dass das Gegenteil des Erwünschten erzeugt wird. Und dann war zwar der finanzielle Aufwand überschaubar, aber auch die eigene Marketing-Maßnahme kostet Geld und muss sich daran messen lassen, ob sie sich rechnet und ob sie das Image und den ­Bekanntheitsgrad der Apotheke steigern half. Von daher stellt sich tatsächlich die Frage, ob nicht etwas überschaubarere Events mit stärker regionalem oder lokalem Charakter am Ende des Tages Apotheken deutlich besser zu Gesicht stünden, um Ambush-Marketing zu betreiben. Nahezu jede Stadt hat ein irgendwie signifikantes Stadtfest, gerade Städte mit einer ausgeprägten Geschichte nutzen diese, um ­Touristen anzulocken und entsprechend darauf ausgerichtete Events zu organisieren. Die Römer in Trier, aber auch neuere Ideen wie die Venezianische Messe in Ludwigsburg haben Event-Charakter und können genutzt werden.

Ambush-Marketing kann unter Umständen auch rechtlich problematisch sein. Tipps zur Vermeidung dieser Fallstricke gibt der Beitrag „Werben mit der Weltmeisterschaft“ in DAZ 2014, Nr. 24, Seite 68

Auf jeden Fall sollte man sich zuvor erkundigen, wie eine offizielle Einbindung in einen solchen Event möglich wäre. Bei Olympischen Spielen freilich nicht, aber bei Stadtfesten und anderen Events in der eigenen Stadt wäre dies der erste Schritt, denn allzu schnell hat man mit einem eigenen Ambush-Marketing eine Menge anderer Gewerbetreibender oder auch die Stadt gegen sich aufgebracht und dann dauert es länger, den Flurschaden zu beseitigen, als dass das nächste Fest schon wieder ansteht. Und dann kann Ambush-Marketing für einen selbst eine verdammt hinterhältige Geschichte werden. |

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