Gesundheitspolitik

Europa hinterfragt Rx-Boni-Verbot

Petitionsausschuss mit Beschwerde befasst – Kommission prüft deutsche Einwände

BERLIN (lk) | Am 4. Mai hat sich der Petitionsausschuss des Europäischen Parlaments mit einiger Verspätung mit dem deutschen Arzneimittelrecht und dem darin enthaltenen Rx-Boni-Verbot befasst. Das Gremium kam zu keinem endgültigen Ergebnis und ließ die Petition offen. Der Grund: Die um Stellungnahme gebetene EU-Kommission hat noch nicht entschieden, wie sie mit dem laufenden Vertragsverletzungsver­fahren gegen die Bundesregierung verfahren will.

Mit Blick auf das inzwischen eingeführte Rx-Boni-Verbot hatte im Jahr 2012 ein Kunde der Europa Apotheek eine Petition eingereicht. Der Petent, ein chronisch kranker Patient mit Wohnsitz in Deutschland, „kaufte seit mehreren Jahren seine Medikamente zu erheblich günstigeren Preisen bei der niederländischen Versandapotheke Europa Apotheek, die einen Anteil der mit den Herstellern ausgehandelten Rabatte an ihre Kunden weitergibt und dabei gleichzeitig noch selbst Profit macht“, heißt es in der Vorlage zum entsprechenden Tagesordnungspunkt. Der Petent wolle daher gerne wissen, ob diese Vorgehensweise der europäischen Gesetzgebung entspreche. Der Petitionsausschuss nahm das Anliegen zwar an – doch eine Antwort hatte er vergangene Woche noch nicht.

Bundesregierung verteidigt Preisbindung

Derweil befasst sich auch die Europäische Kommission sehr kritisch mit der Frage, die den Petenten umtreibt. Auf AZ-Anfrage teilte die Brüsseler Behörde mit, dass sie seit Änderung der deutschen Arzneimittelpreisverordnung im Oktober 2012 mehrere Eingaben und Beschwerden sowohl von betroffenen Apotheken als auch von betroffenen Patienten erhalten habe. Daraufhin habe die Kommission den deutschen Behörden Ende 2013 ein „Mahnschreiben zukommen lassen“, in dem sie die Bundesregierung darauf hingewiesen habe, dass diese Anwendung des deutschen Preisrechts auf Apotheken im Ausland ein Handelshemmnis für den grenzüberschreitenden Warenverkehr darstellen könnte. Deutschland wurde gebeten, die Gründe für die Gesetzesänderung zu erläutern. In einem Antwortschreiben habe die Bundesregierung Gründe des ­Gesundheitsschutzes für die Gesetzesänderung angeführt. „Die Kommission überprüft die von den deutschen Behörden vorgebrachten Rechtfertigungsgründe und hat bisher noch nicht end­gültig über den Fortgang dieses Verfahrens entschieden“, so die Kommission gegenüber der AZ.

Warten auf den EuGH?

Mit dieser hinreichend unpräzisen Stellungnahme reagiert die EU-Kommission offenbar auf den Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf. Dieser hatte kürzlich die Frage der Vereinbarkeit deutscher Preisbindungsklauseln mit europäischem Recht per Beschluss dem Europäischen Gerichtshof ­(EuGH) in Luxemburg vorgelegt (Az. I 20 U 149/13). Jetzt hat dieser darüber zu entscheiden, inwieweit die deutsche Arzneimittelpreisbindung auch für ausländische Versandapotheken gilt – ob Rx-Boni also auch für Versender wie DocMorris tabu sind. Rein verfahrenstechnisch könnte die EU-Kommission das Urteil des EuGH abwarten oder versuchen, das laufende Vertragsverletzungsverfahren mit dem EuGH-Verfahren politisch zu verknüpfen. Darüber ist offenbar noch keine Entscheidung gefallen. |

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