Management

Wie der Wandel gelingt

„Change Management“ in der Apotheke: Veränderungen akzeptieren

Auf eins kann sich jeder Apotheker verlassen: auf die ständige Veränderung in allen Bereichen: Wenn Mitarbeiter wechseln, Kundenbedürfnisse sich ändern, Mitbewerber neue Ange­bote machen oder es zu neuen Vorschriften kommt. „Nichts ist beständiger als der Wechsel“, heißt es.

Ständige Umstellung und Neuorientierung können auf die Nerven gehen. Die stetige Veränderung ist eine Herausforderung für das ganze Team. Chefs unterschätzen oft, wie viel Energie und Zeit auch seitens der Mitarbeiter erforderlich sind, um sich an Neues zu gewöhnen. Der Chef erlebt jede Veränderung anders als seine Mitarbeiter, denn er trägt die Verantwortung für die Umstellung. Er muss auch die Notwendigkeit einer Veränderung rechtzeitig erkennen und die Initiative ergreifen. Für anstehende Veränderungen muss er die ­eigene Perspektive wechseln und sich auf die Reaktion der Mitarbeiter einstellen. Denn Mitarbeiter müssen mitgenommen werden und sie reagieren oft skeptisch, wenn sie sich von Gewohnheiten verabschieden müssen. Der Standardkommentar „Das bringt nicht viel“ blockiert meist die kleineren Änderungen.

„Es ist Wahnsinn, ­immer das Gleiche zu tun und zu hoffen, dass dabei etwas Besseres herauskommt.“

Albert Einstein

Veränderungsprozesse sind mit Anstrengungen verbunden und ­lösen daher bei den Mitarbeitern Widerstand aus. Jüngere Mitarbeiter begrüßen eher Änderungen als die Ü-50-Jährigen, die lieber an Gewohnheiten festhalten. Für den Chef hat der Widerstand des Teams aber auch Vorteile: Er schützt vor purem Aktionismus und erinnert an das, was bewahrt werden muss. Einwände der Mitarbeiter warnen vor Schnellschüssen bei der Änderung oder führen zu einem Kompromiss.

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Alles im Fluss Im Leben ist nichts statisch – in der Apotheke auch nicht. Damit sind notwendige Änderungen im Betrieb vorprogrammiert. Wie erreicht man, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dabei kräftig „mitrudern“?

Die Macht der Gewohnheit

Sind Neuerungen kalkulierbar und relativ bedeutungslos, reagiert man gelassen darauf. Trotzdem spielt die Macht der Gewohnheit auch dann eine große Rolle, denn Veränderungen sind Feind der Routine. Wenn man sich nicht umstellen muss, werden keine Ressourcen mobilisiert, man arbeitet „im Energiesparmodus“. Eine Veränderung heißt, vertrautes Gebiet zu verlassen und neue Wege einzuschlagen.

Veränderungsprozesse sind nicht nur mit Anstrengungen verbunden, schließlich sind neue Produkte auch schon vom Markt genommen worden, Umstellungen haben sich nicht gelohnt, es musste nachgebessert werden. Und so diskutieren die „Veränderer“ gegen die „Bewahrer“. Schließlich haben sich auch die Kunden an bestimmte Dinge, zum Beispiel eine bestimmte Kosmetikmarke, gewöhnt und sind überrascht, wenn plötzlich Alternativen angeboten werden. War denn das bisherige Produkt schlecht? Kann ich mich auf das neue verlassen? Was neu ist, er­fordert meist auch höheren Beratungsaufwand. Schnell erinnert man sich, dass auch früher schon eine Änderung schiefgelaufen ist. Erinnerungen an solche Fälle werden hochgespielt und dramatisiert.

Eigentlich sollte man denken, dass gerade ältere Mitarbeiter Neuerungen gegenüber aufgeschlossen sind, da sie in ihrer beruflichen Laufbahn schon viele Veränderungen mitgemacht haben. Besteht nicht die Gefahr, dass man die Entwicklung verpasst, wenn man sich nicht anpasst? Wenn der ­Anschluss dann später erreicht wird, braucht es die doppelte ­Anstrengung.

Mitarbeiter-Vorschläge ernst nehmen

Wenn Mitarbeiter selbst eine Veränderung initiieren, sollte der Chef das positiv sehen, auch wenn die Vorschläge nicht immer realistisch sind. Jeder Vorschlag eines Mitarbeiters ist ein gutes Zeichen für hohe Motivation und Interesse an der Arbeit. Schnelles Ablehnen einer Mitarbeiteridee zeigt kurzfristiges Denken und frustriert den Betreffenden. Er wird mit Sicherheit nicht so schnell mit ­einem neuen Vorschlag kommen. Vorschläge aus dem Team sollte der Apotheker ernst nehmen.

Wenn es um Veränderungen geht, spielt nicht nur das Lebensalter, sondern auch – vielleicht sogar in stärkerem Maße – der Charakter eine Rolle. Anhand des Verhaltens und wie mit Veränderungen umgegangen wird, kann man drei ­Typen unterscheiden:

1. Den Veränderer, der froh ist, wenn es endlich los geht,

2. den Unentschlossenen, der sich neutral verhält und

3. den Bewahrer, der Veränderungen verhindern will.

Auch der Chef kann sich in diese Typen einreihen. Obwohl finanzielle Mittel vorhanden sind, tritt er gerne als Bewahrer auf und ­argumentiert (nicht immer zu ­Unrecht), dass niemand Veränderungen fordere, weder Kunden noch Mitarbeiter.

Bei Veränderungen müssen alle, auch der Chef, die Komfortzone verlassen und sich in die „Stretch-Zone“ begeben, also etwas tun, was man bisher nicht getan hat. Zugleich muss vermieden werden, in die sogenannte Panikzone zu geraten und in etwas zu investieren, was risikoreich ist. Veränderungen zu akzeptieren, ist nicht leicht, auch wenn es Mitarbeiter nicht zugeben.

Verhalten bei ­Veränderungen

1. Typ „Veränderer“, der ­Befürworter, der froh ist, wenn es endlich losgeht.

2. Typ „Fence-Sitter“, der Unentschlossene, der sich neutral verhält.

3. Typ „Bewahrer“, der eine Veränderung verhindern will.

So wird’s gemacht

Veränderungsprozesse werden erleichtert, wenn der Chef sich und seinem Team genügend Zeit lässt und Termindruck zur Umstellung vermeidet. Denn jeder ist wie vom Schlag getroffen, wenn mit großem Termindruck und wenig Vorbereitung eine Änderung „erzwungen“ wird.

Nicht bei allen Veränderungen kann man die Meinung der Mitarbeiter einholen. Zur Eingewöhnung in ein neues System gibt der Chef jedem eine angemessene Frist. Wenn Mitarbeiter mit Einflusspotenzial (Alphatiere) für die Veränderungen gewonnen sind, können diese den Rest des Teams leichter überzeugen.

Veränderungen müssen „verkauft werden“. So wie bei einem Produkt Nutzen und Vorteile dem Kunden präsentiert werden, so muss eine interne Veränderung argumentativ vorgestellt werden, um die ­eigene Mannschaft zu gewinnen. Mitarbeiter, die an Änderungen beteiligt sind, identifizieren sich mit ihnen. Wer mitgestalten kann, zeigt ein stärkeres Commitment zum Unternehmen. Wenn Veränderungen nicht ausschließlich der Apotheke Nutzen bringen, ­sondern auch dem Mitarbeitenden, verringern sich Skepsis und Abwehrhaltung.

Vorgesetzte versuchen meist, die ablehnenden Mitarbeiter bei einer anstehenden Veränderung zu überreden. Zielführend ist es aber, sich auf die Unentschlossenen zu konzentrieren, da diese meist in der Überzahl sind.

Die sogenannte „Worst-Case-Methode“ bedeutet, sich selbst und dem Team klarzumachen, was im schlimmsten Fall passiert, wenn es nicht zu einer Veränderung kommt. Die Differenz zum „Best Case“ zeigt, wie groß der Vorteil bei einer Umstellung ist. Veränderungsprozesse sind auch dann notwendig, wenn sich die Investition erst Jahre später rechnet.

Geht es um eine gesetzliche Änderung, um neue Vorschriften, ist jede Diskussion sinnlos, eine ­Ausnahmeregelung wird nicht zugelassen.

Die „B-Methode“ für die ­Begeisterung

Bekanntmachen. Anweisungen, die plötzlich und unvorbereitet gegeben werden, stoßen auf Skepsis. Deshalb: jede Neuerung langfristig vorher besprechen.

Beschreiben. Die Vorteile für den Betrieb und auch für jeden Einzelnen sollten detailliert beschrieben werden. Es hat sich bewährt, auch die Nachteile zu nennen, die entstehen, wenn auf die Veränderung, auf den Wechsel verzichtet wird („Worst Case“).

Begründen. Änderungen, die den Mitarbeitern willkürlich erscheinen, werden von den Skeptikern abgelehnt. Deshalb: Vorteile aufzeigen und erklären, warum sie nötig sind. Mit Beispielen, in welchen anderen Firmen sich Änderungen bewährt haben, kann man das eigene Team gut überzeugen.

Beteiligen.

Regelungen, an deren Planung und Durchführung Mitarbeiterinnen mitwirken, werden als eigene Sache gesehen. Deshalb: Meinungen, Hinweise und Vorschläge zulassen und berücksichtigen.

Die Phasen der ­Veränderung

1. Problembeschreibung:Wie kann man die Chancen, die eine Veränderung mit sich bringt, überzeugend ­präsentieren?

2. Zieldefinition: Was bringt die Umstellung der Apotheke und dem Mitarbeiter? Welche Termine sind realistisch?

3. Umsetzung: Wie reagiert der Chef auf Einwände aus dem Team? Welche Einweisung ist nötig, um Fehler zu ver­meiden?

4. Kontrolle: Mit welchen Maßnahmen prüft jeder, ob die neuen Abläufe realisiert wurden?

Immer wieder entsteht die Frage: Ist die mündliche Information über eine Änderung besser oder die schriftliche? Die mündliche ­Erklärung wird bei allen gemeinsam vorgenommen und jeder Mitarbeiter kann Fragen stellen, die sofort beantwortet werden. Obwohl es Zeit kostet und es zu Diskussionen kommt, kann auf das Gespräch nicht verzichtet werden. Zusätzlich sollte jeder noch eine schriftliche Anweisung erhalten, um Vergessenes nachlesen zu ­können. Auch für neue Mitarbeiter ist es hilfreich, wenn sie etwas in der Hand haben. |

Rolf Leicher, Kommunikationstrainer, Oberer Rainweg 67, 69118 Heidelberg, Rolf.Leicher@t-online.de

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