Gesundheitspolitik

BMG ging bei Gliniden zu weit

Beanstandung des G-BA-Beschlusses war rechtswidrig

BERLIN (jz) | Im Februar 2011 beanstandete das Bundesgesundheitsministerium (BMG), dass der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) die Verordnung von Gliniden bei Typ-2-Diabetes zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) einschränken bzw. ausschließen wollte. Doch aus Sicht des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg (LSG) war diese Beanstandungsverfügung rechtswidrig – schon weil das Ministerium die geltende Frist von zwei Monaten überschritten hatte.

Im Juni 2010 wollte der G-BA die Verordnungsfähigkeit von Nateglinid bei Typ-2-Diabetes ausschließen, Repaglinid sollte nur noch unter bestimmten Voraussetzungen bei niereninsuffizienten Typ-2-Diabetikern zulasten der GKV verordnet werden dürfen. Begründet wurde dies vor allem damit, dass der Nutzen der Antidiabetika nicht in klinischen Endpunktstudien nachgewiesen worden sei. Im Februar 2011 beanstandete das BMG diesen Beschluss zur Änderung der Arzneimittel-Richtlinie in Anlage III, weil der G-BA keine hinreichenden Belege ermittelt habe. Dagegen wehrte sich der G-BA vor Gericht. Mangels Zustimmung des BMG konnte der Beschluss bis heute nicht in Kraft treten.

Am 28. Mai befasste sich der 7. Senat des LSG erstinstanzlich mit der Klage – und entschied, dass die Beanstandungsverfügung des BMG schon formell rechtswidrig war (Az. L 7 KA 44/11 KL). Die schriftlichen Urteilsgründe liegen noch nicht vor, aber in einer Mitteilung erklärt das Gericht, dass das Ministerium seinerzeit die für eine Beanstandungsverfügung nach § 94 SGB V geltende Frist von zwei Monaten überschritten habe. Die Richter ließen die Revision zum Bundessozialgericht zu.

Erneutes Stellungnahme­verfahren läuft

Eine Anfrage beim BMG zur Einschätzung der Entscheidung blieb bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe unbeantwortet. Beim G-BA will man sich derzeit nicht inhaltlich zur Entscheidung äußern. Dort verweist man jedoch auf ein aktuelles Stellungnahmeverfahren für eine Verordnungseinschränkung der Glinide: Das Gremium forderte nach der Durchführung eines Stellungnahmeverfahrens im Januar 2014 von den betroffenen pharmazeutischen Unternehmern ergänzende versorgungsrelevante Studien für die Wirkstoffe Nateglinid und Repaglinid (§ 92 Abs. 3a SGB V), um die Zweckmäßigkeit erneut zu bewerten. Doch auch nach Ablauf der Frist von einem Jahr habe kein Unternehmer nachgewiesen, dass er mit einer Studie begonnen habe.

Daher kam der Unterausschuss Arzneimittel in seiner Sitzung am 10. März 2015 zu dem Ergebnis, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Einschränkung der Verordnungsfähigkeit von Gliniden erfüllt seien. Das Verfahren, bei dem Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie den Verbänden der pharmazeutischen Unternehmen, den Berufsvertretungen der Apotheker und den Dachverbänden der Ärztegesellschaften Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wird, läuft derzeit. |

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