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Wirtschaft
Für eine transparente Selbsthilfe
Kooperationen von Pharmafirmen und Selbsthilfegruppen sollen transparenter werden
Patientenorganisationen gewinnen an Gewicht: Sie werden immer häufiger an Entscheidungsprozessen beteiligt, beispielsweise werden sie in Verfahren des Gemeinsamen Bundesausschusses gehört. Doch die Gruppen wecken auch Begehrlichkeiten – nicht zuletzt bei der Industrie, die ihre Produkte verkaufen will. Zwar haben sich die Mitgliedsunternehmen der „Freiwilligen Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie e. V.“ (FSA) bereits seit einiger Zeit verpflichtet offenzulegen, welche finanziellen Zuwendungen sie Patientenorganisationen zukommen lassen. Doch die Kritiker sind noch nicht zufrieden.
In der frisch aktualisierten vdek-Broschüre „Ungleiche Partner – Patientenselbsthilfe und Wirtschaftsunternehmen im Gesundheitssektor“ werden die vielfältigen Interessen in diesem Bereich unter die Lupe genommen: Welche Aufgaben hat die Selbsthilfe? Welche Arten der Zusammenarbeit mit der Industrie gibt es und wie kann eine ungewünschte Einflussnahme erkannt und unterbunden werden?
Anlässlich der Vorstellung der Broschüre am 27. Mai in Berlin zeigten sich vdek-Chefin Ulrike Elsner, Prof. Dr. Wolf-Dieter Ludwig, Vorsitzender der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ), und Dr. Martin Danner, Bundesgeschäftsführer der Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe (BAG Selbsthilfe), im Schulterschluss. Ihr gemeinsames Anliegen: Es muss mehr Transparenz in die Förderung der Selbsthilfe einziehen.
Elsner betonte: „Wir haben nichts gegen die Unterstützung der Selbsthilfe durch die Pharmaindustrie. Doch es besteht die Gefahr, dass Selbsthilfeorganisationen für die Interessen der Geldgeber benutzt werden und ihre Unabhängigkeit verlieren.“
Fondsfinanzierung und umfassende Veröffentlichungen
Die vdek-Chefin stellte daher konkrete Forderungen auf: Zum einen müssten die Selbsthilfeorganisationen selbst ihre Kooperationen öffentlich machen. Das geschehe teilweise schon jetzt, aber nicht bei allen Gruppen. Das gleiche gelte für die Industrie. Und auch von der Ärzteschaft fordert Elsner einen Schritt hin zu mehr Transparenz: Hier gebe es gute Vorbilder, etwa den Verein MEZIS („Mein Essen zahl ich selbst“). Zudem sollten Hersteller nicht ausgesuchte Patientenorganisationen unterstützen, sondern ihre Fördergelder in einen Fonds einzahlen, aus dem die Gelder dann von einer unabhängigen Instanz an die Gruppen und Verbände verteilt werden. Auch die Kassen lassen einen Teil ihrer Fördergelder in eine Gemeinschaftsförderung fließen.
Die Industrie winkt jedoch ab. Birgit Fischer, Hauptgeschäftsführerin des Verbands Forschender Pharma-Unternehmen (vfa) erklärte gegenüber der AZ: „Die Idee eines Fonds anstelle einzelner Zuwendungen an Patientenorganisationen ist schon einmal vor Jahren diskutiert worden. Damals war nicht klar, nach welchen objektiven Kriterien das Geld aus einem Fonds an Patientenselbsthilfeorganisationen verteilt werden kann“. Daher sei die Branche den Weg der Transparenz gegangen und veröffentlicht nun Zuweisungen an Patientenselbsthilfeorganisationen auf den jeweiligen Firmenwebsites.
Ludwig: Am besten gar keine Industrieförderung
Der AKdÄ-Vorsitzende Ludwig hält die Fondsförderung dennoch für die bessere Lösung. Noch lieber sähe er es, wenn die Selbsthilfe ganz ohne Unternehmensförderung auskäme. Die TransparenzBemühungen der Pharmaindustrie reichen dem kritischen Arzt nicht. Der Kodex, nach dem ab 2016 die Beziehungen zu Ärzten transparent gemacht werden sollen, ist aus seiner Sicht eine „Alibi-Veranstaltung“. Zum einen sei er keine Pflicht – und viele Ärzte würden sicher nicht mitmachen. Ein Manko ist es für ihn auch, dass die Geldflüsse nicht auf einer zentralen Webseite veröffentlicht werden.
Danner betonte, dass sich die Selbsthilfe der Gefahr der Einflussnahme sehr bewusst sei, wenn Unternehmen diese sponserten. Die BAG Selbsthilfe habe daher gemeinsam mit dem Paritätischen Wohlfahrtsverband (DPWV) Leitsätze für die Zusammenarbeit mit Wirtschaftsunternehmen im Gesundheitswesen verabschiedet und ein Monitoringverfahren entwickelt. Diese Maßnahmen sowie Selbstverpflichtungserklärungen der Verbände seien wichtige Bausteine, damit die Patientenselbsthilfe unabhängig handeln könne und in der Zusammenarbeit mit Unternehmen die Kontrolle über Inhalte der Arbeit behalte. |
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