Politik

Vorübergehendes Aus für EU-Transparenzrichtlinie

Alles bleibt vorerst wie es ist: Brüssel resigniert und nimmt Modernisierungspläne zurück

BERLIN (jz) | Eigentlich wollte die Europäische Kommission die Entscheidungsverfahren für Preisfestsetzung und Kostenerstattung von Arzneimitteln in den EU-Mitgliedstaaten verschlanken und verkürzen, damit Arzneimittel in Europa schneller auf den Markt gelangen. Dafür sollte die EU-Transparenzrichtlinie, die dazu Vorgaben macht, überarbeitet werden. Doch die Verhandlungen verliefen schwieriger als ursprünglich gedacht. Daher strich die Kommission die geplante Aktualisierung kurzerhand aus ihrem Arbeitsprogramm für das Jahr 2015.

Während in Deutschland neue Arzneimittel umgehend nach ihrer Zulassung auf den Markt kommen, ist die Situation in anderen EU-Mitgliedstaaten nicht ganz so leicht. Da jeder Mitgliedstaat selbst entscheiden kann, ob er nach der Zulassung eines neuen Arzneimittels noch weitere Bewertungen vornehmen will, um die Erstattungsfrage zu klären, kann die EU hier nur bedingt eingreifen. Sie kann aber dafür sorgen, dass die Verfahren transparent ­ablaufen, um mögliche Handelshemmnisse zu unterbinden. Hierzu beschloss sie bereits im Jahr 1989 eine Transparenzrichtlinie für Arzneimittel – diese sollte eigentlich aktualisiert werden.

„Die Transparenz der Preisbildung und der Erstattungsverfahren trägt dazu bei, dass der Arzneimittelmarkt dynamisch bleibt und der Kostendruck auf das öffentliche Gesundheitswesen abnimmt“, erklärte der damals für Industrie und Unternehmertum zuständige Kommissionsvizepräsident Antonio Tajani. Es sei Zeit, den bestehenden Rahmen zu erneuern: ­Modernere Regeln würden öffentlichen Stellen, Unternehmen und vor allem den Bürgern zugute kommen. Der gesundheitspolitische Sprecher der EVP-Christ­demokraten im EU-Parlament, Dr. Peter Liese, gab auch zu bedenken, dass durch eine Harmonisierung letztendlich auch die Pharmaindustrie entlastet werde. Dezeit benötigten die Firmen ganze Stäbe von Mitarbeitern, um die unterschiedlichen Preisregulierungssysteme in den Mitgliedstaaten zu verstehen und zu bearbeiten.

Vorhaben gestrichen

Im Anhang II des von der Kommission veröffentlichten Arbeitsprogramms für das laufende Jahr ist die EU-Transparenzrichtlinie nun im Abschnitt der zurückgezogenen Vorschläge gelistet (Nr. 49). Als Grund für die Rücknahme heißt es dort: „No foreseeable agreement.“ Keine absehbare Einigung. Gemeint dürfte der Rat sein, denn die Reform stieß bei den EU-Mitgliedstaaten auf wenig Gegenliebe. Die Verhandlungen verliefen schwierig, da die EU-Staaten sich bei der Ausgestaltung ihrer nationalen Gesundheitssysteme zu sehr eingeschränkt fühlten.

Diese sind zwar für die Organisation ihrer Krankenversicherungssysteme verantwortlich, ebenso wie für die Zuweisung von Mitteln für das Gesundheitswesen. Ihre Entscheidungen über die Preise und die Erstattung von Arzneimitteln unterliegen aber gleichwohl der EU-Transparenzrichtlinie, die verfahrenstechnische Verpflichtungen der Mitgliedstaaten festlegt, um sicherzustellen, dass die Entscheidungen über die Preise und die Erstattung für die Produkte pünktlich erfolgen, begründet werden und Rechtsbehelfe gegen sie möglich sind.

Rat sträubt sich gegen Fristen und Sanktionen

Den Mitgliedstaaten stieß besonders die vorgesehene Verkürzung der Fristen für die Preisfestsetzungs- und Kostenerstattungsentscheidungen sowie die Einführung eines Rechtsmittelverfahrens bei Nichteinhaltung der Fristen für die Aufnahme von Arzneimitteln in die Krankenversicherungssysteme auf. Auch ein überarbeiteter Vorschlag der Kommission – mit weniger strengen Fristen – konnte nicht überzeugen. Allerdings bedeutet der Verzicht im diesjährigen Arbeitsprogramm nicht, dass die Kommission ihr ­ursprüngliches Ziel ganz aufgibt. Es dürfte zu gegebener Zeit wieder auf den Tisch kommen. |

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