Gesundheitspolitik

Grenzen für Zuzahlungsverzicht

Zuwendungsverbot: Leistungserbringer müssen Zuzahlung von Versicherten einziehen

BERLIN (jz) | Im Umgang mit einem Zuzahlungsverzicht ist Vorsicht geboten: Einem Online-Versender speziell für Diabetesbedarf untersagte das Oberlandesgericht Stuttgart am 9. Juli, für einen Zuzahlungsverzicht entsprechender Produkte zu werben und Zuzahlungen einzu­ziehen (Az. 2 U 83/14).

Die Wettbewerbszentrale hatte den Versender abgemahnt, weil er mit Aussagen warb wie: „Die gesetzliche Zuzahlung müssen Sie bei uns nicht bezahlen.“ Der Verein sah hierin einen Verstoß gegen sozial- sowie heilmittelwerberechtliche Vorgaben. Der Versender wehrte sich jedoch mit dem Argument, er sei als Leistungserbringer der Inhaber des Zuzahlungsanspruchs, nicht die Kasse. Daher sei er auch berechtigt, auf den privatrechtlichen Anspruch zu verzichten.

Während das Landgericht Ulm die Klage der Wettbewerbszentrale abwies, gaben die OLG-Richter ihr in zweiter Instanz recht. Einen Verstoß gegen sozialrechtliche Vorschriften lehnten aber auch sie ab: Diese hätten eine Steuerungs- und Finanzierungsfunktion, stellten aber keine wettbewerbsbezogene Zielsetzung dar. Allerdings verstoße der Versender gegen das heilmittelwerberechtliche Zuwendungsverbot, denn es handele sich um eine relevante Werbegabe. Zudem sei mit einem Betrag von fünf bis zehn Euro die vom BGH festgelegte Geringwertigkeitsschwelle von einem Euro überschritten.

Wie die Entscheidung in der Branche umgesetzt wird, bleibt abzuwarten. Die Wettbewerbszentrale weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Apothekern durch ihre Berufsordnungen auch der teilweise Verzicht auf Zuzahlungen nicht gestattet ist. „Das Urteil des OLG Stuttgart sollte also nicht als ‚Freibrief‘ betrachtet werden, mit einem teilweisen Zuzahlungsverzicht zu werben oder auf die Zuzahlung auch nur teilweise zu verzichten.“ |

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