Management

Gute Leistungen selbstverständlich?

Warum es schwer fällt zu loben

Jeder weiß, wie gut Anerkennung tut und wie motivierend sie wirkt, und trotzdem wird sehr sparsam damit umgegangen. Der Standardsatz der ­Anerkennung lautet: „Ja, passt schon“, und das oftmals auch nur, wenn der Mitarbeiter fragt, ob der Apothekenleiter zufrieden ist.
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„Ich finde, das haben Sie toll gemacht“ Jeder Mensch braucht ehrlich gemeintes Lob. In welcher Dosierung und auf welche Weise die einzelnen Mitarbeiter am besten gelobt werden, das gilt es für den Apothekenleiter herauszufinden.

Lob und Anerkennung werden zu selten ausgesprochen, weil gute Leistungen als Selbstverständlichkeit vorausgesetzt werden. Anders als bei Fehlern und Kritik, kann gelungene Arbeit kommentarlos hingenommen werden. Ein Feedback des Chefs bei guten Leistungen zeigt dem Mitarbeiter, dass er wahrgenommen und dass seine Leistung geschätzt wird. Mit Anerkennung erhält er die Gewissheit, dass seine Arbeit gut gelungen ist. Bei einer sehr komplizierten Tätigkeit bedeutet Anerkennung eine Wertschätzung des Mitarbeiters und tut seinem Selbstwertgefühl gut. Eine Anfangsleistung kann sogar noch besser werden, wenn sie zwischendurch anerkannt wird. Die positive Beurteilung zwischendurch spornt stark an, deshalb sollte der Apothekenleiter nicht warten, bis die Leistung zu Ende gebracht ist. Die Spitzenleistung oder der besondere Einsatz des Mitarbeiters muss gewürdigt ­werden, nicht die Routinearbeit und nicht die durchschnittliche Leistung.

Wer Anerkennung erfährt …

... bringt mehr Engagement bei der täglichen Arbeit.

... beurteilt die Führung des Chefs positiv.

... hat eine bessere Ausstrahlung, wirkt freundlicher.

... versucht, sein Leistungs­niveau zu halten.

... steckt auch mal Kritik ein, weil Anerkennung Kritik ausgleichen kann.

... vermittelt auch seinem Chef Anerkennung.

Die richtigen Worte finden

Mit dem einfachen „O.K.“ kann eine Leistung bestätigt werden, für Anerkennung oder Lob genügt das nicht. Der Mitarbeiter, der von sich aus dem Apotheker ein sehr gutes Arbeitsergebnis präsentiert, erwartet mehr. Ein „Schmusekurs“ ist zwar unangebracht und verliert an Wirkung, aber ein bisschen mehr als „Gut“, oder „Einverstanden“ darf es sein, wenn Arbeits­ergebnisse über das Normalmaß hinausgehen. Mit Einfühlungsvermögen in die Erwartungshaltung des Mitarbeiters findet der Apothekenleiter die passende Formulierung.

Wirkungsvoll ist die Ich-Botschaft. Statt „Das haben Sie sehr gut gemacht“ ist besser „Ich finde, das haben Sie sehr gut gemacht“. Das „Ich“ wirkt als persönliche Wertung. Die Wirkung kann weiter ­gesteigert werden, wenn der Chef die Leistung des Mitarbeiters personalisiert, indem er die dafür erforderlichen Fähigkeiten beschreibt.

Ja Nein
Loben Sie direkt nach einem guten Arbeitsergebnis?(Sofort ausgesprochen wirkt doppelt!)
Loben Sie unter vier Augen, um bei Kollegen Neid zu vermeiden?
Loben Sie auch ein Zwischenergebnis einer sehr guten Leistung?
Bevorzugen Sie keinen Mitarbeiter? Behandeln Sie bei Anerkennung alle gleich?
Erfährt der Mitarbeiter auch, welche positiven ­Auswirkungen seine Leistung hat?
Geben Sie das Lob eines Kunden, das den Mitarbeiter ­betrifft, auch gleich weiter?
Sprechen Sie auch zu Ihren Kunden positiv über Ihr ­Personal?
Entsprechen Ihre anerkennenden Worte auch Ihrer inneren Einstellung?
Finden Sie für gelobte Mitarbeiter die richtigen Worte und vermeiden Schlagworte wie „sagenhaft“ oder „super“?
Fällt es Ihnen leicht zu loben?
Je häufiger Sie mit „Ja“ antworten, desto besser können Sie mit Anerkennung umgehen. Ihre Mitarbeiter sind dann gut motiviert und geben ihr Bestes.

Wer vom Chef Anerkennung erfährt, wird in seinem Selbstvertrauen gestärkt und wird das anerkannte Verhalten reproduzieren oder gar verstärken. Der Mechanismus, erfolgreiches Verhalten zu wiederholen, ist wissenschaftlich gründlich untersucht und bestätigt worden. Wer sehr gute Leistungen zeigt, aber kein positives Feedback bekommt, reduziert seinen Einsatz bis zum Dienst nach Vorschrift.

„Gute Leistungen ­können durch Gleichgültigkeit der Umgebung zugrunde ge­richtet werden.“

Karl Immermann, ­Schriftsteller

Obwohl jeder Apothekenleiter die Wirkung der Anerkennung kennt, fällt es vielen schwer, dies in der Praxis umzusetzen. Vermutlich liegt es daran, dass sie aufkommende Arroganz des Mitarbeiters oder gar Gehaltswünsche befürchten. Oft fehlen auch die richtigen Worte für die positive Bewertung. „Bei uns geht es hart und ehrlich zu, da gibt es keine süßen Worte – wir sind nicht im Streichelzoo“, ­erklärte ein Chef kürzlich im Gespräch.

Die positive Bewertung eines Mitarbeiters kann zu Neid unter den Kollegen führen, weil diese ihm das Lob nicht gönnen. Deshalb wird Anerkennung am besten ­unter vier Augen ausgesprochen. Anerkennung ist besonders bei jüngeren Mitarbeitern für ihr Selbstvertrauen und ihre weitere berufliche Entwicklung wichtig.

Formen der positiven ­Bewertung

Kompliment: Hängt nicht mit der Arbeit zusammen und betrifft meist Äußerlichkeiten, die positiv auffallen, oftmals geht es um ganz persönliche Dinge. Ein typisches Kompliment lautet: „Ihre neue ­Frisur steht Ihnen sehr gut, sie gefällt mir.“

Bestätigung: Sie ist nötig, wenn es vorher zu Kritik kam und der Mitarbeiter nun wissen will, ob der Chef jetzt zufrieden ist. Meist genügt die kurze Reaktion: „Ich bin jetzt zufrieden mit Ihrer ­Arbeit, alles O.K., weiter so.“

Anerkennung: Sie bezieht sich auf ein über der Norm liegendes Ergebnis oder eine Standardleistung bei einer äußerst schwierigen Arbeit. Eine gute Leistung kann auch hinterfragt werden, z. B.: „Das haben Sie aber besonders gut hingekriegt, wie haben Sie das geschafft?“

Lob: Dabei geht es um ganz persönliche, meist charakterliche ­Eigenschaften, die für die Arbeitsausführung wichtig sind: „Ich schätze vor allem Ihre Zuverlässigkeit, das gefällt mir ganz besonders.“

+++ ++ + 0
Persönliche Merkmale
Pünktlichkeit
Zuverlässigkeit
Auffassungsvermögen
Belastbarkeit
Arbeitstempo
Sorgfältigkeit
Teamgeist
Geduld
Fachliche Merkmale
Produktkenntnisse
Pharmazeutisches Verständnis
Organisationstalent
Fachkompetenz

Auch Mitarbeiter können sich untereinander etwas Nettes sagen. ­Positive Rückmeldung sollte nicht ausschließlich vom Chef kommen. Wer etwas Nettes erfährt, freut sich nicht nur, sondern sucht auch einen Anlass, dem Sender etwas Nettes zurückzugeben. Das muss sich nicht nur auf die Arbeit beziehen. Komplimente zeigen Wertschätzung und erhöhen die Hilfsbereitschaft und Kollegialität, die für das Betriebsklima so wichtig sind.

Nach einer Reklamation ist der ­betreffende Mitarbeiter etwas unsicher, ob Sie mit seiner Leistung zufrieden sind. Für seine Selbst­sicherheit braucht er mindestens eine Bestätigung, bei Leistungssteigerung Anerkennung. Grundsätzlich wird Kritik von allen Mitarbeitern eher akzeptiert, wenn gute Arbeitsergebnisse auch an­erkannt werden.

Anerkennung muss ehrlich gemeint sein, damit sie glaubwürdig ist. Sie hat mit Beachtung, Aufmerksamkeit und Wahrnehmung einer Leistung zu tun. Und sollte Kennzeichen einer guten Führung sein. Die Einhaltung der Grundregeln hilft, die positiven Worte so zu vermitteln, dass sie beim Mitarbeiter Motivation und Firmenbindung auslösen.

Typische Fehler bei der Anerkennung

  • Sie kommt zu spät.
  • Einschränkungen wie „schon ganz gut“, „recht ordentlich“, „passt schon“.
  • Lob von Kunden wird dem Mitarbeiter nicht weiter­gegeben.
  • Ein beliebter Mitarbeiter ­erhält mehr Anerkennung als ein anderer.
  • Man gibt Anerkennung als Mittel zum Zweck: Eine Person wird so lange gelobt, bis sie bereit ist, eine unangenehme Tätigkeit zu übernehmen.

Signale der Wertschätzung

Zusätzlich zu Lob und Anerkennung kann man sich auch wertschätzend verhalten: Gemeinsam verbrachte Pausen, in denen man nicht über die Arbeit, sondern über Privates spricht, werden von Mitarbeitern positiv gesehen und wirken motivierend. Auch die ­Geburtstagsgratulation zählt zur Wertschätzung, wobei es auf die Worte ankommt, denn ein einfaches „Herzlichen Glückwunsch“ ist sicher steigerungsfähig. Kommt die Wertschätzung von ­innen heraus, ist es nicht nötig, ein paar Sätze vorzubereiten. Wem aber der eigene Geburtstag nicht sehr wichtig ist, der wird auch Geburtstage des Personals nicht oder unwillig wahrnehmen. Auch Erkrankungen des Ehepartners oder der Kinder und die Frage nach dem Wohlbefinden sind ein Signal der Wertschätzung und verbessern die persönlichen Kontakte. |

Rolf Leicher, Kommunikationstrainer, Oberer Rainweg 67, 69118 Heidelberg,
autor@deutsche-apotheker-zeitung.de

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