Gesundheitspolitik

Der Apotheken-Ökonom: Evergreen oder Dauerbaustelle

Wann ist eine Vergütung gerecht?

Andreas Kaapke ist Professor für Handelsmanagement und Handelsmarketing an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Standort Stuttgart, und Inhaber des Beratungsunternehmens Prof. Kaapke Projekte. E-Mail: a.kaapke@kaapke-projekte.de

Wieder einmal schlägt das Thema Vergütung für die Apotheken hohe Wellen. Man ist geneigt, von einem Evergreen zu sprechen. Diese Beobachtung lässt den Schluss zu, dass die Apotheker entweder alle gierig sind oder das bestehende System der Vergütung alles andere als ausgewogen. Bisweilen ist man auch geneigt anzunehmen, dass das Thema deshalb immer wieder zur Sprache kommt, weil in allen anderen Wirtschaftsbereichen Anpassungen der Leistungsbezüge in einer gewissen Regelmäßigkeit auf der Tagesordnung stehen, nur bei Apothekern nicht.

In überdurchschnittlich regulierten Märkten ist es häufig so, dass die staatliche Ordnungspolitik auch preislich eingreifen soll, wo die Marktwirtschaft versagt. Befürchtet man also zu starke Verwerfungen, regelt in einer sozialen Marktwirtschaft der Staat das Verhältnis aus Angebot und Nachfrage über einen für alle einheitlich festgelegten Preis; so auch bei den Apotheken und der Abgabe von Arzneimitteln. Damit nimmt man aber einem in diesem Markt Agierenden ein gutes Maß an Handlungsfreiheit. Dies wäre in Ordnung, wenn ihm eine Existenz­sicherung wie den Beamten mehr oder weniger garantiert wird – doch dies ist mitnichten der Fall.

Mit dem GMG 2004 wurde die Vergütungslogik für Apotheken auf eine Packungs- und damit Kundensicht überführt. Gleichwohl ergibt sich der Umsatz immer noch aus Preis und Menge. Darin liegt auch ein Gutteil der Crux der gegenwärtigen Situation. Denn der Gesetz­geber vermischt bei derlei Berechnungspraktiken für Apotheken ordnungspolitische Eingriffe mit extremen marktwirtschaftlichen Mechanismen. Wenn das gewährte Honorar pro abgegebener Packung 3% auf den Einkaufspreis plus 8,35 Euro beträgt und seit seiner Einführung erst ein Mal erhöht wurde, kann nur die Mengenkomponente als flexible Größe und damit als Kompensation für die nicht stattgefundene Preisanpassung ­angenommen werden. Diese Mengenkomponente ist aber durch den Apotheker im rezeptpflichtigen Bereich nicht oder nur kaum beeinflussbar. Der Absatz darf nicht stimuliert werden, was gut ist. Dennoch war erst jüngst zu lesen, dass die Menge an abgegebenen Arzneimitteln durchschnittlich pro Apotheke gestiegen ist und dadurch der Umsatz pro Apotheke. Der ­reine Ökonom würde also sagen, was der Preis nicht richtet, klärt die Menge. Davon abgesehen, dass dies eine Durchschnittsbetrachtung ist, die der einen Apotheke mehr und der anderen gar nicht hilft, ist eine derartige Betrachtung zynisch. Denn sie unterstellt frei nutzbare Kapazitäten in einer Apotheke, die bei höherer Menge eine bessere, mithin nie ausgeschöpfte Auslastung erlauben, und geht nicht davon aus, dass als Äquivalent zu einer gestiegenen Menge eben auch die vorzuhaltenden Ressourcen steigen müssen – und damit die Kosten.

Es muss endlich aufgeführt werden, was der Kunde bzw. der Staat für die 8,35 Euro bekommt. Und seitens der Apothekerschaft darf man auch nicht müde werden, darauf hinzuweisen, dass es in der überwiegenden Anzahl der Fälle keine 8,35 Euro sind, da die GKV noch einen Abschlag pro Packung erhält. Wenn also endlich geklärt wäre, was Ende 2003 in den ursprünglichen 8,10 Euro drin war, was an Aufgaben zwischenzeitlich hinzugekommen und wie dies jeweils zu berechnen ist, hätte man ein adäquates Argument, um auch für die Zukunft und in der Zukunft Anpassungen vornehmen zu können. Denn die einzelnen Leistungskomponenten, die dann einen Betrag von 8,35 Euro ergäben, unterliegen mitunter inflationären Tendenzen, neu hinzukommende Aufgaben bedeuten Aufwand, der sich in einer höheren Vergütung niederschlagen müsste, und nur Vereinfachungen und Wegfall von Leistungen würden eine Reduktion der Pauschale bedingen.

Die nächsten Wochen und Monate müssen nun genutzt werden, um entweder neue Berechnungsmodelle zu entwerfen oder aber die bestehende Honorarpraxis transparenter zu machen. Wünschenswert wäre eine Lösung, die die Apotheker in die Lage versetzt, nicht ständig über das Honorar sprechen zu müssen. Dies geschieht zwar bei Weitem nicht so öffentlichkeitswirksam wie bei Eisenbahnern oder Piloten und die Bevölkerung ist wegen der nicht stattfindenden Arbeitsniederlegung auch nicht betroffen. Aber gerade in der Bevölkerung ist zu erkennen, dass zu heftige und häufige Forderungen eines Berufsstandes nach einer ersten Phase des Verständnisses relativ schnell zu Unmut führen, vor allem wenn der Alltag durch einen Streik nachhaltig torpediert wird. Mögen die Apotheker demnach alsbald bekommen, was sie ver­dienen. Wenn ich nur wüsste, was das ist! |

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