Wirtschaft

Tücken bei der Direktbestellung

Kopie der Betriebserlaubnis muss nicht vorgelegt werden

Die Motivation für eine Direktbestellung beim Hersteller mag unterschiedlich sein – von erhofften Einkaufsvorteilen bis hin zur fehlenden Verfügbarkeit beim eigenen Großhandel –, die Probleme dabei sind für alle ­bestellenden Apotheken gleich. Und Direktbestellungen beim Hersteller, ob nun aus Lust oder Frust, nehmen zu.

Dies kann man z. B. daran fest­machen, dass große Pharmaunternehmen hierfür gemeinsam eine Bestellplattform namens pharma mall Gesellschaft für Electronic Commerce GmbH mit Sitz in Sankt Augustin etabliert haben. Es handelt sich um einen Zusammenschluss der Unternehmensgruppen Bayer Vital, Boehringer Ingelheim, GlaxoSmithKline, Merck Serono, Novartis und PharmLog. Ein solcher Verbund ist aus Kundensicht sinnvoll, wenn er Bestellungen der Apotheken ohne zusätzlichen Aufwand und Kosten erleichtert und die Abwicklung beschleunigt. Dennoch ist es vor dem Hintergrund des in § 52 b Arzneimittelgesetz (AMG) geregelten Belieferungszwangs rechtlich fragwürdig, wenn etwa bestimmte hochpreisige Arzneimittel beim vollsortierten Großhandel nicht lieferbar, gleichzeitig aber beim Hersteller direkt ohne Probleme verfügbar sind. Der termingerechte Versand wird dann zusätzlich in Rechnung gestellt. Eine eher positive Wahrnehmung mag sich aber auf Apothekerseite auch aus anderen Gründen nicht durchgängig einstellen.

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Wo bleibt denn da der Datenschutz? Würden Arzneimittelhersteller eine Datenbank mit Kopien von Betriebs­erlaubnissen aufbauen, widerspräche dies dem Bundesdatenschutzgesetz.

Eingriff in die Berufs­ausübungsfreiheit

So hat jüngst eine E-Mail der pharma mall GmbH an Bestandskunden für Verärgerung gesorgt. Darin wurde angekündigt, bereits hinterlegte Kopien der Apothekenbetriebserlaubnis den angeschlossenen Unternehmen, die Lieferungen an diese Apotheken wahrnehmen, zur Verfügung zu stellen, soweit dem nicht binnen 14 Tagen widersprochen werde. Das sei rechtlich für die Direkt­bestellung erforderlich, hieß es. Diese Aussage ist aber so jedenfalls nicht richtig!

Zwar trifft es zu, dass der pharmazeutische Unternehmer bei einer Direktbelieferung die Bezugsberechtigung des Empfängers klären muss. Dies verlangt die Arzneimittelhandelsverordnung (AM-HandelsV). Denn eine Auslieferung von Arzneimitteln ist nach § 6 Abs. 1 Satz 1 AM-HandelsV nur an Berechtigte zulässig, wozu natürlich auch Apotheken gehören. § 4a Abs. 1 AM-HandelsV bestimmt als Gegenstück, dass Arzneimittel nur von zur Abgabe berechtigten Betrieben erworben werden dürfen. In § 1a AM-HandelsV ist schließlich geregelt, dass der Hersteller durch ein Qualitätssicherungs­system zu gewährleisten hat, dass Arzneimittel nur von hierfür berechtigten Betrieben und Einrichtungen bezogen und an diese geliefert werden.

Wie dies zu geschehen hat, lässt die Arzneimittelhandelsverordnung völlig offen. Nur in § 6 Abs. 2 AM-HandelsV ist erwähnt, dass der Lieferant seine Berechtigung zur Auslieferung durch einfache Angabe der Erlaubnisbehörde und des Ausstellungsdatums der Erlaubnisurkunde nachzuweisen hat. Auch zur Klärung der Bezugsberechtigung sollte daher eine vergleichbare Erklärung der Apotheke rechtlich wohl ausreichen. Denn wäre darüber hinaus zwingend die Vorlage einer Kopie der Betriebserlaubnis vorzulegen, müsste dies als eine dann in die Berufsausübungsfreiheit eingreifende Verpflichtung eindeutig ­gesetzlich normiert und dieser Eingriff in das Grundrecht des Artikels 12 GG legitimierend ­begründet sein.

Etwas konkreter ist in dieser ­Frage noch die EU-Leitlinie für die gute Vertriebspraxis von Humanarzneimitteln vom 5. November 2013 (2013/C 343/01). Im ­dortigen Kapitel 5.3 ist neben der ebenfalls enthaltenen Verpflichtung, sich der Bezugsberechtigung der Abnehmer zu vergewissern, die Möglichkeit (nicht aber die Verpflichtung!) erwähnt, um Kopien der Genehmigungen nach nationalem Recht zu ersuchen. Daher kann hieraus ebenfalls nicht auf eine Vorlagepflicht der Apothekenbetriebserlaubnis geschlossen werden.

Warum, anders als beim Nachweis der Lieferberechtigung, eine bloße Angabe von Erlaubnisbehörde und Ausstellungsdatum der Erlaubnisurkunde nicht ausreichen soll, bleibt somit auch im Lichte der EU-Leitlinie un­beantwortet. Immerhin muss im Zweifelsfall der Bestand der Betriebserlaubnis bei der Erteilungsbehörde erfragt werden. Denn welcher Mehrwert unter Gesichtspunkten der Arzneimittelsicherheit mit der Vorlage einer Kopie gegenüber einer aktuellen Bestätigung des Apothekenin­habers einhergehen soll, ist nicht ersichtlich.

Sensible Daten in der Betriebserlaubnis

Zu berücksichtigen ist weiter, dass die Betriebserlaubnis – über die Bestätigungsfunktion der Eigenschaft als Apothekenbetrieb hinaus – viele den Apotheken­betrieb und den Inhaber betreffende sensible Daten enthält, die ein Apothekenleiter kaum für ­diese Zwecke preiszugeben hat. So wird auf Anfrage von der Firma pharma mall immerhin bestätigt, dass auch die Vorlage einer geschwärzten Kopie der Betriebserlaubnis ausreiche, aus der lediglich der Betriebserlaubnis­in­haber, die ausstellende Behörde und das Ausstellungsdatum hervorgehen. Es wäre natürlich vorteilhafter, dies von vornherein ­offen zu kommunizieren.

Tipp

Auch wer bereits eine vollständige Kopie der Betriebserlaubnis bei pharma mall oder einem Hersteller hinterlegt hat – häufig trotz Verärgerung aufgrund des zeitlichen Drucks –, kann unter Vorlage einer solchen geschwärzten Kopie die Vernichtung der hinterlegten vollumfänglichen Kopie verlangen.

Abschließend lohnt ein Blick auf geltendes Datenschutzrecht. § 3a Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) bestimmt, so wenig personenbezogene Daten wie möglich zu erheben, zu verarbeiten und zu nutzen sowie erhobene Daten zweckbezogen weitestmöglich zu anonymisieren. Dem würde der Aufbau einer Datenbank bei Arzneimittelherstellern mit lauter Kopien von Betriebserlaubnissen klar ­widersprechen.

Papierrechnung nur gegen Gebühr?

Dass bei Direktbestellungen teilweise nur noch eine per E-Mail übersandte Rechnung kostenfrei angeboten wird, hat ebenfalls ­zumindest einige Apotheker verärgert. So ist das bei pharma mall organisierte Unternehmen Novartis in die Schlagzeilen geraten, weil es für Papierrechnungen seit Oktober 2014 eine Gebühr von ­einem Euro erhebt. Auch dieses Vorgehen ist rechtlich zumindest sehr fragwürdig.

Internetanschluss darf nicht vorausgesetzt werden

Klar ist die Rechtslage bei Verbraucherverträgen: Bei ausschließlich über das Internet abgeschlossenen Verträgen ist eine solche Vereinbarung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) laut Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 16. Juli 2009 (Az.: III ZR 299/08) wirksam. Für Verträge, die auch offline geschlossen werden können, ist die AGB-Klausel laut BGH-Urteil vom 9. Oktober 2014 unwirksam (Az. II ZR 32/14). Begründet wird dies damit, dass auch in der heutigen Zeit noch nicht davon ausgegangen werden darf, dass jeder Verbraucher einen Internetanschluss besitzt.

Es ist bislang aber noch nicht ­gerichtlich geklärt, ob diese Rechtsprechung auch für Verträge zwischen Unternehmen gilt. Dafür spräche aber einiges. Der BGH hat zum einen zur Begründung, warum ein gesondertes Entgelt für eine Papierrechnung unzulässig ist, auf die §§ 307 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) abgestellt, die gemäß § 310 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1 BGB auch auf AGB gegenüber Unternehmern zur Anwendung kommen. Weiter hat der BGH den allgemeinen Rechtssatz aufgestellt, dass – wie vorliegend – bei nicht alleine über das Internet vertriebenen Produkten davon auszugehen ist, dass nicht alle Vertragspartner ausnahmslos über einen Internetzugang verfügen und in der Lage sind, die ihnen erteilten Rechnungen elektronisch abzurufen.

Umsatzsteuergesetz sieht Wahlfreiheit vor

Hinzu kommt im Unternehmensbereich, dass es sich um eine steuerpflichtige Lieferung an ­Unternehmer nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 Umsatzsteuergesetz (UStG) handelt, für die der Lieferant dem belieferten Unternehmen eine Rechnung zu erstellen hat. Diese muss nach § 14 Abs. 1 Satz 7 UStG grundsätzlich auf Papier ­zugestellt werden und darf nur vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers elektronisch übermittelt werden. Es ist wohl kaum zu begründen, dass eine solche Zustimmung des Empfängers durch Erhebung einer Gebühr vom Unternehmer „motiviert“ wird und der Unternehmer auf diese Weise das dem Empfänger eingeräumte Wahlrecht unlauter beeinflussen darf. § 14 UStG betrifft schließlich ohne Unterscheidung beide Bestell­wege, on- und offline. |

Klaus Laskowski

Klaus Laskowski ist stellvertretender Geschäftsführer und Justiziar des Bayerischen Apothekerverbandes sowie Lehrbeauftragter der Fachhochschule Schmalkalden in den Weiter­bildungsstudiengängen „Apothekenbetriebswirt/in (FH)“ und „Pharmazieökonomie (FH)“;
E-Mail: klaus.laskowski@bav-bayern.de

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