Management

Sanierung in eigener Regie

Trotz Schieflage Herr im Haus bleiben

Gerät ein Apotheker mit seiner Apotheke in eine finanzielle Schieflage, ist es sein Ziel, ein Insolvenzverfahren möglichst zu vermeiden. Beim sogenannten Eigenverwaltungsverfahren (Insolvenzplanverfahren) können Apotheker die Sanierungschancen eines Insolvenzverfahrens nutzen und bleiben gleichzeitig Herr im eigenen Haus.
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Bevor alle Stricke reißen Um die Sanierungschancen einer kriselnden Apotheke zu erhöhen, wurde das Instrument der Eigenverwaltung geschaffen, bei dem der Apotheker die Kontrolle über sein Unternehmen behält.

Die Eigenverwaltung mit einem Insolvenzplan wird als Sanierungsmöglichkeit häufig nicht in Betracht gezogen oder ist vielfach noch unbekannt. Sie bietet jedoch einen entscheidenden Vorteil: Es gibt – anders als im Regelinsolvenzverfahren – keinen Insolvenzverwalter, der darüber entscheidet, ob die Apotheke fortgeführt, auf Interessenten übertragen oder der Betrieb gar eingestellt wird. Hinzu kommt, dass in einem Insolvenzplanverfahren im ­Gegensatz zum Regelinsolvenzverfahren der Rechtsträger und damit die Zulassung des Apothekers erhalten werden kann, an der normalerweise der Geschäftsbetrieb hängt.

In der Eigenverwaltung führt der Apotheker den Geschäftsbetrieb selbst fort und behält das Heft des Handelns in der Hand. In der Regel zieht er dafür einen Sanierungsexperten hinzu. Für die Patienten bzw. Kunden ist das laufende Verfahren nicht erkennbar und auch nicht relevant. Sie betreten ganz normal die Apotheke, legen ihr Rezept vor oder kaufen die gewünschten Medikamente.

Die Rolle des Apothekers

Der Apotheker bleibt während der Eigenverwaltung der Leiter seiner Apotheke. Er erfüllt weiter die Zulassungsvoraussetzungen für den Betrieb gemäß § 2 Apothekengesetz, die er in einem Regelinsolvenzverfahren verlieren würde (Widerruf der Erlaubnis nach § 4 Abs. 2 ApoG). Damit kann er notwendige Sanierungsmaßnahmen umsetzen – wie etwa Darlehensverträge beenden oder Personalabbau vornehmen. Gleichzeitig kann er den laufenden Betrieb einer oder mehrerer Apotheken aufrechterhalten und behält die Kontrolle über seine unternehmerische Tätigkeit. Mit anderen Worten: Er bleibt auch nach außen ­gegenüber seinen Geschäftspartnern und Kunden der Unternehmer, der seinen Apothekenbetrieb führt. Mit dem gerichtlichen Er­öffnungs­beschluss ist den Gläubigern während des laufenden Verfahrens eine Einzelvollstreckung in das Vermögen des Apothekers untersagt. Diese können ihre ­offenen Forderungen (nur) zur ­Insolvenztabelle anmelden.

Sind die Bedingungen für eine ­Eigenverwaltung erfüllt (diese sind in den §§ 270 ff. der Insol­venz­ordnung (InsO) geregelt, siehe ­Kasten), stellt das Gericht dem Apotheker einen Sachwalter zur Seite, der das Verfahren als eine Art Aufsichtsrat lediglich überwacht. Mit diesem Sachwalter kann sich der Apotheker auch über wirtschaftliche und insolvenzrechtliche Fragen beraten, um den besten Lösungsweg zu finden.

Voraussetzungen und Vorteile der Eigenverwaltung

Damit ein Eigenverwaltungsver­fahren genehmigt werden kann, muss ein entsprechender Antrag seitens des Schuldners zusammen mit dem Insolvenzantrag beim zuständigen Insolvenzgericht eingereicht werden.

Im nächsten Schritt prüft das Gericht, ob diese Verfahrensform im konkreten Fall zur Anwendung kommen kann – insbesondere, ob keine Nachteile für die Gläubiger zu befürchten sind. Liegen keine Hinweise dafür vor, ordnet das ­Gericht das beantragte Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung an.

Einzelunternehmer und Geschäftsführer kriselnder Unternehmen sollen mit dem Instrument der Eigenverwaltung einen Anreiz erhalten, möglichst frühzeitig einen Insolvenzantrag zu stellen, um die Sanierungschancen zu erhöhen. Da oftmals ein eigener Kontrollverlust im Regelinsolvenzverfahren befürchtet wurde, waren Anträge häufig zu einem sehr späten Zeitpunkt gestellt worden. Bei der Eigenverwaltung gibt es dagegen keinen Kontrollverlust.

Die Chancen auf eine erfolgreiche Sanierung des Unternehmens steigen erheblich, wenn schon zu Beginn einer wirtschaftlichen Krise ein Antrag gestellt und nicht erst der tatsächliche Eintritt einer Zahlungsunfähigkeit – etwa mit offenen Löhnen – abgewartet wird.

Leistungs- und finanzwirtschaftliche Sanierungs­maßnahmen

Im ersten Schritt werden die ­wirtschaftlichen Gründe für die finanzielle Schieflage analysiert. Daraus leiten sich die leistungs- und finanzwirtschaftlichen Sanierungsmaßnahmen ab. Diese werden im Insolvenzplan festgelegt und dem Gericht und den Gläubigern zur Abstimmung ­vorgelegt.

Dabei ist es wichtig, dass die handelnden Personen – also Apotheker und beratender Sanierungs­experte – die Gläubiger von den Gründen, der Notwendigkeit und den Erfolgsaussichten der Sanierung überzeugen. Zudem sollten sie auch bei den Gläubigern um Unterstützung der vorgesehenen Sanierungsmaßnahmen werben.

Ist der Dialog mit den Gläubigern gut vorbereitet, stimmen diese in der Regel dem Insolvenzplan zu. Ihr Vorteil: Sie erhalten normalerweise eine höhere Quote, als dies im Regelinsolvenzverfahren der Fall wäre. Der Apotheker profitiert davon, da er seinen Gläubigern eine Quote auf ihre Forderungen anbieten kann, ohne dass ein Verkauf oder gar eine Zerschlagung des Apothekenbetriebs notwendig würde. Grundsätzlich sollte die vorgesehene Quote im Insolvenzplan allerdings etwas höher sein, als die Quote in einem hypothetischen Regelabwicklungsverfahren wäre. Eine solche Quote kann der Apotheker den Gläubigern aber oftmals nicht aus eigenen finanziellen Mitteln anbieten. Er muss daher versuchen, Drittmittel – etwa von Banken oder Familienmitgliedern – in Anspruch zu ­nehmen.

Keine sechsjährige Restschuldbefreiungszeit

Liegt die Zustimmung der Gläubiger zum Insolvenzplan vor, kann das Insolvenzgericht das Verfahren bereits etwa einen Monat später aufheben. Leistet der Apotheker alle im Insolvenzplan vereinbarten Zahlungen an die Gläubiger, gilt dieser als erfüllt. Bis zu diesem Punkt vergeht in der Regel nur rund ein Jahr ab der Verfahrenseröffnung. Der Apotheker steht dann mit seiner erhalten ­gebliebenen Zulassung und saniertem Geschäftsbetrieb wieder auf einer wirtschaftlich gesunden Basis. Die Sanierung in eigener Regie ist also eine praktikable Option, um einer wirtschaftlichen Krise im Apothekenbetrieb zu begegnen. |

Tilo Kolb

Rechtsanwalt Tilo Kolb ist Fachanwalt für Insolvenzrecht und seit 2002 bei Schultze & Braun als Insolvenzver­walter in den Niederlassungen der Kanzlei in Leipzig, Halle, Berlin und Dresden tätig.


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