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Wirtschaft
OECD bemängelt hohe Arzneimittelausgaben
Zu viele vermeidbare Krankenhausaufenthalte / BPI kritisiert Berechnungsmethode
Während die Gesundheitsausgaben im Durchschnitt der OECD-Länder – das sind weltweit 34 Staaten mit meist hohem Pro-Kopf-Einkommen – 2013 8,9% des Bruttoinlandsproduktes (BIP) betrugen, lagen sie in Deutschland mit 11% deutlich darüber. Als eine Ursache dafür nennt der Bericht die Arzneimittelausgaben, die in Deutschland höher seien als in fast jedem anderen europäischen Land und in den meisten OECD-Ländern: Kaufkraftbereinigt lagen sie 2013 bei 678 US-Dollar pro Einwohner und damit 30% über dem OECD-Durchschnitt. In Europa „toppt das nur Griechenland“ – so die OECD in ihrer Pressemeldung. Im Jahr 2014 stiegen die Arzneimittelausgaben nach einer Phase der Stagnation (2009 – 2013) um etwa 7%, die allgemeinen Pro-Kopf-Gesundheitsausgaben in Deutschland wuchsen von 2009 bis 2013 im Schnitt und inflationsbereinigt um 2% jährlich, 2014 nach vorläufigen Schätzungen um 2,5%.
Dreimal mehr Blutdrucksenker als in Österreich
Der deutliche Anstieg der Arzneimittelkosten liege zum Teil an den erhöhten Ausgaben für sehr teure Medikamente, etwa Hepatitis-C-Präparate. Darüber hinaus sei der Herstellerrabatt für patentgeschützte Arzneimittel mit Beginn des Jahres 2014 gesunken. Außerdem nehmen die Deutschen laut OECD-Studie verhältnismäßig viele Medikamente ein: Ihr Verbrauch von blutdrucksenkenden Mitteln zum Beispiel sei höher als in allen anderen OECD-Ländern und liege beim Dreifachen der in Österreich konsumierten Menge. Auch Antidiabetika würden in Deutschland wesentlich häufiger verschrieben als im OECD-Schnitt: Zwischen 2000 und 2013 habe sich der Verbrauch fast verdoppelt. Dies hänge auch mit der Alterung der Gesellschaft und der verstärkten Verbreitung von Übergewicht und Fettleibigkeit zusammen.
„Die Qualität der Gesundheitsversorgung steht mit den Kosten nur bedingt in Zusammenhang“, stellt der OECD-Bericht fest. Keines der OECD-Länder gehöre in allen Kategorien der Qualitätserfassung zur Spitzengruppe, selbst wenn es erhebliche Summen in sein Gesundheitssystem investiere. Auch für Deutschland ergebe sich ein gemischtes Bild: Nimmt man als Indikator für die Qualität der medizinischen Primärversorgung die Anzahl der potenziell vermeidbaren Krankenhausaufenthalte, schneidet Deutschland weniger gut ab. Die Einweisungsraten für chronische Krankheiten wie Diabetes und Herzinsuffizienz sind weit höher als im OECD-Schnitt, was nur in Teilen durch ein größeres Vorkommen dieser Krankheiten erklärt werden kann.
Rabatte und Mehrwertsteuer nicht berücksichtigt
Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) kritisiert, auch die Berechnungsmethode führe dazu, dass die Ausgaben hierzulande laut OECD über dem Durchschnitt anderer OECD-Staaten lägen: „Denn die OECD berechnet die Ausgaben auf Basis der öffentlich zugänglichen Apothekenverkaufspreise, d. h. die Rabatte von Herstellern und Apothekern sowie die unterschiedlichen Mehrwertsteuersätze werden nicht herausgerechnet.“ Dass Deutschland als eines der wenigen Länder den vollen Mehrwertsteuersatz auf Arzneimittel erhebe, schlage voll auf diese Rechnung durch – „kein Wunder, dass die Pro-Kopf-Ausgaben in anderen Ländern niedriger sind“.
Als weitere Ursache nennt der BPI die Verordnung hochinnovativer Produkte, von denen Patienten immens profitierten und die zusätzliche Kosten etwa durch Transplantationen ersparen könnten. Wenn wir in Deutschland weiterhin ein erstklassiges, der guten Wirtschaftsentwicklung entsprechendes Gesundheitssystem haben wollten, so der BPI, müssten wir auch weiterhin mit kontinuierlich, aber moderat steigenden Ausgaben rechnen, auch im Bereich der Arzneimittelversorgung: „Versorgungsqualität gibt es eben nicht zum Nulltarif.“ |
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