Gesundheitspolitik

Offener Brief an Gröhe

Holzmindener Apotheker beschwert sich über Nullretax

BERLIN (lk) | Mathias Orth, Inhaber der Rosen-Apotheke in Holzminden, fühlt sich von der Pronova BKK mehr als ungerecht behandelt. Wegen einer angeb­lichen Nichtbeachtung des Rabattvertrages bei Oxycodon hatte Orth von der Rezeptprüffirma Protaxplus eine Nullretaxation kassiert. Nachdem seine Einsprüche zunächst abgeschmettert wurden, wandte er sich in einem offenen Brief an Bundesgesundheitsminister Gröhe.

Der Apotheker ist der Ansicht, dass er wegen fehlender Indikationsgleichheit nicht zur Substitution verpflichtet ist. Im Gegenteil: Oxycodon mit einer 24-Stunden-Retardierung sei nicht gegen ein anderes Arzneimittel austauschbar. Die Leitlinien der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft sähen eine Substitution dieser Arzneimittelgruppe ebenfalls kritisch. Nach Auffassung der Retax-Spezialisten des Deutschen Apothekenportals ist in diesem Fall die gesetzliche und rahmenvertragliche Austauschvorschrift von mindestens einer gemeinsamen Indikation nicht erfüllt und daher „jeder Austausch gesetzlich untersagt“.

Trotzdem verweigerte die Pronova BKK die Zahlung. Alle Einwände des Apothekers änderten daran nichts.

Daraufhin schrieb Apotheker Orth einen Brief an Gröhe und klagte über „die mittlerweile unerträglichen und existenzbedrohenden Sanktionsmaßnahmen der gesetzlichen Krankenkassen bzw. deren Prüfstellen“. Hier werde ein ganzer Berufsstand der Ignoranz und der Willkür der Prüfstellen ausgesetzt und die Apothekerinnen und Apotheker stünden dem Treiben „quasi hilflos und zum Teil nur noch fassungslos und resignierend gegenüber“.

Foto: privat

Kämpft den Kampf David gegen Goliath: Mathias Orth

Krankenkassen bereichern sich auf Kosten der Apotheker

Orth: „Ein Kampf David gegen Goliath, die Grenze der Selbstverwaltung ist längst überschritten.“ Man gewinne den Eindruck, dass sich die Krankenkassen auf Kosten der selbstständigen Apothekerinnen und Apotheker zunehmend bereicherten.

Dann schildert Orth dem Bundesgesundheitsminister die Details seines Retax-Falles: „Hier verlangt nun eine Rezeptprüfstelle von den Apotheken gegen geltendes Recht, gegen den Rahmenvertrag und gegen die Anweisungen der Bundesopiumstelle zu verstoßen. Man nimmt eine unzureichende Schmerzversorgung von Versicherten der Pronova BKK wissentlich nach meiner ausführlichen Information in Kauf, ja man verlangt diese de facto sogar, nur um in den Genuss finanzieller ­Rabattvorteile bzw. in diesem Fall auf Kosten der versorgenden Apotheke zu kommen. Unglaublich!“

Aufwandsentschädigung bei ungerechtfertigter Retaxation

Mit Blick auf die vom Gesetzgeber angeordnete Retax-Regelung schlägt Orth vor, dass angesichts des hohen Arbeits- und Kostenaufwandes, der den Apotheken durch den automatischen Versand unberechtigter Retaxationen entstehe, die Schiedsstelle in ihren Verhandlungen mit der GKV auch über eine Aufwandsentschädigung für offensichtlich ungerechtfertigte Retaxationen nachdenken solle.

Wie Bundesgesundheitsminister Gröhe über den Brief und das konkrete Retax-Problem denkt, ist noch nicht bekannt. Das BMG hat zwar den Eingang bestätigt, will sich aber nicht zum Inhalt äußern. Man weiß, dass Gröhe offene Briefe nicht besonders schätzt, vor allem wenn sie bekannt werden, bevor er sie selbst gelesen hat. Mit diversen Versuchen, Gröhe unter Druck zu setzen, haben Lobbyisten regelmäßig keine guten Erfahrungen gemacht. Diese Anliegen landen gewöhnlich im Eingangsstapel ganz unten.

An anderer Stelle zeigte der Brief aber offensichtlich schon Wirkung: Auf AZ-Nachfrage hat die Pronova BKK jetzt angekündigt, den Fall noch einmal mit dem Dienstleister Protaxplus zu prüfen. |

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