Gesundheitspolitik

Korruption: Union will Kritik prüfen

BERLIN (ks) | Bei der Experten-Anhörung zum Anti-Korruptionsgesetz im Rechtsausschuss des Bundestages zeigte sich, dass weiterhin gewichtige Bedenken gegen die konkrete Ausgestaltung der neuen strafrechtlichen Normen ­bestehen. Dass Korruption im Gesundheitswesen nicht durch eine Strafbarkeitslücke fallen soll, darin sind sich zwar alle einig. Denn derzeit können sich niedergelassene Ärzte nicht der Korruption strafbar machen. Doch der Teufel steckt im Detail.

Ebenfalls zur Diskussion stand bei der Anhörung am 2. Dezember ein Antrag der Linksfraktion. Anders als die Regierung will Die Linke die Korruptionsstrafbarkeit nicht an § 299 StGB anlehnen (Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr), sondern an die entsprechenden Amtsträgerdelikte (§ 331 ff. StGB). Letztere umfassen auch die Vorteils­nahme/-gewährung, die keine (pflichtwidrige) Gegenleistung ­fordert. Zudem plädiert sie für die Einrichtung von Schwerpunktstaatsanwaltschaften und einen Whistleblower-Schutz.

Der Regierungsentwurf sieht vor, die Delikte der Bestechung und Bestechlichkeit in jeweils zwei Tatbestandsalternativen aufzuteilen. Zum einen sollen Angehörige eines Heilberufs bestraft werden, wenn sie im Zusammenhang mit ihrer Berufsausübung einen Vorteil dafür fordern, sich versprechen lassen bzw. annehmen, dass sie bei der Verordnung oder Abgabe von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten oder bei der Zuführung von Patienten einen anderen im Wettbewerb unlauter bevorzuge (Bestechlichkeit – entsprechend ist die ­Formulierung im Paragrafen zur Bestechung). Diese Alternative zeigt klar auf: Hier geht es um den Schutz des fairen Wettbewerbs. Was die genauere Auslegung des Paragrafen angeht, kann man sich an der Rechtsprechung zu § 299 StGB orientieren. Diese Regelung trifft daher auf Akzeptanz.

Kritik an unbestimmter 2. Tatbestandsalternative

Kritik gab es jedoch an der zweiten Tatbestandsalternative, nach der die erforderliche Unrechtvereinbarung zwischen Bestechenden und Bestochenen mit einer Ver­letzung der „berufsrechtlichen Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit“ verknüpft wird. Die Vorschrift soll ­lediglich ein Auffangtatbestand sein – in der Regel dürfte die erste Variante einschlägig sein. Dennoch: Die Kopplung zwischen Berufs- und Strafrecht wird als problematisch gesehen, da das Berufsrecht auf Landesebene geregelt ist. Und das kann dazu führen, dass von Bundesland zu Bundesland die Strafwürdigkeit eines bestimmten Verhaltens ganz anders gesehen wird. Daher zweifeln einige Experten, ob die Alternative dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot genügt. Ärztekammer-Präsident Frank Ulrich Montgomery würde sie am liebsten ganz gestrichen sehen. Vielen Beschäftigten im Gesundheitswesen werde nicht klar sein, was damit genau gemeint ist, vermutet er. Er sprach sich stattdessen für die Aufnahme konkreter Tatbestands-Merkmale in den Gesetzestext aus.

Auch der Freiburger Rechtsanwalt Morton Douglas hält diese zweite Alternative für kritisch. So könnten sich etwa bundesweit tätige Versandapotheken veranlasst ­sehen, sich dort anzusiedeln, wo die niedrigsten berufsrechtlichen Standards bestehen. Douglas verwies zudem darauf, dass in den Täterkreis mit Apothekern auch Gewerbetreibende fallen, die sich im Wettbewerb positionieren müssen. Diesen Wettbewerb habe der Gesetzgeber auch bewusst gefördert – etwa durch die OTC-Preisfreigabe. Wenn nun eine Vielzahl von Kooperationsformen unter dem Risiko stehe, strafrechtlich behandelt zu werden, werde dieser Wettbewerb ausgehebelt. Daher lehnt er den Vorschlag der Linken, auch Vorteilsnahme zu bestrafen, strikt ab.

Ansonsten zeigte die Anhörung: Es besteht nach wie vor Unsicherheit, wie sich künftig strafbare Korruption von sinnvoller Kooperation zwischen Akteuren im Gesundheitswesen abgrenzen lässt. So wies etwa der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa) auf die Notwendigkeit der Zusammenarbeit zwischen Arzneimittelherstellern und Ärzten für die Entwicklung und Erprobung neuer Präparate hin.

Union nimmt Bedenken auf

Jan-Marco Luczak, zuständiger ­Berichterstatter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für das Gesetz, hat einige Kritikpunkte aufgenommen. So ist bei ihm angekommen, „dass Kooperationen für medizinischen Fortschritt und ­Innovation notwendig und damit auch im Interesse der Patienten sind“. Für die Union sei deshalb klar: „Wir wollen Korruption bekämpfen, aber gewünschte Kooperationen nicht behindern.“ Sie werde daher im parlamentarischen Verfahren sicherstellen, dass es eine klare Abgrenzung zwischen verbotener Korruption und erlaubter Kooperation gibt, so Luczak nach der Anhörung.

Luczak verspricht auch, die Zweifel an der Bestimmtheit der zweiten Tatbestandsalternative zu prüfen. Es dürfe nicht dazu kommen, dass das gleiche Verhalten eines Arztes in einem Bundesland erlaubt, in einem anderen Land aber als Korruption strafbar ist. „Ein solcher Flickenteppich würde zu Rechtsunsicherheit führen, das wollen wir nicht.“ Für ihn stellt sich nach der Anhörung tatsächlich die Frage, ob die zweite Tat­bestandsalternative wirklich für einen umfassenden Strafrechtsschutz nötig ist. Auch darüber werde man im weiteren Verfahren zu entscheiden haben. |

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