DAZ aktuell

ABDA will noch mehr Austauschverbote

Substitutionsausschluss für alle modifiziert freisetzenden Antiepileptika und Opioide gefordert

STUTTGART (du) | Der G-BA plant die zweite Tranche der Substitutionsausschlussliste und hatte ein Stellungnahmeverfahren eingeleitet, das am 9. Juni endete. Auch die ABDA hat Position bezogen und sieht lediglich für Phenprocoumon-Tabletten die vom G-BA aufgestellten Kriterien für eine Aufnahme in die Liste als erfüllt an, wünscht sich allerdings die Erweiterung auf alle peroralen Formen, also auch von Filmtabletten. Bei anderen diskutierten Substanzen sieht die ABDA die Voraussetzungen für die Aufnahme in die Liste in der vom G-BA vorgeschlagenen Form als nicht erfüllt an, hält sie für überflüssig oder plädiert für eine deutliche Erweiterung. So wünscht sie die Aufnahme und damit ein Austauschverbot für alle modifiziert freisetzenden Formen von Oxycodon, Carbamazepin und Valproinsäure.
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Austausch verboten Die ABDA plädiert für eine deutliche Erweiterung der vom G-BA vorgeschlagenen Substitutionsausschlussliste.

Geht es nach dem G-BA, so sollen Buprenorphin-Pflaster und Oxycodon-Retardtabletten mit unterschiedlicher Applikationshäufigkeit sowie Phenobarbital- und Phenprocoumon-Tabletten in die Substitutionsausschlussliste aufgenommen werden. Ob Carbam­azepin- und Valproinsäure-Retardtabletten sowie Primidon-Tabletten ebenfalls vom Austausch ausgeschlossen werden sollen, darüber ist sich der G-BA noch nicht einig (s. Tab).

Tab: Geplante Erweiterung Arzneimittel, die in Anlage VII der Arzneimittel-Richtlinie aufgenommen werden und so unter das Substitutionsverbot fallen sollen.
eindeutiges G-BA-Votum
Buprenorphin transdermale Pflaster mit unterschiedlicher Applikationshäufigkeit
Oxycodon Retardtabletten mit unterschiedlicher Applikationshäufigkeit
Phenobarbital Tabletten
Phenprocoumon Tabletten
dissente G-BA-Positionen
Primidon Tabletten
Carbamazepin Retardtabletten
Valproinsäure (auch als Natriumvalproat und Valproinsäure in Kombination mit Natriumvalproat) Retardtabletten

Doch der geplanten Aufnahme von transdermalen Buprenorphin-Pflastern mit unterschiedlicher Applikationshäufigkeit in Anlage VII Teil B (Substitutionsausschlussliste) der Arzneimittelrichtlinie erteilt die ABDA eine Absage.

Buprenorphin-Pflaster: kein Substitutionsverbot

Die ABDA sieht bei Buprenorphin-Pflastern die Darreichungsform an sich als wichtigsten Grund für häufig geäußerte pharmazeutische Bedenken an. Solche Probleme könnten durch das Setzen des Aut-idem-Kreuzes oder pharmazeutische Bedenken gelöst werden. Transdermale Pflaster bzw. therapeutische Systeme stuft die ABDA per se als problematische Darreichungsformen ein, die Applikationshäufigkeit stehe dabei nicht im Mittelpunkt. Denn wie bei anderen Opiaten/Opioiden würden auch diese Darreichungsformen patientenindividuell und in Abhängigkeit von der Schmerzstärke eingesetzt, so dass ein festes Dosierungsschema eher von theoretischer Natur sei.

Oxycodon: Verbot für alle modifiziert-freisetzenden Formen!

Der G-BA-Vorschlag, Oxycodon-Retardtabletten mit unterschiedlicher täglicher Applikationshäufigkeit in die Substitutionsausschlussliste aufzunehmen, geht der ABDA dagegen nicht weit genug. Sie fordert, dass alle Oxycodon-Darreichungsformen mit modifizierter Wirkstofffreisetzung in die Anlage VII Teil B aufgenommen werden sollen. Begründet wird dies unter anderem damit, dass sich verschiedene modifiziert freisetzende Darreichungsformen in ihrer Bioverfügbarkeit deutlich voneinander unterscheiden können – vor allem in Abhängigkeit von der Nahrungsaufnahme. Für den Fall, dass der G-BA diesem Anliegen nicht folgt, hält die ABDA es für dringend erforderlich, Morphin und Hydromorphon wie Oxycodon zu behandeln. Im Klartext heißt das: weicht der G-BA von seinem bisherigen Vorschlag nicht ab, müssten entsprechende Retardformen von Morphin und Hydromorphon bei unterschiedlicher Applikationshäufigkeit ebenfalls vom Austausch ausgeschlossen werden.

Buprenorphin und Oxycodon: Probleme mit der Software

Sowohl beim geplanten Austauschverbot von Buprenorphinpflastern als auch von Oxycodon-Retardtabletten sieht die ABDA Probleme bei der Abbildung in der Apothekensoftware. Da in beiden Fällen das Austauschverbot beschränkt ist auf die Applikationshäufigkeit und kein absolutes Austauschverbot bestehen soll, werden erhebliche Probleme bei der Nicht-Austauschbar-Kennzeichnung der Pharmazentralnummer gesehen. Sollte der G-BA den Vorschlägen der ABDA zu Buprenorphin-Pflastern und Oxycodon-Retardtabletten nicht folgen, wünscht sich die ABDA, dass der Sachverhalt der unterschiedlichen Applikationshäufigkeit in Teil A der Anlage VII abgebildet wird und verweist auf die Umsetzung bei den Opiaten/Opioiden Hydromorphon, Morphin und Tramadol. Für die ABDA sollte also an dieser Stelle die Erkenntnis, dass Darreichungsformen (von Betäubungsmitteln) mit unterschiedlicher Wirkdauer nicht austauschbar sind, einheitlich und systematisch umgesetzt werden.

Carbamazepin/Valproinsäure: erweitertes Austauschverbot

In Sachen Substitutionsausschluss von Carbamazepin- und Valproinsäure-Retardtabletten gibt es beim G-BA dissente Positionen (s. Tab).

Die ABDA befürwortet eine Aufnahme in Anlage VII Teil B, allerdings nicht nur für Retardtabletten, sondern für alle modifiziert freisetzenden Darreichungsformen. Bei Carbamazepin gebe es zwar zurzeit nur Retardtabletten als modifiziert freisetzende Darreichungsform, doch das könne sich 14-tägig ändern. Bei Valproinsäure sind schon jetzt neben Retardtabletten auch Retard-Minitabletten und Retardkapseln im Markt.

Die ABDA begründet die Forderung zum einen mit nicht auszuschließenden Unterschieden in der Bioverfügbarkeit, zum anderen aber mit den gravierenden Folgen, die ein Therapieversagen bei dem Krankheitsbild Epilepsie haben kann. Systematische Untersuchungen und klinische Studien zur Häufigkeit und Schwere von Problemen bei Patienten durch eine generische Substitution würden zwar fehlen, doch seien randomisierte klinische Studien auch aus ethischen Gründen nicht durchführbar. Deshalb beruft sich die ABDA auf Fallberichte, die auf Probleme nach Umstellung hinweisen und darauf, dass es bei Antiepileptika häufiger als in ­anderen Arzneimittelgruppen zu ­Rückumstellungen gekommen sei.

Phenobarbital und Primidon: keine Kandidaten für die Liste

Während der G-BA eindeutig für die Aufnahme von Phenobarbital-Tabletten in die Substitutionsausschlussliste votiert, ist die Aufnahme von Primidon-Tabletten strittig. Eine Haltung, die die ABDA nicht nachvollziehen kann. Da Barbiturate in der antiepileptischen Therapie nur eine untergeordnete Rolle spielen, wird die Aufnahme sowohl von Phenobarbital und Primidon, das vor allem über den aktiven Metaboliten Phenobarbital wirkt, nicht befürwortet.

Kein Austauschverbot für Original und Import

In Sachen Austausch von Original- und Importarzneimittel wünscht die ABDA eine Klarstellung und regt an, unter Abschnitt M § 40 Abs. 2 folgenden Satz 2 einzufügen: „Arzneimittel, deren Ersetzung durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel nach § 129 Abs. 1a Satz 2 SGB V ausgeschlossen ist, sind in Teil B der Anlage VII aufgeführt. Der Ausschluss gilt nicht im Verhältnis zwischen importiertem Arzneimittel und Bezugsarzneimittel.“

Kein Austauschverbot im Notfall

Das Problem der Nichtlieferbarkeit eines namentlich verordneten Arzneimittels mit einem Wirkstoff der Substitutionsausschlussliste will die ABDA mit folgender Ergänzung der Tabelle B in Anlage VII lösen: „Ist ein von der Ersetzung ausgeschlossenes Arzneimittel nicht verfügbar und macht ein dringender Fall die unverzügliche Abgabe eines Arzneimittels erforderlich (Akutversorgung, Notdienst), darf die Apotheke ein wirkstoffgleiches Arzneimittel abgeben.“ |

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