Medikationsanalyse

Medikationsanalysen in der Pflegeheimversorgung

Was können andere Apotheken daraus lernen?

Foto: Lennecke
Von Kirsten Lennecke | Die Erstellung von Medikations­plänen und die Durchführung von Medikationsanalysen sind aktuelle Themen in der Berufspolitik und werden oft so diskutiert, als wären diese Ideen neu und müssten endlich zum Wohle der Patienten umgesetzt werden. ­Dabei arbeiten heimversorgende Apotheken bereits täglich mit Medikationsplänen und überprüfen diese vor der Arzneimittelbelieferung. Von ihren Erfahrungen können auch andere Apotheken profitieren.

Die tägliche Routine

Der Arzt verordnet bei einem Heimbesuch ein Arzneimittel oder ändert eine bisherige Verordnung. Manchmal stellt er sofort ein Rezept aus, manchmal erst im Laufe des Tages in seinen Praxisräumen. Die Pflegedienstleitung aktualisiert nach schriftlicher Freigabe des Arztes den Medikationsplan des Patienten und faxt ihn zur Apotheke, die ihn sofort umsetzt. Dieser Plan ist quasi die Blaupause zum Stellen der Medikamente und gilt so lange, bis der Arzt etwas anderes verordnet. Der Apotheker überprüft den Plan und meldet arzneimittelbezogene Probleme dem Arzt, eventuell auch der Pflegedienstleitung. In unserem Fall stellt die Apotheke die festen und flüssigen Dauermedikamente mithilfe des Biodose®-Systems. Die Bedarfsmedikamente werden von den Pflegekräften vor Ort gestellt.

Medikationsplan für die Pflegekräfte

Jeder, der verordnete Arzneimittel einnimmt, benötigt eine Anweisung, welches Arzneimittel er in welcher Dosierung, wann und wie lange einnehmen soll. Was bei ambulanten Patienten häufig unstrukturiert erfolgt, manchmal ausschließlich mündlich, manchmal mit Anweisungen, die im HV auf den Umkarton übertragen werden, muss im Pflegealltag schriftlich erfolgen in Form eines Medikationsplans. Die Pflegedienstleitung ist die zuständige Instanz, die diesen Plan erstellt und bei jedem Arztbesuch aktualisiert. Er dient den Pflegekräften als Handlungsvorschrift bei der Abgabe und Anwendung der Arzneimittel an die Bewohner und dient gleichzeitig der Dokumentation.

Wie gut ein Medikationsplan ist, hängt davon ab, wer ihn erstellt, wie viel Zeit ihm dafür zur Verfügung steht und welchen Anspruch er hat. Zum Stellen der Arzneimittel reichen die einfachen Medikationspläne im Pflegeheim den Pflegekräften aus (Beispiel 1), auch wenn nicht alle Indikationen oder alle Diagnosen korrekt zugeordnet werden.

Beispiel 1: Medikationsplan eines Pflegeheimbewohners (Auszug)
Benperidol 10 mg – Neuroleptika, Diagnose: starke Unruhe, Verordnung durch: Dr. B., Tel.: ...
Ab dem 9.6.15 morgens mittags abends nachts
0,5 Stück 8.00 0,5 Stück 12.00 0,5 Stück 18.00
Cetirizin 10 mg – Cetirizinhydrochlorid – Antiallergika, Diagnose: Unruhe, Verordnung durch: Dr. L., Tel.: ...
Ab dem 9.6.15 morgens mittags abends nachts
1 Stück 8.00
Quetiapin 300 mg – Neuroleptika, Diagnose: Paranoide Schizophrenie, Verordnung durch: Dr. B., Tel.: ...
Ab dem 9.6.15 morgens mittags abends nachts
1 Stück 22.00
Quetiapin-ratio 400 mg – Antidepressiva, Diagnose: Depression, Verordnung durch: Dr. B., Tel.: ...
Ab dem 9.6.15 morgens mittags abends nachts
1 Stück 18.00

Medikationsplan für ambulante Patienten

Ab dem 1. Oktober 2016 soll jeder GKV-Versicherte, der mindestens drei dauerhaft verordnete Arzneimittel anwendet, Anspruch auf Erstellung und Aushändigung eines Medika­tionsplans (SGB V § 31a) haben. Doch schon jetzt kann sich jeder Patient, der über seine Arzneimitteltherapie umfassend informiert sein will, auf seine Kosten seinen Medika­tionsplan ausstellen lassen, gleichgültig, ob er ein, zwei oder zwölf Arzneimittel gleichzeitig anwendet. Anders als bei den Pflegeheimbewohnern bekommt der Patient seinen Medikationsplan im wahrsten Wortsinn „in die Hand“. Ähnlich wie ein Impfpass, Mutterpass oder Kindervorsorgeheft gehört der Medikationsplan dem Patienten, der ihn eigenverantwortlich nutzen muss. Er sollte diesen Plan bei jedem Arztbesuch vorlegen und aktualisieren lassen, wenn sich die Medikation ändert, und er sollte ihn auch bei jedem Arzneimittelkauf in der Apotheke vorlegen, um die Rabattarzneimittel und Arzneimittel aus der Selbstmedikation eintragen zu lassen. Dieses Vorgehen entspricht der Idee des mündigen (aber nicht gläsernen) Patienten.

Wer hat was?

Apotheke: Medikationsdatei/Medikationsliste: Auflistung aller Arzneimittel eines Stammpatienten mit Kundenkarte inklusive Selbstmedikation

Arzt: Verordnungsplan: verordnete Arzneimittel inkl. Dosierung, Therapiedauer und Indikation

Patient: Medikationsplan: Zusammenführung der Verordnungspläne aller Ärzte inkl. Rabattarzneimittel und Selbstmedikation

Erstellung des Medikationsplans – ein Gemeinschaftsprojekt

Keiner der an einer Arzneimitteltherapie Beteiligten kann einen Medikationsplan allein erstellen, weder der Patient noch der Apotheker noch der Arzt. Der Patient ist bezüglich der Arzneitherapie ein Laie. Der Apotheker hat die Medikationsdatei oder Medikationsliste seines Stammkunden vorliegen, aber keine Dosierungen oder Indikationen. Damit kann er z. B. Doppelverordnung und Interaktionen aufdecken, aber noch keinen sinnvollen Medikationsplan erstellen. Der Arzt weiß, welche Arzneimittel er dem Patienten selbst verordnet hat, kennt aber nicht deren Austausch durch Rabattarzneimittel, die Verordnungen anderer Ärzte und die Selbstmedikation des Patienten.

Jeder Arzt dokumentiert die Verordnungen für seine Patienten in der Patientenkartei oder -datei. Die Art und Weise der Dokumentation bleibt ihm überlassen. Wie der Apothekenalltag zeigt, ist diese nicht immer ausreichend. So passiert es, dass der Arzt bei einem Hausbesuch ein Rezept schreibt und die Dokumentation vergisst oder dass er eine Dosisänderung nicht dokumentiert. Da beim Eintrag der Medikation in einen Medikationsplan Fehler auftreten können, muss der verordnende Arzt bei einer Nachfrage die aktuell gültigen Verordnungen kennen. Dies ist jedoch nicht immer der Fall (Beispiel 2).

Beispiel 2: Medikationsplan einer Pflegeheimbewohnerin (Jg. 1925), Auszug: Medikamente zur Parkinson-Therapie
Levodopa/Benserazid-neuraxpharm 50/12,5, Verordnung durch: Dr. A., Tel.: ...
Ab dem 9.6.15 morgens mittags abends nachts
2 Stück 8.00 1 Stück 12.00
Madopar depot, Verordnung durch: Dr. A., Tel.: ...
Ab dem 9.6.15 morgens mittags abends nachts
1 Stück 8.00 1 Stück 12.00
Auf die Fax-Anfrage an den Arzt, ob er diesen Medikationsplan so bestätigen kann oder ob sich bei den identischen Dosierung­s­zeitpunkten der beiden Arzneimittel (teils schnell lösliche Tabletten, teils langwirksame Depotkapseln) eventuell ein Fehler ein­geschlichen hat, kommt keine Antwort. Bei einer telefonischen Kontaktaufnahme antwortet die Sprechstundenhilfe, dass es sich um eine schon lange bestehende Medikation handele und der Arzt keine Änderungen vornehmen wolle.

Problematisch kann die Behandlung durch mehrere Ärzte sein: Ein gut organisierter Hausarzt weiß vielleicht, welche Arzneimittel der Kardiologe seinem Patienten verordnet hat, umgekehrt weiß der Kardiologe aber wahrscheinlich nichts von den Antidepressiva, Antidiabetika oder Ophthalmologika dieses Patienten. Selbst wenn einem Facharzt ein Medikationsplan von einem anderen Facharzt vorgelegt wurde, kennt dieser zwar die Namen der Medikamente, aber noch lange nicht deren unerwünschte Wirkungen oder Interaktionsrisiken. Bei Rückfragen zur Verordnung kann es außerdem passieren, dass für das eine oder andere Arzneimittel keiner der behandelnden Ärzte mehr „zuständig“ ist und niemand die Medikation ändern will. Solche Weiterverschreibungen kommen besonders nach stationären Aufenthalten oder einem Arztwechsel vor (Beispiel 3).

Beispiel 3: Umstellung der Arzneimitteltherapie bei ­einem Sondenpatienten
Bei einem Pflegeheimbewohner wurde wegen starker Schluckbeschwerden eine gastrale PEG-Sonde gelegt, weshalb seine Arzneimittel auf Sondengängigkeit überprüft wurden. Nicht sondengängig waren die bisher verordneten magensaftresistenten Pantoprazol-Kapseln. (Beim Öffnen der Kapseln wird der Säureschutz zerstört, sodass die Magensäure das Pantoprazol zersetzen kann.) Wir informierten den behandelnden Hausarzt per Fax mit der Empfehlung, entweder suspendierbare Omeprazoltabletten (z. B. Omp MUT Hexal®) zu verordnen oder die Indikation zu hinterfragen und den PPI abzusetzen. Der Arzt bedankte sich für unseren Hinweis und setzte den PPI ab, weil es keine Indikation mehr dafür gab. (Er hatte den PPI früher gleichzeitig mit einer kurzfristigen oralen Cortison-Therapie verordnet, um den Magen zu schützen.)

Hier fehlt in unserem System eine „ordnende Hand“. Diese Rolle könnte ein Hausarzt oder die Stammapotheke spielen.

Jeder Arzt muss bei jedem seiner Patienten die aktuelle, von ihm selbst verordnete Medikation dokumentieren. Er kann dies mit der Praxis-Software in Form eines Verordnungsplans tun, in den jede neue Verordnung automatisch aufgenommen und jede Dosierungsänderung übernommen wird. Diese Lösung erfordert jedoch manuelle Ergänzungen: Rabattvertragsarzneimittel sollten in die Dokumentation mit eingehen, damit der Arzt seine Verordnung anpassen kann, Unverträglichkeiten oder Schwierigkeiten bei Rabattaustausch erkennen und dokumentieren kann und bei Bedarf mit einem bewusst gesetzten Aut-idem-Kreuz unterbinden kann. Per Hand ausgestellte Rezepte müssen nachträglich eingepflegt werden. Dieser Verordnungsplan wird bei jedem Arzt- und Apothekenbesuch, bei jeder neuen Verordnung oder bei jeder Verordnungsänderung aktualisiert. Für Arzt und Apotheker wäre eine EDV-mäßige Speicherung der Dateien später auf der eGK, jetzt z. B. auf einem USB-Stick wünschenswert, den der Patient mit sich führt. Für den täglichen Gebrauch sollte der gültige Plan für den Patienten ausgedruckt und ausgehändigt werden. So hat jeder Arzt und jeder Patient von jedem seiner Ärzte einen aktuellen Verordnungsplan zur Verfügung. Die einzelnen Pläne könnten vom Arzt oder Apotheker in einen Medikationsplan überführt werden.

Medikationsanalyse bei Pflegeheimpatienten

Bei der Belieferung von Heimpatienten laufen in der Apotheke alle Hausarzt- bzw. Facharztrezepte und die Selbstmedikation zusammen. Die Apotheke prüft den Medikationsplan und die Verordnungen mit einer einfachen Medikations­analyse (Tab. 1, Abb. 1).

Tab. 1: Typen der Medikationsanalyse (MA) nach Grundsatzpapier der ABDA [1] (vgl. Abb. 1)
Typ Medikationsdatei Brown bag* Patientengespräch Klinische Daten
1 einfache MA ja nein nein nein
2a erweiterte MA** ja von Vorteil ja nein
2b erweiterte MA ja nein nein ja
3 umfassende MA ja von Vorteil ja ja

* Check der vom Patienten in die Apotheke gebrachten Arzneimittel ** Oder: Medikationsdatei nein, Brown bag ja

Abb. 1: Typen der Medikationsanalyse gemäß ABDA-Grundsatzpapier [1].

Sie ist verpflichtet, bei unklaren Verordnungen oder Verordnungen, bei denen schwere Interaktionen auftreten können, Rücksprache mit dem behandelnden Arzt aufzunehmen und das Problem abzuklären. Im Optimalfall gibt es zwischen Apotheker und Arzt Absprachen, wie sie kommunizieren und solche Probleme lösen (Beispiel 4). Wenn sich aus diesem Gespräch Änderungen des Medikationsplans ergeben haben, muss der Arzt die Pflegedienstleitung darüber in Kenntnis setzen.

Beispiel 4: Fax an einen Arzt wegen einer Arzneimittelinteraktion. Die handschriftlich eingetragenen Informationen auf dem Faxvordruck sind hier kursiv gedruckt.
Sehr geehrter Herr Dr. G...,
bei der Analyse der Verordnung für Helga P..., geb. 13.12.1940, am 12.06.2015 stellten wir folgendes arzneimittelbezogene Problem fest:
Mögliche Interaktion zwischen Olanzapin plus Amitriptylin, verordnet von Dr. B..., Neurologe, und dem von Ihnen ­verordneten Amiodaron (Torsades de pointes, s. Anhang Interaktions-Check)
Wir schlagen folgende Lösung vor:
Besondere EKG-Kontrolle, evtl. Umstellung der Therapie.
Bitte informieren Sie uns möglichst bald über Ihre Therapieentscheidung. Vorher geben wir das verordnete Amiodaron nicht ab.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre … Apotheke
Der Arzt antwortete innerhalb einer Stunde telefonisch, bedankte sich für die Information und bat darum, ihm die Gesamtmedikation der Patientin mitzuteilen.

Es gibt kaum einen Pflegeheimpatienten, dessen Medikation ohne Bedenken beliefert werden kann. Fast immer werden arzneimittelbezogene Probleme aufgedeckt und bewertet. Bei Dringlichkeit kontaktiert der Apotheker den Arzt und übermittelt ihm einen Vorschlag zur Lösung des Problems. Eindeutige und einfache Möglichkeiten zur Therapieverbesserung sind vorhanden. Wenn ein solcher Austausch zwischen Arzt und Apotheker stattfindet, nützt dies dem Patienten.

Wie nützlich sind Medikationsanalysen?

Obwohl der Apotheker zur einfachen Medikationsanalyse verpflichtet ist, ist diese von den Partnern im Gesundheitswesen nicht wirklich erwünscht. Der Pflegedienstleiter sieht die Verzögerung in der Belieferung seiner Heimbewohner und die zusätzliche Dokumentation; der Arzt sieht die Kontrolle und Einmischung durch den Apotheker und fürchtet eine Untergrabung seiner Autorität. Der Nutzen bzw. Schaden für den Patienten wird dabei außer Acht gelassen. Nach unseren Erfahrungen reagieren viele Ärzte ablehnend oder auch gar nicht auf Anrufe oder Faxe des Apothekers mit Interventionsempfehlungen.

Auch die Zusammenarbeit zwischen den behandelnden Ärzten lässt oft zu wünschen übrig. Bei potenziellen Interaktionen zwischen Arzneimitteln, die verschiedene Fachärzte für denselben Patienten verordnet haben, muss der Apotheker beide Ärzte darüber informieren. Die Ärzte trauen sich dann oft nicht, die Therapie des jeweils anderen Kollegen zu kritisieren, und das Problem bleibt bestehen.

Nach einer Medikationsanalyse stellt sich immer wieder die Frage, wie der Apotheker handeln soll. Auf der einen Seite darf der Patient nicht zu Schaden kommen, auf der anderen Seite darf der Apotheker keine Arzneitherapie ändern. Wenn der Arzt die Empfehlungen des Apothekers ablehnt, hat der Apotheker keine weiteren Einflussmöglichkeiten, denn die Pflegedienstleitung ist verpflichtet, den Medikationsplan gemäß den ärztlichen Verordnungen zu erstellen. Zahlreiche Beispiele lassen den Apotheker unzufrieden und die Pflegeheimbewohner schlecht versorgt zurück (s. Beispiele 2, 5, 6, 7).

Beispiel 5: Medikations-Check bei einer Pflegeheimbewohnerin (Jg. 1925)
Dauermedikation Arzneiform 8.30 18.30
ASS 100 1A Pharma TAH 1A Pharma GmbH TAB 1
Candesartan Zentiva 8 mg Zentiva Pharma GmbH TAB 1
Furosemid AbZ 40 mg AbZ Pharma GmbH TAB 1
Metoprolol ZOT Stada 100 mg Stadapharm GmbH RET ½ ½
Tilidin AL comp 100 mg/8 mg Aliud Pharma GmbH RET 1 1
Die Patientin bekam zusätzlich zu ihrer Dauermedikation eine neue Verordnung:
Ibuflam 600 mg, N2, 50 Tabletten, bei Bedarf bis zu 3 x 1 Tablette.
Der darauf durchgeführte Medikations-Check ergab:
Problem Erklärung Vorschlag
Interaktion zwischen ASS und Ibuprofen Abschwächung der Thrombozytenaggregationshemmung von ASS durch sterische Abschirmung durch Ibuprofen Ibuprofen höchstens 2x täglich geben, und zwar frühestens ½ Stunde nach ASS. Weil Einhalten dieses Einnahmeabstands im Pflegeheim kaum möglich ist, besser kein Ibuprofen, sondern Metamizol oder ­Paracetamol verordnen
Unerlaubte und unnötige Halbierung der Metoprolol ZOT Retardtabletten Rille auf der Tablette nur zur Schluckerleichterung, nicht zur Teilung. Durch Retardierung Wirkstofffreisetzung über 24 h Neues Dosierschema: 1 – 0 – 0
Leider reagierte der Arzt nicht auf die Vorschläge der Apotheke.
Beispiel 6: Medikationsplan einer Pflegeheimbewohnerin (Jg. 1926)
Dauermedikation Arzneiform 8.00 8.30 12.30 18.30
Enalapril AL 20 mgAliud Pharma GmbH TAB 1
Johanniskraut ALAliud Pharma GmbH HKP 1 1
Lactulose ratiopharm Sirupratiopharm GmbH SIR 15 ml 15 ml 15 ml
Pantoprazol 1A Pharma 40 mg1A Pharma GmbH TMR 1
Risperidon 1A Pharma 1 mg1A Pharma GmbH FTA 1
Syneudon 50 mg (Amitriptylin)Krewel Meuselbach GmbH TAB ½
Verapamil AL 120 mgAliud Pharma GmbH FTA 1 1
Problematisch ist hier das Johanniskrautpräparat, das die Patientin von ihrer Tochter erhält und zur Selbstmedikation einnimmt:
Problem Erklärung Vorschlag
Interaktion zwischen Johanniskraut und Amitriptylin/ Verapamil Verminderte Wirksamkeit von Amitriptylin und Verapamil wegen der CYP3A4-Induktion durch Johanniskraut Absetzen von Johanniskraut
Wir haben das Pflegeheim und die Hausärztin per Fax informiert und vorgeschlagen, die Selbstmedikation mit Johanniskraut zu ­beenden und es aus dem Medikationsplan zu streichen. Leider reagierte die Ärztin nicht.
Beispiel 7: Medikationsplan einer Pflegeheimbewohnerin (Jg. 1920)
Dauermedikation Arzneiform 8.00 18.00
Amlodipin besilat AbZ 5 mgAbZ Pharma GmbH TAB ½
Galantamin Heumann 24 mgHeumann Pharma GmbH & Co KG REK 1
ISDN AL 40 mg retardAliud Pharma GmbH REK 1 1
Quetiapin Hormosan 100 mgHormosan Pharma GmbH FTA 1
Ramipril comp AbZ 5 mg/25 mgAbZ Pharma GmbH TAB 1
Torasemid AL 5 mgAliud Pharma GmbH TAB 1
Problem Erklärung Vorschlag Reaktion des Arztes
Unangemessenes Dosierintervall von ISDN retard Gefahr der Nitrattoleranz Empfohlene Dosierung:1-1-0 um 8.00 und 14.00 Umstellung der Dosierung auf:1-0-0-1 um 8.00 und 20.00
In der Fachinformation von ISDN retard steht: „Eine zweite Dosis sollte 6-8 Stunden nach der ersten Dosis gegeben werden.“ Um bei der Dauergabe von Nitraten eine Toleranzentwicklung zu vermeiden, sollte nach der zweiten Tagesdosis eine längere Pause (16-18 Stunden) eingehalten werden. Die Antwort des behandelnden Arztes zeigt, dass er das Problem nicht verstanden hat.

Sinnvoll im Sinne einer Therapieoptimierung wäre es, dem Apotheker Verantwortung für die Anpassung von Dosierungszeitpunkten und -intervallen zuzusprechen.

Schon die einfache Medikationsanalyse (Typ 1) kann dem Patienten viel nützen, wenn der Apotheker ein Problem aufdeckt und der Arzt die Medikation umstellt. Allerdings kennt der Apotheker nur die Medikation, aber nicht die Diagnosen, die klinischen Daten und den gesundheitlichen Zustand des Patienten. Eine theoretisch mögliche Arzneimittelinteraktion ist bei einem Patienten, dem es mit dieser Therapie gesundheitlich bestens geht, vermutlich unbedeutend. Andererseits kann bei Pflegeheimpatienten mit sehr schlechtem Gesundheitszustand nur schwer beurteilt werden, ob z. B. der Schwindel, die Gangunsicherheit oder die ständige Müdigkeit Symptome der Erkrankungen oder unerwünschte Arzneimittelwirkungen sind (Beispiel 8).

Beispiel 8: Medikationsplan eines Pflegeheimbewohners (Jg. 1937)
Dauermedikation Arzneiform 8.00 12.30 18.00 22.00
Amlodipin besilat AbZ 5 mgAbZ Pharma GmbH TAB 1
Citalopram AL 20 mgAliud Pharma GmbH FTA ½
L-Thyroxin beta 50 microgrammbetapharm Arzneimittel GmbH TAB 1
Lorazepam dura 1 mgMylan dura GmbH TAB ½
Metohexal succ 47,5 mgHexal AG RET 1 1
Mirtazapin ratiopharm 15 mgratiopharm GmbH FTA 1
Pipamperon neuraxpharm 40 mgneuraxpharm Arzneimittel GmbH TAB 1
Promethazin neuraxpharm 25 mgneuraxpharm Arzneimittel GmbH FTA 1 1 1 1
Xarelto 20 mgkohlpharma GmbH FTA 1
Ein eventuelles Problem ist hier, dass drei Arzneimittel (Citalopram, Pipamperon und Promethazin) die QT-Zeit verlängern und ein eventuell bestehendes Risiko für Torsades de pointes erhöhen. Das Risiko des Patienten könnte der Arzt durch ein EKG feststellen.
Problematisch ist außerdem die zweimal tägliche Gabe von Metoprololsuccinat (s. Beispiel 5).

Kommt die umfassende Medikationsanalyse?

Schon jetzt führen einige Apotheker erweiterte Medikationsanalysen (Typ 2a) durch, indem sie mit dem Patienten ein ausführliches Gespräch führen. Dabei kann über den Patienten auch eine indirekte Kommunikation mit dem Arzt erfolgen.

Eine umfassende Medikationsanalyse (Typ 3) erfordert den Zugang zu Diagnosen und klinischen Daten, den der Apotheker derzeit noch nicht hat. Dies könnte sich aber bald ändern, z. B. durch die entsprechende Ausgestaltung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) oder durch die Einführung einer Informationspflicht des Arztes gegenüber dem Apotheker. Es wäre auch denkbar, dass der Arzt einer Apotheke den Auftrag erteilt, eine Medikationsanalyse für einen Patienten durchzuführen, und dann selbstverständlich die klinischen Daten zur Verfügung stellt.

Natürlich könnte auch der Arzt, der den Medikationsplan erstellt, eine Medikationsanalyse durchführen. Dazu bräuchte er eine Interaktionssoftware, einen Überblick über die verordneten Arzneimittel aller behandelnden Ärzte, einige Erfahrung und die notwendige Zeit. Zurzeit finden Medikationsanalysen in Arztpraxen nach unserer Erfahrung nicht statt.

Kostenloser Service oder Honorierung?

Wenn eine öffentliche Apotheke Medikationsanalysen durchführt, kann das mal im Ausnahmefall ein kostenloser Service sein, in der Regel muss diese Tätigkeit aber honoriert werden, weil sie nicht unerhebliche Kosten verursacht.

Wir als heimversorgende Apotheke rechnen unsere Medikationsanalysen zurzeit über eine angemessene Blisterpauschale und Arzneimittel-Tray ab. Selbst eine einfache Medikationsanalyse benötigt pro Patient und Medikationsänderung einen Zeitaufwand von drei bis 20 Minuten je nach Notwendigkeit einer Intervention. Bei einer Kostenstunde für einen erfahrenen angestellten Apotheker von etwa 30 Euro errechnet sich ein Kostendeckungssatz von 1,50 bis 10 Euro. Damit sich diese Arbeit auch wirtschaftlich lohnt, muss ein zu forderndes Honorar deutlich höher liegen.

Schwieriger als das Aufdecken und Benennen von arzneimittelbezogenen Problemen ist oft die sinnvolle Umstellung der Medikation. Das liegt sicher auch daran, dass die Kommunikation zwischen den an der Therapie Beteiligten nicht optimal ist. Mit der Honorierung allein ist das Problem also nicht zu lösen, sondern Arzt und Apotheker müssen partnerschaftlich zusammenarbeiten. |

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Literatur

[1] ABDA. Grundsatzpapier zur Medikationsanalyse und zum Medikationsmanagement. Berlin 2014

[2] Uhl D. Grundsteinlegung: ABDA definiert Medikationsanalyse und Medikationsmanagement. Dtsch Apoth Ztg 2014;154(29):20-25

[3] Bruhn C. Mehr als ein Stück Papier – was der bundeseinheitliche ­Medikationsplan leisten kann. Dtsch Apoth Ztg 2015;155(10):22-23

[4] Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft. Medikationsplan V2.0; www.akdae.de/AMTS/Medikationsplan

Autorin

Dr. Kirsten Lennecke

Im Osterhöfgen 8, 45549 Sprockhövel

www.lennecke-coaching.de

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