DAZ spezial

Von Julia Borsch, Kirsten Sucker-Sket und Juliane Ziegler | Im November vergangenen Jahres hat sich der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) dafür ausgesprochen, das Ulipristal-haltige Notfallkontrazeptivum ellaOne® aus der Verschreibungspflicht zu entlassen. Seit der EU-Zulassung im Jahr 2009 habe man umfassende Informationen über die Gefahren und Vorteile gesammelt und untersucht. Dabei sei man zu dem Ergebnis gekommen, ellaOne® könne sicher und effektiv ohne ärztliche Verschreibung verwendet werden. Das Sicherheitsprofil sei vergleichbar mit dem von Levonorgestrel (LNG), das in den meisten Ländern der EU ohne Rezept erhältlich ist, so die Begründung des Ausschusses. Jetzt ist die Europäische Kommission der Empfehlung der EMA gefolgt und hat die Verschreibungspflicht für ellaOne® aufgehoben. ­Allerdings bestehen noch eine ganze Menge Unsicherheiten. Diese betreffen sowohl fachliche Fragen, beispielsweise zur Wirkungsweise und zu den Kontraindikationen, als auch rechtliche, zum Beispiel zum Thema Haftung. Auf den folgenden Seiten haben wir versucht, die wichtigsten Fakten und Meinungen zusammenzutragen und Antworten auf die ­drängendsten Fragen zu ­finden.

Rezeptfrei, was nun?

DAZ spezial zum OTC-Switch der „Pille danach“

So wirken Notfallkontrazeptiva

Ulipristalacetat und Levonorgestrel im Vergleich

jb | Derzeit sind in Deutschland zwei Wirkstoffe zur Notfallkontrazeption zugelassen: das demnächst rezeptfrei erhältliche Ulipristalacetat sowie Levonorgestrel, das in vielen Ländern bereits als OTC-Präparat vertrieben wird, in Deutschland allerdings noch verschreibungspflichtig ist. Die Entlassung aus der Verschreibungspflicht ist aber bereits angekündigt. Im Folgenden sind die beiden Substanzen kurz charakterisiert.

Levonorgestrel

  • ist ein synthetisches Gestagen und
  • verhindert den zyklusabhängigen Anstieg des luteinisierenden Hormons (LH) und damit den Eisprung (siehe Abb).
  • Die Einnahme sollte vor dem Anstieg der LH-Konzentration erfolgen.
  • Ist der Eisprung bereits erfolgt, ist Levonorgestrel wirkungslos.
  • Levonorgestrel hat keinerlei Einfluss auf das Endometrium und verhindert auch nicht die Einnistung der befruchteten Eizelle.
  • Bei schwerer Leberfunktionsstörung wird die Anwendung nicht empfohlen.
  • Es wurde über vereinzelte thromboembolische Ereignisse nach Anwendung von Levonorgestrel berichtet. Bei Frauen mit entsprechenden Ereignissen in der eigenen oder der Familienanamnese sollte dies bedacht werden.
  • CYP-Induktoren können zu erniedrigten Plasmaspiegeln führen und so die Wirksamkeit beeinflussen.
  • Als Nebenwirkungen können auftreten: Verspätete Menstruation (über 7 Tage), stärkere Menstruation, Schmier- und unregelmäßige Blutungen, Schwindel, Kopfschmerzen, Spannungsgefühl in der Brust, Übelkeit, Schmerzen im Unterbauch.
  • Die Einnahme sollte innerhalb von 72 Stunden nach dem ungeschützten Geschlechtsverkehr stattfinden.
  • Eingenommen werden 1,5 mg als Einzeldosis. Alternativ können auch zweimal 750 µg jeweils im Abstand von zwölf Stunden eingenommen werden. In Deutschland ist aber kein entsprechendes Fertigarzneimittel im Handel.
  • Die Levonorgestrel-haltige Pille danach wird in Deutschland unter den Handelsnamen PiDaNa®, Unofem® und Postinor® vertrieben.

Ulipristalacetat

  • ist ein selektiver Progesteron-Rezeptormodulator.
  • Die Wirkung beruht vermutlich auf einer Verzögerung oder Verhinderung des Eisprungs durch Unter­drückung des LH-Anstiegs.
  • Im Gegensatz zu Levonorgestrel wirkt Ulipristalacetat auch noch bis kurz vor dem Eisprung, wenn der LH-Anstieg bereits erfolgt ist. Bei einer Einnahme nach dem LH-Anstieg verzögert Ulipristalacetat in 78,6% der Fälle Follikeldurchbrüche um mindestens fünf Tage, Levonorgestrel bewirkt dies nur bei 10%.
  • Bei bestehender Schwangerschaft ist Ulipristalacetat wirkungslos.
  • Die Anwendung bei schwerem Asthma sowie bei schwerer Leberfunktionsstörung wird nicht empfohlen.
  • Das Zeitfenster für die Einnahme beträgt 120 Stunden.
  • Eingenommen werden 30 mg als Einzeldosis.
  • Ulipristalaceat wird unter dem Handelsnamen ellaOne® vertrieben. |

Eine Schwangerschaft ist bei Verkehr an den grünen Tagen generell möglich. Die Levonorgestrel-haltige Notfallkontrazeptiva müssen vor dem LH-Anstieg eingenommen werden. Ulipristalacetat verzögert den Eisprung auch noch, wenn LH bereits angestiegen ist.

Foto: DAZ/Sket

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