Prisma

Schrei nicht so „rau“!

Hohe Modulationsfrequenzen schlagen Alarm

cae | Der Schrei eines Menschen ­unterscheidet sich in vielfacher Hinsicht von der Sprechweise bei einer gepflegten Unterhaltung. Experten der Sinneswahrnehmung haben jetzt entdeckt, dass ein Schrei sich vor allem durch seine „Rauigkeit“ auszeichnet.

Schreie sind lauter und höher als die Wörter, mit denen der Mensch üblicherweise kommuniziert, doch erschreckend und alarmierend wirken sie vor allem, weil sie „eine Art akus­tische Nische besetzen, die sie von anderen Lauten unterscheidet“, so David Poeppel vom Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik in Frankfurt.

Jeder Ton breitet sich in der Luft wellenförmig aus und hat demgemäß eine Frequenz und eine entsprechende ­Amplitude, die er auf das Trommelfell im Ohr überträgt, von wo das Schwingungsmuster zu der Basilarmembran in der Hörschnecke gelangt. Wenn zwei Töne mit sehr geringfügig voneinander abweichenden Frequenzen auf die Basilarmembran treffen, summiert sie deren beide Schwingungsmuster, sodass nur ein Ton wahrgenommen wird. Bei dieser Summation entsteht eine Schwingung mit einer leicht schwankenden Amplitude, wobei die Amplitudenschwankung einem Rhythmus unterliegt, der als Modulationsfrequenz bezeichnet wird. Das menschliche Ohr ist beim Hören von Sprache an eine Modulationsfrequenz von etwa 4 Hertz gewöhnt (4 Schwankungen pro Sekunde). Unterscheiden sich die beiden Grundtöne etwas stärker voneinander, ist die Modulationsfrequenz größer; steigt sie über 30 Hertz, verursacht sie eine unangenehme Empfindung, die als Rauigkeit bezeichnet wird. Bei etwa 70 Hertz ist die Rauigkeit am größten und nimmt bis etwa 150 Hertz wieder ab. Unterscheiden sich die beiden Grundtöne noch stärker voneinander, hört die Summation auf, sodass man zwei Töne wahrnimmt.

Nun hat das Team um Poeppel gemessen, dass Schreie sich durch eine hohe Rauigkeit auszeichnen, aber nicht nur sie: auch die Klingeltöne von Weckern, Sirenen und verschiedene andere künstliche Alarmlaute. |

Quelle: www.mpg.de/forschung, Meldung vom 16.7.2015

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