Foto: Prof. Dr. R. Daniels

Tipps für die Herstellung von Ophthalmika

Pharmazeutisch-technologisches Fachwissen und handwerkliche Fertigkeiten sind gefragt

Von Petra Jungmayr | Die rezepturmäßige Herstellung von Ophthalmika hat in den vergangenen Jahren an Bedeutung verloren, da für die meisten Indikationen Fertigarzneimittel zur Verfügung stehen. Aufgrund der eher seltenen individuell hergestellten Augenarzneimittel fehlt häufig die Routine für deren sachgerechte Zubereitung. Doch bei Beachten einiger Grundregeln und Arbeitshilfen ist auch die Herstellung von Ophthalmika kein Hexenwerk.

Unter Zubereitungen am Auge fallen gemäß der Arzneibuchmonografie sterile, flüssige, halbfeste oder feste Zubereitungen, die zur Anwendung am Augapfel und/oder an der Bindehaut oder zum Einbringen in den Bindehautsack bestimmt sind. Für die rezepturmäßige Herstellung in der Apotheke kommen vor allem wässrige und ölige Augentropfen infrage; weitere Arzneiformen wie Augensalben, Augencremes, Augengele, Augentropfensuspensionen oder Augenbäder spielen eine untergeordnete Rolle. Lösungen zur Injektion ins Auge werden den Parenteralia und nicht den Ophthalmika zugerechnet.

Wurden in der Vergangenheit rezepturmäßig herzustellende Ophthalmika nicht selten verordnet, spielen sie heute im gängigen Apothekenbetrieb nur noch eine untergeordnete Rolle - von den rund acht Millionen Standardrezepturen, die jährlich in deutschen Apotheken zubereitet werden, entfällt nur ein kleiner Teil auf Ophthalmika. Gefragt sind rezepturmäßig hergestellte Ophthalmika heute vor allem für individuelle Therapien, bei Verwendung eines Bestandteils mit kurzer Haltbarkeit oder bei Fehlen oder Nicht-Verfügbarkeit eines entsprechenden Fertigarzneimittels.

Erster Schritt: Vorbereitung

Liegen standardisierte Rezepturen wie z. B. NRF-Rezepturen vor, kann auf diese zurückgegriffen werden. Problematischer ist die Anfertigung von Individualrezepturen, bei deren Zubereitung zahlreiche Einzelheiten zu beachten sind. Zur Orientierung kann auf die BAK-Arbeitshilfe „Herstellung der Zubereitungen zur Anwendung am Auge“ und auf die Angaben im NRF zurückgegriffen werden (siehe Kasten).

Arbeitshilfen zur Herstellung von Ophthalmika

  • Arbeitshilfe der Bundesapothekerkammer zur Qualitätssicherung; Herstellung der Zubereitungen zur Anwendung am Auge (Stand 14. November 2006); die Arbeitshilfe beschreibt die rezepturmäßige Herstellung unterschiedlicher Ophthalmika. Sie geht auf die Herstellung wässriger und öliger Augentropfen und halbfester Zubereitungen sowie auf die Zubereitung von Augenwasser ein.
  • Deutscher Arzneimittel-Codex/Neues Rezeptur-Formularium (DAC/NRF) Stand 2015/1; in dem Abschnitt „Allgemeine Hinweise“ (Punkt 1.8.) „Zubereitungen zur Anwendung am Auge“ finden sich ausführliche Angaben zur Herstellung von Ophthalmika. Im Abschnitt NRF-Rezepturen (Punkt 15) finden sich 21 Ophthalmika-Rezepturen mit jeweils folgenden Angaben: Anwendung, Herstellung, Hinweise, Bestandteile, Packmittel, Zubereitung, Abfüllung und Sterilisation, Kennzeichnung, Haltbarkeit, Freigabeprüfung, sensorische Prüfung, Information und Beratung, Wirkung und Indikation, Anwendung und Dosierung, unerwünschte Wirkungen, pharmazeutische Erläuterungen, Herstellungstechnik und Abfüllung, Konservierung, Stabilität, Historie, Literatur und Haltbarkeit.
  • Apothekenrezeptur und –defektur. Thoma, K (Begr.), Daniels, R (Bearb.). Herstellung von Arzneimitteln und Körperpflegemitteln. Deutscher Apotheker Verlag 2014.

Die Zubereitung des Ophthalmikums kann in folgende Schritte untergliedert werden:

  • Prüfung auf Plausibilität, Risikobewertung (in der Regel mittleres Risiko) und Anwendungsdauer
  • Formulierung der korrekten Rezepturvorschrift (Auswahl und Berechnung der erforderlichen Menge der Wirk- und Hilfsstoffe, Festlegung eines geeigneten Herstellprozesses, Berücksichtigung von Sterilität, Konservierung, Partikelfreiheit, Tonizität, Viskosität, Stabilität der Zubereitung)
  • Berechnung der Hilfs- und Wirkstoffe (diese sowie die Einwaage haben stets nach dem Vier-Augen-Prinzip zu erfolgen)
  • Bereitstellung benötigter Materialien. Dazu gehören geprüfte Ausgangsstoffe (nach Möglichkeit sollten diese in gelöster Form eingesetzt werden) und bei Bedarf Konservierungsmittel-Stammlösungen nach NRF. Bei wässrigen Augentropfen wird Wasser für Injektionszwecke (Ampuwa® oder ein vergleichbares Produkt) verwendet, bei öligen Augentropfen hitzesterilisierte Öle (Sterilisation bei trockener Hitze 160°C/zwei Stunden) wie raffiniertes Erdnussöl, mittelkettige Triglyceride oder Mischungen, um eine geeignete Viskosität zu erhalten. Benötigte sterile Einmalhilfsmittel sind u. a. Membranfiltervorsätze (Polyethersulfon für wässrige Lösungen, Polytetrafluorethylen für ölige Lösungen), Kanülen sowie Spritzen mit Kunststoffkolben (Gummidichtung vermeiden aufgrund einer möglichen Abgabe von Silikon und möglicher Quellung von Ölen). Darüber hinaus werden sterile bzw. keimarme Herstellungsgeräte und Primärpackmittel bereitgestellt wie z. B. steril verpackte oder sterilisierbare Behältnisse mit Sicherheitsverschluss, Augen­tropfflaschen aus Braunglas oder Kunststoff, Augensalbentuben aus Aluminium, autoklavierbare Einmaldosenbehältnisse aus Kunststoff, Einmalspritzen mit Verschlusskonus und autoklavierbare Flaschen für Augenwässer.
  • Vorbereitung des Arbeitsplatzes unter Beachten der Arbeitsschutzmaßnahmen und der Personalhygiene (Produkt- und Personenschutz). Dazu zählt eine korrekte Desinfektion der Hände und der Arbeitsfläche sowie der Einsatz steriler Hilfsmittel. Zudem sollte auf entsprechende Schutzkleidung (geschlossener Kittel, Kopfhaube, Mundschutz, sterile Einmalhandschuhe) geachtet werden. Falls möglich, im Laminar-Air-Flow (zwingend bei nicht kon­servierten, wässrigen Augentropfen und Augenbädern), ansonsten in einem weitgehend geschlossenen System arbeiten.

Zweiter Schritt: Zubereitung der Rezeptur

Steht eine sterile Werkbank zur Verfügung, sollten Ophthalmika unter Laminar-Air-Flow-Bedingungen zubereitet werden. Diese Arbeitsbedingungen erscheinen bei der Herstellung von Ophthalmika mit hohem Verkeimungsrisiko wie etwa nicht konservierten wässrigen Augentropfen oder Augenbädern zwingend erforderlich. Ophthalmika mit einem geringeren Hygienerisiko können in einem staubarmen, geschlossenen Raum (Rezeptur) hergestellt werden. Zur Reduktion der Kontaminationsgefahr sollte die Zubereitung in einem weitgehend geschlossenen System unter Verwendung steriler Einmalartikel erfolgen. Da bei Inprozess-Prüfungen und der Sterilfiltration Verluste auftreten, sollte die Ansatzmenge großzügig berechnet werden (Überschuss von 10 bis 20%).

Für die Herstellung halbfester Zubereitungen findet sich im NRF eine Methode zur Zubereitung von Emulsionsaugensalben. Dabei wird ein Spritze-Spritze-System als steriler, in sich geschlossener Bereich zur Herstellung genutzt (siehe Abb. 1 und 2). Weitere ausführliche Angaben zur Zubereitung unterschiedlicher Arzneiformen zur Anwendung am Auge finden sich z. B. im DAC/NRF oder in der BAK-Arbeitshilfe „Herstellung der Zubereitungen zur Anwendung am Auge“. Von einer rezepturmäßigen Herstellung von Suspensions-Augentropfen sowie Suspensionssalben zur Anwendung am Auge wird in der Regel aus Gründen der Arzneimittelsicherheit abgeraten, da die strenge Begrenzung der Teilchengröße nicht garantiert werden kann.

Foto: Prof. Dr. R. Daniels

Abb. 1: NRF-Methode zur einfachen Herstellung von Emulsionsaugensalben in der Rezeptur In einer Spritze werden die gelösten, hydrophilen Bestandteile (Wirkstoffe, Hilfsstoffe und Wasser für Injektionszwecke) aufgezogen, Filter und Luer-Lock-Adapter („weiblich-weiblich“) auf die Spritze aufsetzen und mit der zweiten Spritze verbinden. Lösung durch Filter und Luer-Lock-Adapter in diese zweite Spritze filtrieren, die dann die filtrierte wässrige Lösung enthält (1). In einer dritten Spritze befindet sich die geschmolzene, sterilisierte ölige Grundlage. Spritze zwei und Spritze drei werden mit einem Luer-Lock-Adapter („weiblich-weiblich“) verbunden und deren Inhalte durch Hin- und Herbewegen der beiden Spritzenkolben vermischt (2) und bis zum Erkalten homogenisiert. Anschließend wird die Zubereitung über den schon montierten Luer-Lock-Adapter in Einmalspritzen abgefüllt (3) und mit einem sterilen Konus verschlossen (4). Es folgt das Abfüllen in eine sterilisierte Augensalbentube.

Foto: Prof. Dr. R. Daniels

Abb. 2: Abfüllen und Verschließen halbfester Ophthalmika Sterilisierte Augensalbentuben (links und Mitte) und Einmalspritzen mit Verschlusskonus (rechts).

Dritter Schritt: Durchführung eines geeigneten Sterilisationsverfahrens

Eine thermische Sterilisation ist oftmals aufgrund der Hitzeempfindlichkeit der Rezepturbestandteile oder aufgrund fehlender geeigneter Behältnisse nicht möglich. Daher erfolgt die Sterilisation meist über eine Filtration durch einen geeigneten Membranfilter. In der Regel werden Sterilfilter mit einer Porengröße von 0,2 oder 0,22 µm eingesetzt und wässrige (mittels Filter aus Polyethersulfon) oder ölige Augentropfen (mittels Polytetrafluorethylen) in das sterile Endbehältnis (durch die sterile Verpackung) injiziert (siehe Abb. 3).

Foto: Prof. Dr. R. Daniels

Abb. 3: Sterilfiltration und Verschließen wässriger oder öliger Augentropfen Sterilen Filter mit aufgesteckter steriler Kanüle auf die Spritze aufschrauben (links), Einstichstelle der sterilen Schutzfolie mit 70%igem Isopropanol desinfizieren, mit der Kanüle sterile Folie durchstechen und Lösung mit sanftem Druck in das Behältnis filtrieren, ohne die Schutzfolie zu entfernen (Mitte), Behältnis mit dem Tropfverschluss verschrauben, sterile Schutzfolie entfernen (rechts).

Auch bei einer nachfolgenden Hitzesterilisation ist eine Sterilfiltration durchzuführen, um eine Partikelfreiheit zu gewährleisten (siehe Tabelle).

Tab.: Möglichkeiten der Sterilisation bei der Zubereitung von Ophthalmika
Arzneiform
Sterilisationsverfahren
Besonderheiten
wässrige Augentropfen und Augenbäder
Dampfsterilisation mit gesättigtem Wasserdampf (Erhitzen im Autoklav) im Endbehältnis bei 121 °C für 15 Minuten
nur für thermostabile Rezepturen geeignet
Filtration durch bakterienzurückhaltende Filter, mit sterilem Filtrationsvorsatz und hydrophilem Membranfilter (0,22 µm Porenweite)
auch für thermolabile Arznei- und Hilfsstoffe geeignet
ölige Augentropfen
Filtration durch bakterienzurückhaltende Filter, mit sterilem ölresistentem Filtrationsvorsatz und hydrophobem Mem­branfilter aus Polytetrafluorethylen (0,22 µm Porenweite)
für thermolabile Rezepturen geeignet; mittel- bis niedrig-viskose ölige Grundlagen sind filtrierbar
Sterilisation der Zubereitung oder der öligen Grundlage durch trockene Hitze (Trockenschrank) bei 160°C für zwei Stunden oder bei 180°C für 30 Minuten
nur für thermostabile Rezepturen geeignet
hydrophile Augengele
Dampfsterilisation mit gesättigtem Wasserdampf (Erhitzen im Autoklav) im Endbehältnis bei 121 °C für 15 Minuten
nur für thermostabile Rezepturen geeignet
hydrophobe Augensalben
Sterilisation durch trockene Hitze (Trockenschrank) bei 160°C für zwei Stunden oder 180 °C für 30 Minuten
nur für thermostabile Rezepturen geeignet

Vierter Schritt: Prüfungen und Kennzeichnung der Rezeptur

Inprozess-Prüfungen dienen dem Nachweis, dass bei der Zubereitung keine visuell sichtbaren Fehler unterlaufen sind. So werden etwa Klarheit, Farbe, pH-Wert und Partikelfreiheit der Lösung, die Unversehrtheit des sterilen Schutzbeutels bei Verwendung vorsterilisierter Behältnisse und die Unversehrtheit des Filters nach der Blasendruckmethode (Bubble-Point-Test, siehe Kasten) überprüft. Da die Sterilität der Zubereitung nicht geprüft werden kann (zerstörende Prüfung), sind in zeitlichen Abständen externe Kontrollen (z. B. durch ein externes Labor oder die Teilnahme an Ringversuchen) empfehlenswert.

Bubble-Point-Test zur Überprüfung der Unversehrtheit eines Membranfilters

  • Spritze von der Filtereinheit trennen
  • Spritze bis zur 10-ml-Markierung mit Luft füllen (Kolbenstopfen zurückziehen)
  • Spritze wieder mit Filtereinheit verbinden
  • Kanülenspitze in ein mit Wasser gefülltes Becherglas tauchen
  • Kolbenstopfen soweit eindrücken, bis erstmals Luftblasen aus der Kanüle austreten
  • Membranfilter für wässrige Augentropfen ist intakt: Luftblasen dürfen erst austreten, wenn die Luft durch Eindrücken des Kolbenstopfens auf weniger als 2 ml (2-ml-Markierung) komprimiert wurde. Membranfilter für ölige Augentropfen ist intakt: Luftblasen dürfen erst austreten, wenn die Luft durch Eindrücken des Kolbenstopfens auf weniger als 3 ml (3-ml-Markierung) Luft komprimiert wurde.

[nach BAK-Arbeitshilfe „Herstellung der Zubereitungen zur Anwendung am Auge“]

Die Kennzeichnung des Abgabebehältnisses erfolgt nach § 14 ApBetrO. |

Quelle

Prof. Dr. Rolf Daniels, Tübingen. Herstellung und richtige Anwendung von Arzneiformen am Auge. 43. Schwarzwälder Frühjahrskongress am 21. März 2015 in Villingen-Schwenningen

Daniels R. Besondere Sorgfalt ist geboten! Herstellung von Ophthalmika in der Apotheke. Pharmazie Unserer Zeit 2010;39:306-311

ABDA. Zahlen Daten Fakten 2015; www.abda.de/service/publikationen/zdf/

Thoma, Karl (Begr.), Daniels, Rolf (Bearb.). Apothekenrezeptur und –defektur. Herstellung von Arzneimitteln und Körperpflegemitteln. Deutscher Apotheker Verlag 2014

Deutscher Arzneimittel-Codex/Neues Rezeptur-Formularium (DAC/NRF) Stand 2015/1 www.dac-nrf.de

Arbeitshilfe der Bundesapothekerkammer (BAK) zur Qualitätssicherung; Herstellung der Zubereitungen zur Anwendung am Auge, Stand 14. November 2006


Autorin

Dr. Petra Jungmayr ist Apothekerin und schreibt regelmäßig Beiträge für die DAZ.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.