Prisma

Keine Biosynthese von Tramadol

Synthetisches Opioid belastet die Umwelt

cae | Das Schmerzmittel Tramadol wird im Norden Kameruns so exzessiv bei Mensch, Rind und Pferd eingesetzt, dass es in messbaren Mengen im Boden persistiert und sich in den Pflanzen anreichert.
Foto: Renate W. – Fotolia.com

Primitiver Ackerbau bedeutet Knochenarbeit für Mensch und Vieh. Ihre Schmerzen bekämpfen Bauern in Kamerun mit überdosiertem ­Tramadol.

Vor gut einem Jahr meldete die DAZ in der Rubrik Prisma, dass in dem wild wachsenden Strauch Nauclea latifolia (Rubiaceae) in Kamerun Tramadol entdeckt wurde (DAZ 2013, Nr. 49, S. 6). Die Autoren hatten in den Wurzeln eine Konzentration von 0,4% gemessen. Darauf hat eine andere Forschungsgruppe das Vorkommen von Tramadol zwar bestätigt, allerdings in Konzentrationen, die um den Faktor 10–4 bis 10–5 ­geringer waren. Zudem konnte nicht nachgewiesen werden, dass die Pflanze selbst oder symbiontische Mikroorganismen das Tramadol synthetisieren. Deshalb lag der Verdacht nahe, dass das Tramadol aus einer anderen Quelle stammt, und es wurde zunächst untersucht, ob es auch in der Um­gebung der Pflanzen vorkommt.

Tatsächlich fand sich Tramadol sowohl in Bodenproben als auch im Grundwasser und Brunnenwasser im zwei- bis dreistelligen ppt-Bereich (ng/kg). Auch drei verwandte Substanzen, die durch Metabolismus im menschlichen Organismus entstehen, wurden detektiert. Des Weiteren wurden diese Stoffe auch in vielen anderen Pflanzen desselben Gebietes in vergleichbaren Konzentrationen wie in Nauclea nachgewiesen – ein Indiz, dass die Pflanzen sie problemlos aufnehmen können und danach kumulieren. Daraufhin wurden die Einwohner befragt, ob und wie sie Tramadol-haltige Präparate anwenden. Sie antworteten, dass entsprechende Fertigarzneimittel auf den Märkten reichlich und recht preiswert angeboten werden und dass hart arbeitende Bauern täglich Dosen von 200 bis 300 mg einnehmen (von den Herstellern empfohlene Tagesdosis: 50 – 100 mg). Auch Rindern und Pferden verabreichen sie es, und zwar wegen der größeren Körpermassen in entsprechend höheren Dosen. So ist das scheinbar natürliche Tramadol in Kameruns Pflanzen zweifelsfrei anthropo­genen Ursprungs. Ob dieser Arznei­mittelrückstand einmal problematisch werden könnte wie z. B. Diclofenac in Indien, ist derzeit nicht zu erkennen. |

Quelle: Mebs D. Synthetisches Opioid kontaminiert Böden und Pflanzen. Naturwiss Rundschau 2014;67(12):645-647.

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