Die Seite 3

Noch schlimmer als gedacht

Dr. Thomas Müller-Bohn, Redakteur der DAZ

Ein auf zwei Jahre angelegtes Gutachten zur Apothekenhonorierung auszuschreiben, erscheint als Spiel auf Zeit. Denn es gäbe viele einfachere Lösungen. Allerdings ist das Gutachten auch ein Eingeständnis, dass die zuletzt angewendete Methode zur Anpassung des Festzuschlags nicht funktioniert. Diese Anpassung erweist sich immer mehr als Schlüssel zur gesamten Apothekenhonorierung. Die zuletzt angewendete Methode koppelt die Apotheker von jeder wirtschaft­lichen Entwicklung ab. Erhöhte Packungszahlen gegenzurechnen, wirkt so, als wenn Angestellte bezahlte Überstunden leisten sollten, anstatt eine Lohnerhöhung zu bekommen. Das hat die ABDA schon oft kritisiert – und doch ist der ganze Widersinn der Methode noch immer nicht deutlich geworden.

Bei dieser Methode wird vom Kostenanstieg der komplette Rohertragsanstieg des GKV-Geschäfts abgezogen. Wenn dies jährlich stattfände, würde eine Honorarerhöhung zu einer Senkung im folgenden Jahr führen und diese später wieder zu einer Erhöhung und so weiter. Das hat DAV-Chef Fritz Becker kürzlich beim Deutschen Apothekertag angedeutet. Doch es ist noch viel schlimmer. Denn die Methode unterscheidet nicht, woher ein Rohertragszuwachs kommt. Daher würde auch das Einnahmeplus durch den Nachtdienstfonds wieder einkassiert, weil der Rohertrag damit kurzfristig mehr als die Kosten gestiegen ist. Dies war 2012 kein Problem, weil damals keine neuen Honorarbestandteile zu berücksichtigen waren. Doch heute würde eine Honoraranpassung nach dieser Methode die bewusst von der Politik geschaffene, allseits gelobte und mit viel Mühe eingeführte Nachtdienstpauschale als Zuwachs für die Gesamtheit der Apotheken zunichte machen und einen großen Teil der nie ganz erreichten 120 Millionen Euro zurücknehmen. Es bliebe nur die Umverteilung zwischen Apotheken mit viel und mit wenig Notdienst.

Entsprechendes gilt für alle denkbaren künftigen Honorarerhöhungen für Rezepturen und Dokumentationen. Die jüngsten politischen Gespräche dazu wären langfristig sinnlos, denn jede Erhöhung einzelner Honorare würde bei der nächsten Anpassung des Festzuschlags wieder abgezogen, gerade weil die erhöhten Honorare ein Ausgleich für Kosten wären, die schon seit langer Zeit anfallen. Das kann auch die Politik nicht wollen, denn dieser Automatismus blockiert viele politische Gestaltungsmöglichkeiten und verhindert, einzelne Leistungen gezielt zu honorieren. Darum war diese Methode schon 2012 leistungsfeindlich, aber sie ist jetzt komplett unbrauchbar. Die angekündigte Studie erscheint so zumindest als fernes Licht am Ende des Tunnels. Eine andere Anpassungsmethode ist auch ­nötig, um mit neuen Leistungen wie dem Medikationsmanagement jemals Geld zu verdienen. Denn nach der bisherigen Methode würde jeder neue Rohertrag, der die zusätzlichen Kosten überschreitet, abgeschöpft. Doch für diese Erkenntnis ist keine zwei Jahre dauernde Studie nötig.

Dr. Thomas Müller-Bohn


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