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Signal für partnerschaftliche Zusammenarbeit

Apothekertag Mecklenburg-Vorpommern: Apotheker und Ärzte wollen stärker kooperieren

ROSTOCK (tmb) | Wieder ohne Politiker, dafür aber mit ärztlicher Be­teiligung fand der Apothekertag Mecklenburg-Vorpommern am 7. November in Rostock-Warnemünde statt. Er vermittelte die große Bedeutung der Arzneimitteltherapiesicherheit und gab ein Signal für die partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Apothekern. Die Veranstaltung war wie immer in die Scheele-Tagung ein­gebunden, zu der knapp 200 Gäste an die Ostsee kamen.

Kammerpräsident Dr. Dr. Georg Engel stellte die Arzneimitteltherapiesicherheit in den Mittelpunkt des Apothekertages Mecklenburg-Vorpommern.

Kammerpräsident Dr. Dr. Georg Engel betonte in seiner Begrüßung, dass die Apotheker mit ihrem Festzuschlag nicht von der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung profitiert hätten und die Politik die Anpassung auf die lange Bank schiebe. Doch dies wirke auch auf den Berufsnachwuchs. „Wir können junge Menschen weniger vom Apothekerberuf überzeugen, wenn die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht kalkulierbar sind“, so Engel. Die Politik setze auf die Integration ausländischer Kollegen. Die Kammer begrüße dies, aber Engel betonte die enorm große Bedeutung der Sprache für die Kommunikation. Daher müssten ausländische Apotheker eine Sprachprüfung ablegen, für die die Kammer zuständig sei.

Engel kritisierte den jüngsten Entwurf für eine neue Bundesapothekerordnung, weil diese den Apotheker auf einen Logistikfachmann für Arzneimittel beschränke. Gerade deshalb sei die laufende Internetdiskussion der Apotheker über ihr neues Berufsbild so wichtig. Engel animierte zu großer Beteiligung, um dem Entwurf der Apotheker Gewicht zu verleihen. Zur jüngsten Entwicklung um den Medikationsplan stellte Engel „ungläubiges Erstaunen“ bei allen Fachleuten für Arzneimitteltherapiesicherheit fest. Denn Apotheker würden zuerst einen Überblick über die Medikation eines Patienten erlangen und müssten daher in die Erstellung des Plans eingebunden werden. In einer zweiten Stufe sei es sinnvoll, wenn sich die Apotheker in einer Medikationsanalyse an der Bewertung beteiligen. Diese Bemühungen um die Arzneimitteltherapiesicherheit bildeten das zentrale Thema des Apothekertags in Warnemünde.

Viele vermeidbare Fehler

Als motivierenden fachlichen Hintergrund präsentierte Dr. Karen Saljé, Universität Greifswald, eine Studie zur Bedeutung unerwünschter Arzneimittelwirkungen als Einweisungsgrund für Krankenhauspatienten. Demnach waren 6,5 Prozent der nicht elektiven Aufnahmen der inneren Medizin an der Universitätsklinik Greifswald auf schwere unerwünschte Arzneimittelwirkungen zurückzuführen, von denen wiederum 30 Prozent als vermeidbar eingestuft wurden. Dies betraf besonders häufig Arzneimittel, die ohne Indikation, in erkennbar falscher Dosis oder ohne die nötigen präventiven Maßnahmen gegeben wurden oder bei denen es deutliche Fehler in der Compliance gab. Zwei Prozent aller untersuchten Fälle endeten tödlich. Als durchschnittliche Krankenhauskosten pro Fall wurden 2500 Euro ermittelt. Saljé appellierte an die Apotheker, ihrer Pflicht zur Meldung unerwünschter Ereignisse nachzukommen, um auch außerhalb von Studien mehr Daten zu gewinnen und das Nutzen-Risiko-Profil der Arzneimittel zu verbessern. Daher sollten auch bekannte schwere Effekte gemeldet werden, wobei die Kausalität nicht gesichert sein müsse. Als weiteres Beispiel für die Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit präsentierte Diana Wucherer, Universität Greifswald, das Projekt zur Demenz über „lebensweltorientierte und personenzentrierte Hilfen in Mecklenburg-Vorpommern“ (DelpHi-MV), bei dem 65 Prozent der beteiligten Patienten über fünf verschiedene Arzneimittel anwendeten.

Neues von ARMIN

Monika Koch, ARMIN-Beauftragte des Landesapothekerverbandes Sachsen, beschrieb den Stand des Modellprojektes ARMIN. Das Zögern vieler Ärzte erklärte sie vorwiegend mit dem nötigen technischen Ausbau der Praxis-EDV und der zeitlichen Belastung, weniger mit inhaltlichen Bedenken. Doch bereits die Umsetzung der Wirkstoffverordnung als erstes Modul habe zu vielen Fehlern auf den Rezepten und dies wiederum zu Beschwerden von Ärzten über die Rückmeldungen der Apotheker geführt. Daher sei für das dritte Modul mit dem Medikationsmanagement eine Testphase nötig. Das Patientenpotenzial für das dritte Modul beziffere die AOK plus auf 200.000 Patienten und dies seien nach Einschätzung von Koch auf jeden Fall genug. Als wichtigste Konsequenz aus ihren Erfahrungen mit ARMIN leitete Koch ihren Appell an Ärzte und Apotheker ab: „Redet miteinander!“

Kooperation mit Ärzten

Daraufhin stellte Dr. Dieter Kreye, stellvertretender Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Mecklenburg-Vorpommern, das Thema aus ärztlicher Perspektive vor. Er beklagte einzelne Fälle aus seinen Erfahrungen, in denen Apotheker die ärztliche Therapieabsicht durchkreuzt hätten, gestand aber ein, dass auch Ärzte Fehler machen. Daher forderte er die Apotheker zu Rückfragen auf. Wenn jemand meine, von der Verordnung abweichen zu müssen, müsse dies durch eine Rückfrage geklärt werden. Er fühle sich dadurch nicht genervt, denn ein Schaden für den Patienten sei viel nerviger. Als weitere künftige Aufgabe für Apotheken könne er sich eine Verbrauchskontrolle für Arzneimittel vorstellen, um die Therapietreue der Patienten abzuschätzen. Aus hausärztlicher Sicht forderte Kreye Spielräume für das „abwartende Offenhalten“ bei Behandlungen und für Therapieziele, die die individuellen Wünsche des Patienten berücksichtigen. Nicht immer seien alle Maßnahmen gemäß Leitlinien gefragt.

Überprüfung der Medikation

Dr. Torsten Hoppe-Tichy, zweiter Vizepräsident des Bundesverbandes Deutscher Krankenhausapotheker, beschrieb die Bedeutung der „medication reconciliation“ für die Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit. Diese Überprüfung der Arzneitherapie sollte immer stattfinden, wenn der ­Patient eine Schnittstelle im Gesundheitswesen passiere, beispielsweise bei der Einweisung ins Krankenhaus. Dafür seien Versichertenkarten mit kompletter Medikationsangabe sehr hilfreich, weil enorm viel Zeit mit dem Zusammenführen der Daten vergeudet werde. Hoppe-Tichy plädierte für die skandinavische Sicht, nach der Patientensicherheit wichtiger als Datenschutz sei. Bei der Überprüfung der Medikation würden Apotheker keine neuen Arzneimittel verordnen, denn die Verantwortung der Ärzte sei nicht teilbar. Vielmehr sollten Umstellungen richtig umgesetzt und Fehler vermieden werden. Dies könne nur Fachpersonal wie Apotheker leisten. Krankenhausapotheker würden dies in Deutschland punktuell durchführen, aber wegen fehlender Stellen nicht flächendeckend. Doch Hoppe-Tichy vertrat die These, dass das Entlassmanagement nur gelingen könne, wenn bereits bei der Aufnahme eine gute Arzneimittelanamnese stattfinde. Zur Qualifikation von Apothekern für diese Arbeit berichtete Hoppe-Tichy, Berufsanfänger müssten in der Krankenhausapotheke erst darauf vorbereitet werden, aber diese Kenntnisse erwarte er auch nicht aus dem Studium. Es gehe hier um eine Erfahrungswissenschaft und nicht immer um die reine Naturwissenschaft.

Konstruktive Diskussion

Ähnlich äußerte sich Koch in der Diskussion, die von Kammerpräsident Engel moderiert wurde. Koch riet, mit den neuen Leistungen der Apotheker klein anzufangen. Es gehe nicht darum, den Arzt zu verbessern, sondern dafür zu sorgen, dass der Patient tut, was der Arzt will. Die neuen Leistungen würden in Einzelfällen bereits gut ablaufen, doch nun seien die routinemäßige Umsetzung und ein Honorar gefragt. Zur Überprüfung der Medikation erklärte Kreye, es sei legitim, wenn jemand, der keinen Regressen ausgesetzt sei, aus anderer Sicht seine Meinung äußere und auf überdenkenswerte Aspekte hinweise.

ABDA-Präsident Friedemann Schmidt, der als Gast den Apothekertag besuchte, erklärte, eine Arbeitsgruppe der Bundesapothekerkammer vergleiche die unterschiedlichen Projekte der Länderorganisationen zur Arzneimitteltherapiesicherheit. Die Besonderheiten bei ARMIN seien die Zusammenarbeit mit den Ärzten und die festgelegte Arbeitsteilung zwischen den Heilberufen. Ansonsten bestehe föderaler Wettbewerb. Bis zu einem bundeseinheitlichen Verfahren werde es noch einige Jahre dauern, erwartet Schmidt. |

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