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Gesundheitspolitik
Kein Strafverfahren gegen Boehringer
Staatsanwaltschaft lehnt Anzeige ab – Nutzen-Risiko-Verhältnis von Pradaxa® positiv
Die neuen oralen Antikoagulanzien stehen schon seit Längerem unter kritischer Beobachtung, besonders in den USA. Dort trommeln Anwälte bereits seit 2012 Kläger für eine Sammelklage gegen die Hersteller zusammen. Auch in Deutschland hat nun erstmals eine Privatperson gegen einen internationalen Pharmakonzern Anzeige erstattet. Es geht um Boehringers Pradaxa®. Nach Holtz’ Recherchen hat das Unternehmen 2012 die Plasmavariabilität der in der RE-LY-Studie erreichten Dabigatran-Spiegel falsch angegeben. Auf Basis dieser Zahlen habe die EMA auf Schutzmaßnahmen zugunsten der Patienten, etwa das verbindliche Messen des Blutspiegels, verzichtet. Dadurch seien Patienten einem unnötigen Risiko ausgesetzt worden, so Holtz. Und Boehringer habe ein wesentliches Verkaufs-Argument für Pradaxa®nutzen können: Dass regelmäßige Bluttests beim Arzt – anders als etwa bei Marcumar – nicht mehr nötig sind.
Boehringer weist Vorwürfe als falsch zurück
Für Holtz ein Fall strafrechtlich relevanter Täuschung. Nachdem er im vergangenen Sommer Anzeige erstattet hatte, begannen erste Ermittlungen. Boehringer führte in einer Verteidigungsschrift aus, dass sämtliche vorgetragenen Vorwürfe und Verdächtigungen falsch und klar widerlegbar seien. Unter anderem betonte das Unternehmen, dass es sich gegenüber der EMA und anderen involvierten Behörden stets vollkommen transparent verhalten habe. Die EMA habe die wissenschaftliche Diskussion um die Frage eines regelmäßigen Monitorings von Beginn an verfolgt und sich auch daran aktiv beteiligt. Als Folge dieses „Prozesses“ seien „sämtliche Fragen“ von der EMA im Januar 2016 als „abgeschlossen“ bewertet und das Verfahren ohne Auflagen ebenfalls beendet worden. Nun hat die Staatsanwaltschaft Mainz die Anzeige von Holtz abgelehnt. Die zuständige Staatsanwältin begründet diesen Schritt sehr ausführlich. Es sei vielfältiges Material gesichtet worden. Holtz wurde angehört, Informationsmaterial seitens der Behörden, etwa des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte, geprüft.
Kein hinreichender Tatverdacht
Doch der Staatsanwältin zufolge besteht „nach dem Ergebnis der Ermittlungen kein hinreichender Tatverdacht für Verstöße gegen das Arzneimittelgesetz“. Ein Verstoß gegen das Verbot des Inverkehrbringens von bedenklichen Arzneimitteln liege ebenfalls nicht vor, da zu dem maßgeblichen Zeitpunkt des Inverkehrbringens des Medikamentes im Jahr 2008 – selbst nach dem Vorbringen des Anzeige-Erstatters – keine wissenschaftlichen Erkenntnisse über eine schädliche oder bedenkliche Wirkung des Medikamentes Pradaxa® im Rahmen einer Nutzen-Risiko-Abwägung bekannt waren. Auf Basis der RE-LY-Studie habe sich für Pradaxa ein positives Risiken-Nutzen-Verhältnis ergeben, das auch im Rahmen der fortlaufenden Überwachung bestätigt worden sei.
Holtz respektiert die Entscheidung der Staatsanwaltschaft, wie er DAZ.online sagte. Doch sein Anliegen bleibe bestehen: Zu umfangreich seien die Zweifel, die er in den Unterlagen zu Pradaxa® gefunden habe. |
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