Management

Du bist, was Du denkst!

Wie Sie Ihre mentale Stärke steigern können

Jeder kennt es aus dem Sport: „Mental gut drauf sein“. Die Regeln dafür sind immer die gleichen, auch in der Apotheke profitieren wir davon. Trainiert wird täglich und dauerhaft, die Früchte reifen langsam und zuverlässig. Von Ute Jürgens

Mentaltraining ist eine gedank­liche Vorbereitung, ein geistiges Hineingehen in eine Situation im Vorfeld. Wer bekannte und zu erwartende, auch herausfordernde Situationen oft genug im Geiste durchgespielt hat, kann souverän reagieren wenn es soweit ist. Stresssituationen wie schwierige Kunden, eine hohe Betriebsdichte, plötzlich auftretender Personalmangel wegen Krankheit überfordern uns nicht länger. Natürlich empfinden wir sie nicht plötzlich als angenehm, sie lassen sich jedoch routiniert und gelassen bewältigen. Das geistige Vorwegnehmen programmiert das limbische System und stellt entsprechende Handlungen bereit.

Wir können das Mentaltraining auch nutzen, um uns grundsätzlich in einen guten Zustand zu befördern, ohne dass es akute Sorgen gibt.

Foto: Melpomene – Fotolia.com

Wer schon mal die Schuhe schnürt, will gut mit seinem Körper umgehen und tut dies vermutlich regelmäßig. Dasselbe können wir für unser Inneres tun: Positives Denken regelmäßig trainieren, bedrückenden Perfektionismus über Bord werfen und ehrlich mit sich und anderen umgehen – eben Gutes für sich tun.

Unsere innere Haltung spielt eine der wichtigsten Rollen bei der Entstehung von Gedanken und Gefühlen. Sie ist der Kompass beim Erreichen von Zielen und Erfolg in jeder Hinsicht. Die Mentaltrainerin Antje Heimsoeth beschreibt eine Übung:

„Denken Sie sechs Mal täglich für eine halbe Minute an gute Erfahrungen, z. B. in Pausen, morgens nach dem Aufstehen oder kurz vor dem Einschlafen, wenn das Gehirn besonders empfänglich ist. Daran anschließend stellen Sie sich goldenen Sirup vor, der in Sie hineinfließt.“ Falls Sie als Fachfrau bei Sirup eher an Klebrigkeit und ungesundes Essen denken, nehmen Sie lieber goldenes Licht oder etwas anderes für Sie Schönes.

Gesunder Ausgleich durch Erfolgstagebuch

Vorbilder helfen, sich zu orientieren. Sie verkörpern Werte wie ­Respekt und Fairness oder Kontinuität und Konsequenz. Das können Kolleginnen, Menschen aus der Öffentlichkeit oder auch fiktive Gestalten sein, von denen Sie ein genaues Bild haben. Was ist für Sie wichtig, wer lebt es Ihnen vor?

Entscheidend ist der Glaube an uns selbst. Er entsteht durch das Bewusstsein der eigenen Stärken und der Erfahrung, dass wir schon viel gemeistert haben, was wir uns vorher nicht zutrauten. Förderlich ist ein Erfolgstagebuch mit täglichen kurzen Notizen. Kleinigkeiten wie die gelungene Herstellung einer verzwickten Rezeptur oder die Bewältigung eines schwierigen Gesprächs zählen genauso wie große Ereignisse. Menschen mit einer positiven Einstellung erreichen mehr, leben länger und gesünder als andere. Leider neigen wir dazu, uns eher mit Dingen zu beschäftigen, die wir nicht bewältigen, ein Tagebuch schafft einen gesunden Ausgleich und ermutigt, wenn Sie gerade in einem Tief stecken. Wenn das Schreiben zur Gewohnheit wird, sorgen Sie zudem bewusst oder unbewusst dafür, dass es immer etwas zum Ein­tragen gibt!

Die Negativspirale durchbrechen

Mit negativen Gedanken sabotieren wir uns selbst, vor allem, wenn wir sie nicht als Arbeitsgrundlage nutzen, sondern sie in die wildesten Geschichten und Sorgen münden lassen. Hier nehmen negative Prophezeiungen ihren Anlauf. Besser ist es, sich ein Stoppschild vorzustellen oder laut „Stopp!“ zu sagen und sich darüber klarzuwerden, dass wir schon wieder als Katastrophenmolch daherkriechen anstatt im aufrechten Gang unseren vielen Möglichkeiten und Fähigkeiten zu trauen und sie zu gebrauchen. Um die Negativspirale zu unterbrechen hilft es auch, sich das Gelingende vorzustellen und in diesem Bild zu verweilen. Wenn Sie dabei langsam und tief atmen, bahnen Sie die Wege im limbischen System zusätzlich.

Emotionale Führung wirkt mehr als eine leidenschaftslose, neutrale Haltung. Ein Kunde oder Mitarbeiter, der Zuwendung und Wertschätzung bekommt, entwickelt Oxytocin und damit Wohlgefühl und Kooperationsbereitschaft.

Im negativen Fall gilt das Gleiche. Jemand wird eher sein Verhalten ändern, wenn er spürt, dass Sie zunehmend ungehalten sind, als wenn Sie nur wie ein Automat immer wieder auf das Fehlverhalten hinweisen oder gar nicht reagieren. Das bedeutet nicht, dass Sie laut werden oder sich abschätzig ausdrücken sollen, Stirnrunzeln reicht schon. In diesem Falle entsteht im Gehirn des Gegenübers eine Art Dringlichkeit und Ernst, der Handlungsdruck wird erhöht. Und bei einem Kunden, der zum Beispiel immer wieder nörgelt oder die gleichen abfälligen Bemerkungen über das hohe Einkommen der Apotheker macht? Entweder ignorieren wir ihn und erleben wie bisher: „Wenn Du Dich immer gleich verhältst, bekommst Du auch immer die gleichen Ergebnisse!“ Oder wir sprechen ihn darauf an: „Herr Müller! Sie sind ein wirklich treuer und guter Kunde und das freut mich. Gleichzeitig bin ich darüber irritiert, dass Sie immer wieder auf die Ihrer Meinung nach hohen Preise hinweisen und sich auch über andere Dinge beschweren, auf die wir beide gar keinen Einfluss nehmen können. Stattdessen möchte ich unsere Zeit lieber für mehr Beratung nutzen. Ist Ihnen das recht?“ Normalerweise äußert sich Herr Meier nun in Zukunft anders, vielleicht ging es ihm nur um die Verlängerung des Kontakts.

Begeisterung wirkt ansteckend, das wissen Sie. Also zeigen Sie Ihre Freude, wenn Sie gerade von einem anregenden Kongress wie der Interpharm zurückkommen oder wenn Ihre Kollegin etwas schafft, was Sie beeindruckt.

Alles braucht seine Zeit

Neues Denken braucht eine Weile, um sich zu etablieren. 90 Tage Training mit Ausdauer und Geduld sind normal. Positive Bestätigung wirkt, das kennen Sie schon vom Placebo-Effekt und unserem Kollegen Émil Coué aus dem 19. Jahrhundert. Affirmationen sind ein gutes Mittel. Heimsoeth nennt die Bedingungen, „sie sollten

  • positiv und bejahend formuliert sein: ‚Ich habe Selbstvertrauen‘.
  • leicht auszusprechen sein.
  • in der Gegenwartsform formuliert sein.
  • idealerweise mit dem Wort ‚Ich‘ beginnen: ‚Ich bin geduldig.‘
  • insoweit auf uns zutreffen, dass wir an sie glauben können“.

Auch als Metaphern oder rhythmische und witzige Sprüche wirken sie bestens. Erinnern Sie sich an die Tipps für unsere Kunden, damit sie an ihre Medikamente denken? Genau! Post-ists an mehreren Stellen, Ihre Affirmation auf den Zahnputzbecher geschrieben – hier können Sie die Hinweise mal für sich selbst nutzen!

Der innere Dialog

Je besser wir mit uns umgehen, desto leistungsfähiger sind wir. Ein ständig meckernder innerer Kritiker jedoch, negative Glaubenssätze wie „Es ist unverzeihlich, wenn mir etwas misslingt“, „Du bist nur was wert, wenn Du mehr leistest als alle anderen“ oder „Ich muss immer alles richtig machen, sonst bin ich ein Versager“ nennt die Autorin Bettina ­Stackelberg als Beispiele für Selbstdemotivierung. Diese Sätze schwächen mehr als das sie an­feuern. Das gilt für alles Perfektionistische, wir setzen uns damit unter zu hohen Druck.

Unvollkommenheit können wir uns in vielen Dingen genauso ­gönnen, wie ein besonders schönes Essen, ohne dass wir es uns extra verdienen müssen. Gute Selbstgespräche sind konstruktiv, ordnend, selbstbestätigend und wohlwollend handlungsfördernd. Gedanken dazu enthält auch der Talmud (siehe Kasten).

Aus dem Talmud

Achte auf Deine Gedanken, denn sie werden Worte.

Achte auf Deine Worte, denn sie werden Handlungen.

Achte auf Deine Handlungen, denn sie werden Gewohn­heiten.

Achte auf Deine Gewohn­heiten, denn sie werden Dein Charakter.

Achte auf Deinen Charakter, denn er wird Dein Schicksal.

Visualisieren

Visualisieren bedeutet Denken in Bildern statt in Worten. Dies ist die Kernmethode des Mentaltrainings. Dabei stellt man sich in einer entsprechenden Situation vor und nimmt wahr, wie man aussieht, sich fühlt und was man sagt, wie man handelt.

Ein Beispiel: Die Offizin steht voll, Sie beraten einen Kunden nach dem anderen und sind schon leicht erschöpft, da Sie seit zwei Stunden dauerhaft vorne sind. Nun kommt ausgerechnet der Kunde, mit dem Sie wegen seiner Unverschämtheit schon mehrfach aneinandergeraten sind, zielgerichtet auf Sie zu, er sieht so gar nicht nach guter Laune aus. Was nun? Halten Sie schon den Atem an und ziehen Sie die Schultern hoch oder sträuben sich Ihre Nackenhaare? Nein, dieses Mal bleiben Sie ganz gelassen und strahlen den Kunden an: „Hallo Herr Schmidt, Sie habe ich aber lange nicht gesehen! Heißt das, dass es Ihnen besser geht? Das würde mich freuen!“ Herr Schmidt: „Nein, ich habe Sie auch nicht gesehen, Sie sind ja wohl im Dauerurlaub gewesen, das kann sich unsereins nicht leisten! Und besser geht es mir auch nicht!“ Sie: „Ach wie schade, nein, im Dauerurlaub war ich nicht, den könnten wir wohl beide mal brauchen und ich würde Ihnen den von Herzen gönnen! Was kann ich denn heute für Sie tun?“ Herr Schmidt hat plötzlich bessere Laune, genauso, wie Sie es sich in Ihren Vorstellungen erträumt hatten und x-mal vor Augen sahen. Sie lassen sich gar nicht irritieren, sondern gehen ganz normal mit ihm um, egal, ob doch noch Angriffe oder Bissigkeit kommen. Da Sie sich und ihn oft genug auf Ihrer inneren Leinwand gesehen haben und dabei immer die Souveränität selbst waren, funktioniert es heute wunderbar. Sie verabschieden sich ganz freundlich ­voneinander. Sie sind höchst zufrieden, hatten Sie sich ihn doch als Testperson für derartige Situationen ausgeguckt, um die Visua­lisierungsmethode zu trainieren. Und: Herr Schmidt spielt mit!

„Wir sind, was wir denken. Alles, was wir sind, entspringt der Gedankenwelt. Mit unseren Gedanken erschaffen wir die Welt.“

Buddha

Notfalls Neues wagen

Sind Sie sicher, dass Sie am richtigen Arbeitsplatz sind und gehen Sie gerne hin? Es ist nahezu unmöglich, in einem negativen Umfeld dauerhaft positiv zu denken und seine gute Stimmung zu behalten. Warten Sie nicht, bis es „von alleine“ besser wird. Hier haben wir Eigenverantwortung. Wenn wir uns quälen, sind wir aufgerufen, Abhilfe zu schaffen, sei es innerhalb dieses Betriebes oder durch einen Apotheken- oder sogar Berufswechsel. Das ist immer möglich, auch wenn Mut dazugehört und Entschlusskraft. Manchmal ist es auch der Mut der Verzweiflung. Doch wenn wir dauerhaft etwas verändern wollen, gehören auch Emotionen dazu. Die Begeisterung für etwas Neues hilft dabei mehr als der Frust oder Vermeidungswille eines ungesunden und ungeliebten Zustandes. |

Ute Jürgens

Ute Jürgens ist Kommunikationstrainerin mit Spezialisierung auf die Heilberufler, Dipl. Erwachsenenpädagogin und PTA, www.kommed-coaching.de

Literatur

Antje Heimsoeth: 
Chefsache Kopf – Mit mentaler und emotionaler Stärke zu mehr Führungskompetenz.
Springer Gabler 2015.
ISBN 978-3-658-05775-6




Daniel Kahnemann:
Schnelles Denken, langsames Denken.
Pantheon Verlag 2015
ISBN: 978-3-88680-886-1





Bettina Stackelberg:
Gut reicht völlig – Selbst­bewusste Wege aus der ­Perfektionismusfalle.
Verlag C. H. Beck 2013.
ISBN 978-3-406-64821-2






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