Steuer

Vorsorgen für den Ernstfall

Was bei der Vererbung von Apotheken zu beachten ist

Nach langem Ringen haben sich CDU/CSU und SPD auf Änderungen im Erbschaftsteuerrecht geeinigt, die zum 1. Juli in Kraft treten sollen. Das bringt für viele Apotheker neue Fragen mit sich – denn im Falle des Todes eines Inhabers fällt regelmäßig auch die Apotheke in den Nachlass. Doch was genau ist zu berücksichtigen, wenn man eine Apotheke vererben will bzw. eine Apotheke erbt?

Unternehmenswert­ermittlung durch die Finanzverwaltung

Im Rahmen der Erbschaftsteuererklärung ermittelt die Finanzverwaltung den Wert der Apotheke. Dies geschieht im vereinfachten Ertragswertverfahren (Unternehmenswert [= nachhaltiger Ertrag – Unternehmerlohn] × 100: Kapitalisierungszinssatz). Dabei wird zur Ermittlung des Kapitalisierungszinses ohne gesonderten Nachweis von einem pauschalisierten Risikozuschlag von 4,5% auf den Basiszins ausgegangen. Auf der Grundlage des aktuell sehr niedrigen Basiszinssatzes (1,1%) ergeben sich dabei derzeit geradezu astronomische Werte in Höhe des 17,85-Fachen des bereinigten durchschnittlichen Ertrages. Dieser extrem unrealistischen Bewertung will die Regierungskoalition jetzt zwar entgegentreten, indem sie den Ertragswert auf das 10- bis 12,5-Fache des nachhaltig erzielbaren Betrages begrenzen will. Mit der Marktgängigkeit von Apotheken hat dies jedoch immer noch nichts gemein. Hier ist es Aufgabe des Steuerpflichtigen, durch entsprechende gutachterliche Stellungnahmen niedrigere Werte gegenüber der Finanzverwaltung darzulegen.

Steuerliche Begünstigung der Unternehmensnachfolge

In der Praxis spielte dies jedoch bislang keine entscheidende Rolle, sofern es den Erben gelang, von der Verschonungsregelung (§ 13a ErbStG) Gebrauch zu machen. Danach blieben bei der Berechnung der Erbschaftsteuer im Falle der sogenannten Regelverschonung ein Freibetrag von 150.000 Euro sowie 85% des ermittelten Wert­ansatzes außer Ansatz, wenn der Betrieb durch die Erben nur fünf Jahre fortgeführt wurde.

Weitere Voraussetzungen gab es bislang nicht, sofern die Apotheke regelmäßig nicht mehr als 20 Mitarbeiter beschäftigte. Durch die beabsichtigte Neuregelung des Erbschaftsteuergesetzes werden zukünftig allerdings mehr Apotheken die Lohnsummenregelung beachten müssen. Nämlich jede, die mindestens sechs Mitarbeiter beschäftigt. In abgestufter Weise sollen Apothekenerben verpflichtet sein, den Mitarbeiterstamm im Wesentlichen zu erhalten: Bei Apotheken mit sechs bis zehn Mitarbeitern muss der Erbe innerhalb von fünf Jahren 250 Prozent der Lohnsumme erhalten, bei Apotheken mit elf bis 15 Mitarbeitern liegt der neue Wert bei 300 Prozent der Lohnsumme.

Besondere Vorschriften für die Unternehmensnachfolge bei Apotheken

Doch wie sind diese Behaltensfristen und Lohnsummenregelungen einzuhalten, wenn der Erbe nicht über die Berufsqualifikation als Apotheker verfügt? Grundsätzlich gilt: Nach dem Tod des Erlaubnisinhabers kann eine Apotheke maximal zwölf Monate lang im Wege der Verwaltung durch einen von dem/den Erben angestellten Apotheker fortgeführt werden (§ 13 ApoG). Ist nach diesen zwölf Monaten noch kein Käufer oder Pächter für die Apotheke gefunden, ist diese zwangsläufig zu schließen. Damit wird nur für einen zeitlich eng begrenzten Zeitraum ein Übergangszustand des Fremdbesitzes geduldet. Im Ergebnis führt dies dazu, dass Erben, die nicht Apotheker sind, im Rahmen der Verwaltung der Apotheke nicht in der Lage sind, die erbschaftsteuerrechtlichen Behaltefristen zu erfüllen.

Damit stellt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen der oder die nicht qualifizierten Erben ­berechtigt sind, den Betrieb als ­Eigentümer zu halten, und ob die apothekenrechtlich zulässige Form der Betriebserhaltung die erbschaftsteuerrechtlichen Voraussetzungen zur Anwendung der Verschonungsregelung erfüllt.

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Verpachtung durch die Erben des Apothekers

Das Apothekengesetz eröffnet dem erbberechtigten überlebenden Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartner sowie den erbberechtigten Kindern des Erlaubnisinhabers die Möglichkeit, den Apothekenbetrieb nach dem Tode des Erlaubnisinhabers zu verpachten (§ 9 Abs. 1 Nr. 3 ApoG). Dabei handelt es sich um eine eng auszulegende Ausnahme zum dem Apothekengesetz zugrunde liegenden Berufsbild. Dies kommt auch darin zum Ausdruck, dass der überlebende Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner nur bis zu einer möglichen Wiederverheiratung verpachtungsberechtigt ist.

Die Verpachtungsberechtigung setzt hier voraus, dass der Erbberechtigte als Erbe eingesetzt ist und sich diese Erbeinsetzung vom Erlaubnisinhaber ableitet. Sie liegt also nicht vor, wenn die Apotheke im Wege des Vermächtnisses Kindern oder Ehegatten zugewendet wird – wenn also die Apotheke als einzelner Vermögensgegenstand an Nicht-Erben weitergegeben werden soll. Erbberechtigung bedeutet jedoch nicht, dass der Zuwendungsempfänger alleiniger Erbe sein muss. Es genügt dessen Stellung als Miterbe und damit selbstverständlich auch, soweit ihm als Miterbe die Apotheke im Wege des Vorausvermächtnisses zugewendet wird.

Dass sich die Erbberechtigung vom Erlaubnisinhaber ableiten muss, hat zur Folge, dass die Verpachtungsberechtigung dann nicht gegeben ist, wenn der grundsätzlich verpachtungsberechtigte Erbe von einem verpachtungsberechtigten vorhergehenden Erben erbt, der nicht Inhaber einer eigenen Betriebserlaubnis war. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Apothekenbetrieb zunächst von dem verpachtungsberechtigten, aber nicht berufsangehörigen Ehegatten geerbt wird und in ­einem weiteren Erbgang auf die ­altersmäßig noch verpachtungs­berechtigten Kinder übergeht ­(sogenanntes Berliner Testament). Hier lässt sich der Durchgangs­erwerb apothekenrechtlich nur unschädlich gestalten, wenn der überlebende Ehegatte als Vorerbe den Apothekenbetrieb erhält und die Kinder mit dem Eintritt des Nacherbfalls den Betrieb rechtlich vom Erblasser erhalten. Die Vorerbschaft beinhaltet eine quasi treuhänderische Eigentümer- und Erbenstellung des Vorerben. Er muss stets die Interessen des Nacherben, für den das Erbe langfristig bestimmt ist, beachten.

Bei der Verpachtungsberechtigung der Kinder hat der Gesetzgeber zusätzlich bestimmt, dass diese nur so lange besteht, bis das jüngste Kind das 23. Lebensjahr vollendet hat. Darüber hinaus bleibt die Verpachtungsberechtigung nur bestehen, wenn und soweit ein Kind den Apothekerberuf durch Aufnahme eines entsprechenden ­Studiums ergriffen hat. Die ­Verpachtungsberechtigung der Kinder erlischt, wenn diese ihre eigene Approbation erlangen (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 ApoG). Dieser Regelung liegt die offensichtliche Absicht des Gesetzgebers zugrunde, den Apothekenbetrieb auch über Generationen hinweg in der Familie erhalten zu können.

Eine nicht abschließend geklärte Frage ist, wie bei der Verpachtung vorzugehen ist, wenn die Erbengemeinschaft sowohl aus verpachtungsberechtigten als auch aus nicht verpachtungsberechtigten Miterben besteht. Muss dann vor der Verpachtung die dingliche Erb­auseinandersetzung unter Zuweisung des Apothekenbetriebs auf den/die verpachtungsberechtigten Miterben erfolgen? Oder kommt der schuldrechtliche Vertrag nur zwischen dem Pächter und dem verpachtungsberechtigten Miterben zustande? Dem Gesetz ist hierzu keine eindeutige Entscheidung zu entnehmen.

Nach der hier vertretenen Rechtsauffassung ist die Verpachtung so lange zulässig, wie ein verpachtungsberechtigter Miterbe vorhanden ist, der schuldrechtlich auf Verpächterseite auftritt (vgl. Kieser in Kieser et al., ApoG-Kommentar, Stand: 02/2015, Rn 62 zu § 9). Dieser bedarf dann jedoch der Zustimmung der Miterben zum Abschluss des Pachtvertrages. Die Regelung zu den Kindern, nach der die Verpachtungsberechtigung bis zum 23. Lebensjahr des jüngsten Kindes bestehen bleibt, beinhaltet zum einen, dass nicht zwingend alle Begünstigten des Pachtverhältnisses selbst die Qualifikation der Verpachtungsberechtigung erfüllen müssen. Zum anderen ist es Sinn der gesetzlichen Regelung, dem verpachtungsberechtigten Miterben – unabhängig von der Teilung des Nachlasses – zunächst den Bestand des Apothekenbetriebs zu sichern.

Erbschaftsteuerliche Vergünstigungen bei Verpachtung der Apotheke

Liegen die zivilrechtlichen Voraussetzungen für die apothekenrechtliche Verpachtungsberechtigung vor, bleibt die Frage, ob auch diejenigen für eine erbschaftsteuerliche Begünstigung erfüllt sind.

Die Regelung des § 13a ErbStG lässt den Verschonungsabschlag insbesondere bei einer Veräußerung oder Aufgabe des Betriebs innerhalb der Fünf-Jahres-Frist anteilig entfallen. Entsprechendes gilt im Falle von deutlichen Überentnahmen. Die Verpachtung ohne Betriebsaufgabeerklärung ist möglich und löst damit gerade nicht die Folgen des wegfallenden Verschonungsabschlages aus, wenn dem Verpächter bzw. einem Rechtsnachfolger die Möglichkeit zur Wiederaufnahme des Betriebs verbleibt (vgl. Jülicher in Troll et al., ErbStG-Kommentar, Stand: 01/2012, Rn. 230 zu § 13a).

Es ist daher geradezu Pflicht, durch eine frühzeitig durchdachte Testamentsgestaltung den/die potenziellen Erben in die Lage zu versetzen, den Betrieb über den erbschaftsteuerrechtlich geforderten Begünstigungszeitraum hinaus fortsetzen zu können. Dabei wird es Aufgabe der Erben sein, den zwischenzeitlich einzusetzenden Pächter zu verpflichten, die Lohnsummenregelung einzuhalten und dies entsprechend zu überwachen.

Mietvertrag prüfen

Die gesamte testamentarische ­Regelung funktioniert jedoch nur dann, wenn der Vermieter der Apothekenräumlichkeiten keinen Strich durch die Rechnung macht. Diesem steht nämlich im Falle des Todes des Erlaubnisinhabers, der regelmäßig auch Mieter ist, ein Sonderkündigungsrecht zu (§ 580 BGB). Es gilt daher, bereits zu Lebzeiten durch vertragliche Vereinbarung darauf hinzuwirken, dass der Vermieter auf dieses Recht verzichtet. Ansonsten kann jedwede Nachfolgegestaltung bereits hier ihr Ende finden. Zudem sollte das Recht zur Untervermietung der Apotheke als Apotheke im Sinne des Apothekengesetzes und damit zur Verpachtung ohne Zustimmungsvorbehalt des Vermieters bestehen.

Gleichzeitig sollte insbesondere bei nicht berufsangehörigen Erben diesen mit Ablauf der Verwaltungszeit das Recht eingeräumt werden, das Mietverhältnis außerordentlich zu kündigen, falls die Apotheke weder verkauft noch verpachtet werden kann und damit zwangsweise geschlossen werden muss. Deren ebenfalls bestehendes Sonderkündigungsrecht ist nämlich zeitlich derart eng nach dem Erbfall auszuüben, sodass in dieser Zeit regelmäßig keine Entscheidung zur Fortführung der Apotheke zu treffen sein wird. |

Stefan Kurth, Schneider+Partner GmbH Wirtschaftsprüfung/
Steuerberatung München/Dresden/Chemnitz

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