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Management

Grundkurs Apothekenmarketing

Teil 5: Marktforschung als Muss

Marktforschung für meine Apotheke? Eine komplizierte Sache, die ich lieber gar nicht erst anfange. Keineswegs! Marktforschung ist extrem wichtig, und vieles kann man mit einfachen Mitteln herausfinden. Allerdings: Ein gewisses Maß an ­Systematik gehört schon dazu. Komplexere Marktforschungen kann man getrost von Fall zu Fall professionellen Marktforschern übertragen. Hier erfahren Sie, was Marktforschung für Ihre Apotheke bedeuten kann.

Mit Methoden der Marktforschung werden Daten über den apothekenrelevanten Markt sowie weitere marketingrelevante Sachverhalte gesammelt, aufbereitet, analysiert und interpretiert. Dies alles dient dazu, um Marketingentscheidungen vorzubereiten. Die Marktforschung kann uns Antworten auf Fragen geben, ohne die eine systematische Apothekenführung gar nicht möglich wäre. Diese Fragen lauten z. B.:

  • Wie ist unsere Position im lokalen Markt und wie verändert sie sich?
  • Wer sind die Kunden/Patienten meiner Apotheke und was benötigen sie?
  • Welches sind die Verbraucher, die nicht den Weg in meine Apotheke finden, und was würden diese benötigen?
  • Wie ist die Meinung der ­Bevölkerung über meine Apotheke, was denkt sie über meine Apotheke?
  • Wie zufrieden sind die ­Kunden/Patienten meiner Apotheke? Werden sie so bedient, dass sie wiederkommen?
  • Wie wirken die von mir ­eingeleiteten Marketingmaßnahmen?
  • Welches sind meine relevanten Wettbewerber?
  • Worin liegen die besonderen Vorzüge meiner Apotheke gegenüber dem Wettbewerb?
  • Welches sind die Ärzte in meinem Einzugsgebiet und wie groß ist mein Anteil an deren Verschreibungs­volumen?

Wir benötigen nachprüfbare ­Daten, um entsprechende Maß­nahmen zu ergreifen und später auch deren Erfolg oder Misserfolg zu messen. Viele dieser Fakten können als Sekundärdaten im Rahmen des „Desk Research“ aus apothekeninternen oder externen Datenquellen gewonnen werden. Andere müssen als Primärdaten vor Ort mit geeigneten Marktforschungsmethoden als „Field Research“ erhoben werden.

Sekundärdaten – viele Daten sind intern oder extern ­vorhanden

Eine Fülle von Sekundärdaten liefert zunächst das apothekeneigene Softwaresystem. Dies sind vor allem die Umsatz- und Ertragskennzahlen. Dazu kommen alle Daten zu den belieferten Rezepten sowie der Anzahl an Packungen und an Kunden bzw. Patienten. All diese Zahlen können nach Indikationen, Warengruppen sowie nach Kunden- bzw. Patientenmerkmalen aufgegliedert und in der Zeitreihe verfolgt werden. Dies verschafft uns einen Überblick über die Kunden und ihr Nachfrageverhalten. Wenn wir hier noch Kundengruppen bzw. Kundensegmente bilden, dann ergeben sich zudem interessante Einsichten. Bei der Segmentbildung könnte man z. B. nach Hauptindikationen oder auch nach Altersklassen vorgehen.

In der Apotheke werden im OTC- oder Freiwahlbereich viele mögliche Umsätze nicht realisiert, weil die entsprechenden Produkte nicht gut platziert oder aber gar nicht verfügbar sind. Daher ist es überaus wichtig zu wissen, welche Produkte am regionalen Markt nachgefragt werden. Hierzu müssen selbstverständlich alle Nein-Verkäufe erfasst und ausgewertet werden. Aber dies reicht nicht. Wir benötigen eine Auflistung möglichst aller Produkte nach der Rangfolge ihrer Marktbedeutung, und zwar bei OTC-Präparaten nach Indikationen und beim Freiwahlbereich nach Warengruppen. Wegen der regional unterschiedlichen Kauf­gewohnheiten ist es wichtig, dass diese Daten regional erhoben werden. Solche Ranglisten sind bei spezialisierten Marktforschungsinstituten wie z. B. Insight Health oder IMS erhältlich. Gute Apothekenkooperationen stellen diese ­Informationen ihren Mitgliedern ebenfalls zur Verfügung.

Von den Apothekenrechenzentren kann man hervorragende statistische Daten erhalten. Hierzu zählen die Anzahl Rezepte nach Ärzten ­sowie Indikationen. Zusätzlich können Rechenzentren den Rezeptanteil bei den einzelnen Ärzten sowie deren Veränderungen angeben.

Sekundärdaten können selbstverständlich auch von externen Stellen eingeholt werden. Die Wirtschaftsberichte der ABDA liefern die bundesweiten Apothekenumsätze. Für die zunächst grobe Ermittlung der regionalen Markt­position im OTC- und Freiwahl­bereich kann man eine einfache Praktikermethode anwenden. Hierbei werden die bundesweiten OTC- und Freiwahlumsätze auf die Einwohner des Einzugsbereiches heruntergebrochen und mit den regionalen Kaufkraft-Kennzahlen korrigiert. Somit ergibt sich das entsprechende Marktvolumen der Apotheken im regionalen Markt, und die eigenen OTC- bzw. Freiwahlumsätze in Prozenten dieser Marktvolumina sind dann die ­entsprechenden Marktanteile. Die Einwohnerdaten sowie auch die Kaufkraft-Kennzahlen erhält man von den kommunalen Statistiken der statistischen Landesämter. Wer jedoch detailliertere Einwohnerdaten haben möchte, der kann von der Gesellschaft für Konsumforschung GfK Mikrodaten zur Wohnbevölkerung beziehen.

Primärdaten müssen ­methodisch richtig erhoben werden

Wir benötigen aber auch ergänzend Informationen zur Meinung der Kunden und Nichtkunden, zu den Aktivitäten der Wettbewerber und auch zu den Wirkungen der Marketingmaßnahmen unserer Apotheke. Hierfür sind Primär­daten erforderlich. Sie müssen im Wege des „Field Research“ erhoben werden. Dabei kommen die folgenden Methoden zum Einsatz:

  • qualitative Befragungen
  • quantitative Befragungen
  • Beobachtungen
  • Experimente

Qualitative Befragungs­methoden

Die qualitative Befragung ist ein offener interaktiver Prozess. Zu dieser sehr flexiblen und für viele Zwecke einsetzbaren Erhebungsform zählen z. B. Gruppendiskussionen oder aber Tiefeninterviews. Mit qualitativen Befragungen werden Erkenntnisse und Informationen erzielt wie z. B. Motive für ­einen Apothekenbesuch oder Vorschläge für neue Dienstleistungen. Mit dieser Methode können interessante Fakten, aber keine messbaren repräsentativen Daten gewonnen werden.

Quantitative Befragungs­methoden

Grundlage für quantitative Be­fragungen sind standardisierte Fragebögen, bei denen vorgegebene Antworten oder Skalen eingesetzt werden. Sie können schriftlich, persönlich, telefonisch oder per Internet online erfolgen. Quantitative Befragungen liefern messbare Daten, die für das Apothekenmanagement als überprüfbare Zielgrößen genutzt werden können.

In diesem Zusammenhang muss darauf hingewiesen werden, dass bei allen Befragungen die Gütekriterien der Marktforschung eine ganz wichtige Rolle spielen. Schließlich sollen hier valide Daten erhoben werden, nach denen sich Marketingentscheidungen richten. Die Befragungen müssen so vorgenommen werden, dass die erhobenen Daten objektiv, zuverlässig und gültig sind.

Objektivität der Marktforschung bedeutet, dass die aus dem Erhebungsvorgang resultierenden ­Daten unabhängig vom Durch­führenden sind. Das heißt, sowohl bei einer vom Apothekenteam vorgenommenen Befragung als auch bei einer von einem möglicherweise externen Marktforschungsexperten durchgeführten Erhebung müssen immer die ­gleichen Ergebnisse resultieren. Der Befragende darf also keinen Einfluss auf die zu befragende Person ausüben.

Die Zuverlässigkeit oder Reliabilität erweist sich, wenn bei der Wiederholung der Messungen unter gleichen Rahmenbedingungen immer das gleiche Messergebnis erzielt wird. Die Messverfahren sollten frei von Zufallsfehlern sein und damit eine möglichst genaue Erfassung gewährleisten.

Die Gültigkeit oder Validität gibt an, inwieweit tatsächlich mit dem Messverfahren der eigentlich interessierende Sachverhalt erfasst, also genau das gemessen wird, was erhoben werden sollte.

Diese beiden letzten Punkte werden durch den richtigen Aufbau des Fragebogens sichergestellt. Am Anfang der Fragen sollte eine Eingangsfrage als „Eisbrecher“ stehen, und die Fragen zur Person werden ganz am Schluss ­gestellt. Sie sind sehr wichtig, weil man dann die Antworten nach den entsprechenden Kundenmerkmalen auswerten und damit wichtige Erkenntnisse ­gewinnen kann.

In einer der nächsten Ausgaben der Apotheker Zeitung werden wir uns genauer anschauen, wie Befragungen zur Kundenzufriedenheit und zum Apothekenimage durchgeführt werden. |


Prof. Dr. Dieter Benatzky


Prof. Dr. Dieter Benatzky ist Leiter des Instituts für Gesundheitswirtschaft in Bad Endorf und emeritierter Professor für Marketing an der FH Rosenheim

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