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Management

Zur Führung (ver-?)führen

Nachfolger im eigenen Team finden

Es gibt zu wenig Approbierte, die eine Apotheke leiten wollen – und das, obwohl in den kommenden Jahren viele Chefs händeringend einen Nachfolger suchen. Dabei sitzen oft geeignete Kandidatinnen* „im eigenen Nest“ und müssen nur wach­gerüttelt werden.

In der Broschüre „Familienbewusste Personalpolitik in Apotheken“ schrieb das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend bereits im Jahr 2010:

„Es ist anzunehmen, dass der Bedarf an qualifizierten Apothekerinnen und Apothekern, der sich unter anderem aus dem altersbedingten Ausscheiden aus dem Beruf und einem Mehrbedarf ergibt, nicht zu decken sein wird. Bei gleichbleibenden Verhältnissen ergibt sich in den nächsten 10 Jahren ein Bedarf an etwa 20.000 Apothekern und Apothekerinnen. Mehr als ein Drittel der Apothekenleiter erreicht in den nächsten 10 Jahren das Rentenalter. Ein Mangel an Apothekerinnen und Apothekern wird hier besonders spürbar werden.“ Diese Entwicklung ist jetzt in vollem Gang. Wie generiert die Branche führende Köpfe? Was steht im Weg?

Vorurteile abbauen

Vorurteile gibt es einige. Zum Beispiel der Glaube, junge Mütter könnten „es“ nicht schaffen – sicher nicht, wenn man sie alleine und Hindernisse im Weg lässt. Oder die Kolleginnen in den Wechseljahren: Der Zug ist noch lange nicht abgefahren. Man kann auch mit 50 noch vom Angestellten­dasein in die Leitung wechseln – schließlich sind noch 17 Jahre Zeit, bevor es tatsächlich in die Rentenphase geht. Und diese Kolleginnen haben jede Menge Lebens- und Berufserfahrung, auf die sie zurückgreifen können.

Zudem nistet in manchen Köpfen noch das alte Rollenbild vom männlichen Apothekenleiter, viele Studentinnen sehen sich als Angestellte, wenn sie an ihre zukünftige Berufsausübung denken, und können sich eine Betriebsleitung nicht vorstellen.

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In die Fußstapfen treten, ohne baden zu gehen. Das kann einer Approbierten gelingen, wenn die Chefin ihr als Nachfolgerin Mut macht und sie entsprechend unterstützt. Die Apotheke kann so erhalten bleiben.

Angst als Bremse

Angst in vielen Variationen lässt Angestellte von jedem Leitungs­gedanken Abstand nehmen: Angst vor der Machtausübung, dem Scheitern, den Neidern, falls man doch erfolgreich ist, Angst vor zu viel Verantwortung, zu wenig Umsatz, zu starker Konkurrenz, zu viel Arbeit, Angst vor Personalmangel, Kritik und Konflikten im Team, einem zu starken oder zu schwachem Team sowie Angst vor neuen gesetzlichen Einschränkungen und Auflagen usw. Viele dieser Ängste sind bei rationaler Betrachtung jedoch unbegründet bzw. beherrschbar (siehe auch den Kasten „Unbehagen beim Thema Macht?“).

Unbehagen beim Thema Macht?

  • Finden Sie heraus, wieso Ihnen der Begriff „Macht“ unangenehm ist – was verbinden Sie damit?
  • Überlegen Sie, unter wessen Führung (also auch Machtausübung) Sie sich gut gefühlt haben und wodurch das kam.
  • Machen Sie sich klar, dass Mitarbeiter geführt werden möchten, sie brauchen Orientierung, Sinn und Motivation anstatt einer „Verweigerung“ Ihrerseits.
  • Wenn Sie das Wort „Macht“ so verstehen, dass Sie Verantwortung übernehmen und Ihre Erwartungen klar kommunizieren: Bleibt das Unbehagen?

Geld gibt es genug

Es gibt viele Finanzierungsmodelle und Starthilfen. Machen Sie sich schlau, fragen Sie bei Ihrer Steuerberatung nach und forschen Sie im Internet! Der Großhandel, die Banken, Verwandte – wer will heute nicht investieren, wenn das Geld auf dem Sparkonto zusammenschmilzt? Sind Sie auf dem Land und die einzige Apotheke weit und breit? Dann kann Ihre Nachfolgerin auf die Unterstützung seitens der Gemeinde rechnen.

Frisch gewagt ist halb gewonnen!

Niemand ist sich seiner Sache 100%ig sicher, ein Risiko ist immer dabei, das ist normal und in Ordnung. Manchmal steht der bei Apothekern überdurchschnittlich häufig vorkommende Perfektionismus im Weg – wenn man sich dessen bewusst wird, ist das schon der erste Schritt in die richtige Richtung. Man kann auch übertreiben, was die Vorbereitung und den Erwerb von Kenntnissen angeht.

Die Frage: „Was würde ich tun, wenn ich keine Angst hätte?“ hilft auch hier. Man schreibt eine Liste und fängt dann Punkt für Punkt mit der Umsetzung an. Dabei wird klar: Die Ängste waren größtenteils unbegründet. Wenn es wirklich brenzlig wird, kann man damit entweder alleine fertig werden oder andere Menschen um Hilfe bitten.

„Erst wachsen sie an ihren Aufgaben und dann über sich hinaus. Wissen und Können sind ja schon da. Wie der Appetit beim Essen, kommt der Mut beim Tun. Er ist ein Muskel, der durch Training wächst.“

Sigrid Meuselbach

Von Anfang an führungsfit

Alles haben und können wollen – das schwebt vielen Menschen vor. Machen wir es uns bewusst: Es ist unmöglich! Realistische Erwartungen an sich haben, ja, das ist machbar!

„Erledigt ist besser als perfekt“ – das gilt für viele Arbeiten, meint Sheryl Sandberg, Geschäftsführerin bei Facebook; sie hat sich ausführlich dem Thema weiblicher Führung gewidmet und vieles erprobt. Bewusste Entscheidungen treffen und Grenzen ziehen – das schützt vor Überlastung und bringt gute Ergebnisse. Sie rät auch dazu, Schwächen zuzugeben, Gefühle zu zeigen, authentisch statt perfekt und dazu verständlich zu sein – so kann das Team die Chefin besser einschätzen und sich auf sie einstellen.

Humor statt Verbissenheit hilft immer weiter, nicht nur als Anfängerin nehmen wir manches zu ernst und machen uns damit das Leben schwer.

Die Gender-Spezialistin Sigrid Meuselbach betont: „Viele Frauen scheitern nicht an ihrem Können oder ihrer Leistungsbereitschaft. Sie scheitern an ihrer Bescheidenheit und ihren Selbstzweifeln … Frauen unterschätzen ihre Leistung notorisch.“

Den Weg ebnen – so können Chefinnen ihre eigene Approbierte fördern

  • Sich als Mentorin anbieten – auch nach dem vollständigen Ausscheiden.
  • Einen fairen Preis für die Apotheke finden, der niemanden überfordert oder benachteiligt.
  • Bei wichtigen Überlegungen die Approbierte mit einbeziehen, sodass sie Entscheidungen nachvollziehen und ihre eigene Einstellung dazu gewinnen kann.
  • Führungsseminare und Kommunikationstraining anbieten.
  • Die Approbierte bei Gesprächen mit der Steuerberaterin und sonstigen Beratern einbeziehen.
  • Ermuntern Sie die Angestellte, sich ein eigenes Ratgebernetzwerk aufzubauen, auf das sie zurückgreifen kann.
  • Frühzeitige Delegierung von Leitungsaufgaben, damit es weniger „große Unbekannte“ gibt.
  • Frühzeitige Delegierung von normalen Aufgaben an das Team, damit weniger Arbeit auf die Leitung entfällt, zum Beispiel: Arbeits- und Urlaubseinteilung.
  • Fragen, was gewünscht wird und das – falls realistisch – erfüllen.
  • Wohlwollend und freundlich ermuntern statt Druck auszuüben.

Im Idealfall trägt der Arbeitgeber die Kosten für vorbereitende Fortbildungen. Er sichert sich für den Fall der Nichtübernahme dadurch schriftlich ab, dass die Kollegin alles erstattet, wenn sie sich doch noch anders entscheidet und die Apotheke nicht übernehmen möchte. Das gleiche Modell funktioniert auch andersherum: Die Approbierte trägt die Kosten selbst und bekommt sie angerechnet, wenn sie die Apotheke übernimmt.

Geteilt führen – doppelt ­gewinnen

Manchen zukünftigen Chefinnen fällt der Schritt in die Selbstständigkeit leichter, wenn sie sich die Führung teilen, d. h. wenn zwei Approbierte gemeinsam die Apotheke leiten. Wichtig sind dabei eine klare Aufgabenteilung, die auch dem Team bekannt ist, und ständiger Austausch, damit beide vollständig über Aktuelles informiert sind. Die Zusammensetzung kann sowohl aus alter und junger Apothekerin bestehen als auch aus zwei jungen Kräften. Entweder haben Sie schon zwei harmonierende Approbierte oder eine vorhandene sucht sich jemanden zusätzlich.

Unschlagbare Vorteile sind: Risiko, Arbeitsmenge, Verantwortung und der finanzielle Aufwand sind geteilt und es ist immer jemand da, mit dem man sich bei Unsicherheiten absprechen kann. Probleme treten allerdings auf, wenn die beiden Chefinnen unterschiedliche Vorstellungen haben und diese Differenzen nicht ausräumen können – dann bleibt nur die Trennung.

Alte Kontakte

Denken Sie bei Ihren Überlegungen auch an ehemalige Angestellte. Fragen Sie Ihr Team: Viele pflegen noch alte Kontakte und haben eine Idee, wer jetzt so weit ist, sich selbstständig zu machen. |

Ute Jürgens

Ute Jürgens ist Kommunikationstrainerin mit Spezialisierung auf die Heilberufler, Dipl. Erwachsenenpädagogin und PTA, www.kommed-coaching.de

Literatur

Sigrid Meuselbach: Weck die Chefin in dir. 40 Strategien für mehr Selbstbehauptung im Job. Ariston Verlag 2015 ISBN-13 978-3424201109








Lissa Rankin: Mut zur Angst. Wie wir uns durch das, was wir fürchten, heilen können. Kösel Verlag 2016 ISBN 978-3-466-34621-9









Sheryl Sandberg: Lean in. Frauen und der Wille zum Erfolg. Buch: Econ Verlag 2013 ISBN 978-3548375496 Hörbuch: Steinbach sprechende Bücher












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