Wirtschaft

Kassenwechsel wegen Rabattverträgen?

Eine Umfrage im Realitätscheck: Was bewirken exklusive Rabattverträge?

BERLIN (jb) | Ist ein exklusiver Rabattvertrag über ein Arzneimittel zur Behandlung einer chronischen Krankheit ein Grund, die Krankenkasse zu wechseln? Einer Umfrage im Auftrag des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI) zufolge soll das für 40% der gesetzlich Versicherten infrage kommen. Ein Blick auf die tatsächlichen Zahlen zur Wechselbereitschaft der Deutschen stützt diese Aussage nicht.

60% der Befragten wären verun­sichert, wenn ihre Krankenkasse für ein dauerhaft benötigtes Arzneimittel einen Rabattvertrag mit nur einem Anbieter abschließen würde. Für 40% sei dieses Szenario sogar ein Grund, sich eine andere Kasse zu suchen. So lautet das Ergebnis einer Umfrage, die der BPI vom Meinungsforschungsinstitut INSA hat durchführen lassen. Es sei ein Warnschuss in Richtung Kassen, sagt dazu BPI-Hauptgeschäftsführer Henning Fahrenkamp. Die Versicherten wollten Versorgungssicherheit bei Rabattverträgen, heißt es in einer Pressemitteilung des BPI. Es könne zu Lieferengpässen kommen, wenn Krankenkassen sich aus Kostengründen nur an einen Hersteller binden. Der BPI fordert daher eine gesetzliche Regelung der Mehrfachvergabe.

AOKen wachsen trotz Exklusivverträgen

Ganz anders sieht das die AOK. Dort ist man der Auffassung, dass Mehrfachvergaben dem Patienten sogar schaden und verteidigt das Exklusivmodell. Damit erspare man den Versicherten Präparatewechsel, meinen die AOKen. Lediglich häufig verordnete Wirkstoffe schreibt die AOK im Drei-Partner-Modell aus, um Versorgungssicherheit zu gewährleisten.

Folgt man der Aussage der BPI-Umfrage, müssten sich also gerade die Ortskrankenkassen über sinkende Mitgliederzahlen beschweren. Darüber können sich die AOKen aber trotz Verträgen mit meist nur einem Anbieter je Wirkstoff aber nicht beklagen. Laut dem Statistik-Portal Statista dürfen sich alle elf AOKen sogar über wachsende Mitgliederzahlen freuen. Allen voran die AOK Baden-Württemberg, die von 2,99 Mio. Mitgliedern im Jahr 2015 auf 3,11 Mio. im Jahr 2016 (Stand 1. April) angewachsen ist und damit den größten Zuwachs der AOKen zu verzeichnen hat. Da­gegen hat die DAK – obwohl sie vor allem auf Mehrfachvergaben setzt – einen deutlichen Mitgliederschwund.

Gegen die BPI-These spricht auch, dass die Deutschen, was ihre Krankenversicherung angeht, nicht sehr wechselfreudig sind. Laut einer Umfrage der Unternehmensberatung Pricewaterhouse Coopers (PwC) wechselten 2015 gerade einmal 3% der Versicherten ihre Kasse. Vor allem der Zusatzbeitrag hat dabei den Ausschlag gegeben. |

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