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- AZ 37/2016
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Gesundheitspolitik
Plausibilitätsprüfung sticht Patientenwillen
Urteil zur Rezeptur-Überprüfung in Apotheken
Apotheken haben vor der Anfertigung von Rezepturarzneimitteln die Verordnung auf ihre Plausibilität zu überprüfen: Passen die Ausgangsstoffe zusammen? Ist die Applikationsart die richtige? Ist die Dosierung nachvollziehbar? Diese Prüfung nahm die Mitarbeiterin einer Apotheke ernst. Sie hatte von einer Kundin ein Privatrezept zur Anfertigung einer Salbe mit 10 Prozent Progesteron erhalten. Ihr kamen Zweifel an der Konzentration. Sie kontaktierte die verordnende Ärztin und vereinbarte mit dieser, die Konzentration auf fünf Prozent abzusenken. Entsprechend wurde auf der Verordnung vermerkt „nach ärztl. Rücksprache 5% bereits hochdosiert genug“.
Das Problem: Die Kundin wollte die Salbe in dieser geänderten Zusammensetzung nicht annehmen und schon gar nicht die rund 85 Euro dafür bezahlen. Die Apotheke wollte dies nicht auf sich sitzen lassen und zog auch für diese vergleichsweise geringe Summe gegen die Kundin vor Gericht. Nun bekam sie vor dem Amtsgericht München Recht zugesprochen.
Auf welche Beschaffenheit besteht Anspruch?
Dem Urteil ging eine ausgiebige Zeugenbefragung voraus: Sowohl die Apothekenmitarbeiterin als auch die verordnende Ärztin wurden über die genauen Umstände befragt. Am Ende kam der Richter nach der mündlichen Verhandlung Ende August zu dem Ergebnis: Es handelt sich um einen Vertrag über die Lieferung herzustellender beweglicher Sachen, auf die die Vorschriften des Kaufrechts anzuwenden sind.
Der Vertragsschluss war zwischen den beiden Seiten nicht streitig. Die Frage war nur, welche Beschaffenheit die Salbe danach haben musste – und ob sie möglicherweise „mangelhaft“ im Sinne der kaufrechtlichen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs war. Denn dann hätte die Kundin ein Rücktrittsrecht und müsste nicht zahlen.
Aber das Gericht stellt in seinem Urteil fest: Mit der Erteilung des Rezepturauftrags werde vereinbart, dass das Arzneimittel so hergestellt wird, wie es der Arzt verordnet. Werde die ursprünglich vom Arzt ausgegebene Verschreibung nachträglich auf dessen eindeutig bekundeten Willen hin abgeändert – etwa weil sie einen erkennbaren Irrtum enthält oder sich aus pharmazeutischer Sicht sonstige Bedenken im Sinne des § 7 Abs. 1 S. 4 ApBetrO ergeben haben, die einer Herstellung entgegenstehen – so bilde die solchermaßen abgeänderte Rezeptur den Inhalt der Beschaffenheitsvereinbarung, heißt es im Urteil.
Dies sei im vorliegenden Fall geschehen. Die Ärztin hatte sich mit der Herabsetzung der Konzentration auf fünf Prozent einverstanden erklärt. Dass sie als Zeugin erklärte, auch eine zehnprozentige Konzentration sei medizinisch vertretbar, war nach der Wertung des Gerichts letztlich nicht erheblich. Denn die Ärztin hatte ausdrücklich nicht auf diese höhere Konzentration bestanden.
Ärztin meldete keine Vorbehalte an
Die Ärztin äußerte gegenüber der Apotheke auch nicht den Vorbehalt, sie müsse sich zunächst mit der Patientin über die Änderung besprechen. Sie ging vielmehr davon aus, die Apotheke fertige die Salbe nun in der geringeren Konzentration an. Die Apothekenmitarbeiterin konnte vor Gericht glaubhaft vermitteln, dass ihr ein solcher Vorbehalt nicht entgegengebracht wurde.
Das Urteil ist zwar noch nicht rechtskräftig – es ist jedoch anzunehmen, dass kein Rechtsmittel eingelegt wird. Es dürfte damit richtungsweisend für alle Apotheken sein, die nach einer Plausibiitätsprüfung und Absprache mit dem Arzt die Rezeptur ändern. |
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