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Das kann auch der Arzt machen
Arzneimittelherstellung ist nicht nur eine pharmazeutische Aufgabe
Verstößt ein Arzt gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot, wenn er ein Arzneimittel als Rezeptur von der Apotheke anfordert, statt es in seiner Praxis gebrauchsfertig zu machen? Diese Frage hat das Landessozialgericht München schon einmal verneint – nun muss es sich erneut mit ihr befassen. Hintergrund ist ein aktuelles Urteil des Bundessozialgerichts (Az. B 6 KA 3/15 R). Es kommt zu dem Ergebnis, dass diese Art der „Herstellung“ keine zwingend pharmazeutische Tätigkeit ist. Ob die klagende AOK Bayern deshalb unter Berufung auf das Wirtschaftlichkeitsgebot von einem Arzt verlangen kann, für diese Aufgabe keine Apotheke einzuschalten, lassen die Kasseler Richter allerdings offen.
Ärztliches Herstellen als wirtschaftliche Alternative?
Worum ging es? Ein in einer internistischen Gemeinschaftspraxis tätiger Arzt hatte in den Jahren 2008 und 2009 monoklonale Antikörper in Form von Rezepturen von der Apotheke angefordert. Dafür wurde er in Regress genommen – die AOK erklärte, es sei ihr ein Schaden in Höhe von knapp 4800 Euro entstanden. Ihr Argument: Da es sich um einen untoxischen Stoff handle, wäre die wirtschaftliche Alternative die Verordnung dieser Medikamente als Fertigarzneimittel und die eigenständige Einbringung in Kochsalzlösung gewesen.
Die zuständige Prüfungsstelle der Ärzte in Bayern sah dies anders: Bei der Zubereitung von monoklonalen Antikörpern müssten im Hinblick auf die eingeschränkte Immunabwehr der Patienten aseptische Bedingungen vorherrschen. Es sei den Onkologen nicht zuzumuten, personell, apparativ und räumlich aufzurüsten, um den Qualitätsanforderungen zu entsprechen.
Gegen diese Entscheidung legte die AOK Widerspruch ein. In erster und zweiter Instanz bekam der Arzt jedoch wiederum Recht zugesprochen. Das Landessozialgericht München argumentierte, dass das Gebrauchsfertigmachen von Arzneimitteln von der Leistungspflicht der Vertragsärzte nicht umfasst sei, weil hierzu allein die Verordnung, nicht aber die Herstellung von Arzneimitteln gehöre. Da er als Vertragsarzt also nicht verpflichtet gewesen sei, monoklonale Antikörper in seiner Praxis zuzubereiten, scheide die Feststellung eines unwirtschaftlichen Verhaltens im Rahmen einer typisierenden Einzelfallprüfung aus. Ein überobligatorisches Verhalten könne bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit von den Vertragsärzten nicht verlangt werden.
BSG widerspricht Vorinstanz
Dem hat das Bundessozialgericht jetzt widersprochen. Die Entscheidungsgründe im Volltext liegen noch nicht vor. In seinem Terminbericht legt es die Grundzüge des Urteils jedoch dar: Zwar sei nach der weiten Begriffsdefinition des Arzneimittelgesetzes jede Form der patientengerechten Zubereitung eines Arzneimittels – auch das Einbringen von monoklonalen Antikörpern in eine Kochsalzlösung – als „Herstellung“ von Arzneimitteln anzusehen. Dies bedeute jedoch nicht, dass diese Handlung damit stets dem pharmazeutischen Bereich zugeordnet und zugleich dem Bereich der ärztlichen Behandlung entzogen ist. Dem stehe bereits entgegen, dass im hier maßgeblichen Verordnungszeitraum das Arzneimittelgesetz ausdrücklich keine Anwendung auf Arzneimittel fand, die ein Arzt ausschließlich zu dem Zweck „herstellte“, um diese unter seiner unmittelbaren fachlichen Verantwortung am Patienten anzuwenden. Im Übrigen gehe das Arzneimittelgesetz zwar von einem sehr weiten Herstellungs-Begriff aus, nehme jedoch die patientengerechte Zubereitung von Arzneimitteln zur unmittelbaren Anwendung durch den Arzt generell von der ansonsten zwingend erforderlichen Herstellungserlaubnis (§ 13 Abs. 1 AMG) aus. Damit trage es dem Umstand Rechnung, dass die patientengerechte Gebrauchsfertigmachung von Arzneimitteln in einer Vielzahl von Fällen Bestandteil ärztlichen Handelns ist.
Weiterer Aufklärungsbedarf
Ob die Klage der Krankenkasse im Übrigen begründet ist, weil der Arzt unwirtschaftlich gehandelt hat, entscheidet das Bundessozialgericht jedoch nicht abschließend. Grund: Hierzu hat die Vorinstanz keine ausreichenden Feststellungen getroffen. Das Landessozialgericht, an das der Fall nun zurückverwiesen wird, wird jetzt insbesondere ermitteln müssen, ob das Gebrauchsfertigmachen von monoklonalen Antikörpern durch den behandelnden Arzt – oder auch unter dessen Aufsicht durch sein medizinisches Fachpersonal – in onkologischen Praxen „üblich“ ist. Das heißt: Kann grundsätzlich erwartet werden, dass ein Arzt beziehungsweise das Praxispersonal die patientengerechte Zubereitung des Arzneimittels selbst vornimmt? Zudem ist laut Bundessozialgericht zu prüfen, ob der Arzt objektive, medizinisch begründete Zweifel vorgebracht hat, die einer Gebrauchsfertigmachung der Infusionslösung in der Praxis entgegenstehen. |
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