Arzneimittel und Therapie

Strahlentherapie beim Prostatakarzinom hat Folgen

Risiko für Zweittumore ist leicht erhöht

Einer aktuellen Metaanalyse zufolge erhöht die Strahlentherapie eines Prostatakarzinoms das Risiko für Zweitneoplasien geringfügig. Im Vergleich mit nicht bestrahlten Patienten ist der absolute Unterschied jedoch gering.
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Eine mögliche Therapieoption beim Prostatakarzinom ist die Bestrahlung des betroffenen Areals. Bekannte Begleiterscheinungen sind unter anderem Inkontinenz und Erektionsstörungen. Ebenso denkbar ist das Auftreten von Zweittumoren aufgrund der Strahlenbelastung. Wie hoch dieses Risiko einzuschätzen ist, wird unterschiedlich beurteilt, was unter anderem auch an dem in der Regel fortgeschrittenen Alter der Betroffenen liegt.

Eine kanadische Studiengruppe führte eine Metaanalyse durch, in der alle aktuellen Publikationen berücksichtigt wurden. Zur Auswertung kamen 21 Studien (von insgesamt mehr als 3000 Publikationen), die bis 2015 veröffentlicht worden waren. Die häufigste Form der durchgeführten Radiotherapie war die externe Strahlenbehandlung, gefolgt von Brachytherapien. In 13 Studien dienten chirurgisch behandelte Patienten als Kontrollgruppe, in acht Studien hatten die Patienten der Kon­trollgruppe keine Strahlentherapie erhalten. Der primäre Studienendpunkt war das Auftreten von Zweittumoren an Blase, Rektum, Kolorektaltrakt und Lunge sowie hämatologische Neoplasien.

Geringe absolute Unterschiede

Die Auswertung der Daten zeigte für die bestrahlten Patienten ein erhöhtes Risiko für das Auftreten eines Blasentumors (Hazard-Ratio [HR] 1,67; 95%-Konfidenzintervall [KI] 1,55 bis 1,80), für Neoplasien im Kolorektaltrakt (HR 1,79; 95%-KI 1,34 bis 2,38) und am Rektum (HR 1,79; 95%-KI 1,34 bis 2,38). Für diese drei Tumorentitäten war der Unterschied zu den Kontrollgruppen (Operation bzw. keine Bestrahlung) signifikant. Die Assoziation zwischen einer Bestrahlung und dem vermehrten Auftreten hämatologischer Neoplasien oder Lungentumoren war nicht signifikant. Die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eines Zweit­tumors variierte zwischen den einzelnen Studien und war unter anderem abhängig von der Art der Strahlentherapie: Ein erhöhtes Risiko ergab sich nur bei externer Bestrahlung, nicht nach einer Brachytherapie.

Die absoluten Unterschiede bei der Karzinominzidenz zwischen bestrahlten und nicht-bestrahlten Patienten waren gering: Für Tumoren der Blase wurde eine absolute Differenz zwischen 0 und 0,6 Zweittumorerkrankungen pro 100 Patienten mit Prostata­karzinom errechnet, bei kolorektalen Karzinomen lag die Differenz zwischen 0,2 und 1,4 pro 100 Patienten mit einer Prostataerkrankung und bei Rektumkarzinomen zwischen -0,2 und 1,0 Fällen pro 100 Patienten mit bestrahltem Prostatakarzinom.

Was war bekannt?

Das therapeutische Vorgehen bei malignen Erkrankungen der Prostata hängt auch von den zu erwartenden Begleiterscheinungen ab. Die möglicherweise gravierendste Folge ist das Auftreten von Zweittumoren.

Was ist neu?

Es besteht eine Assoziation zwischen der Strahlentherapie und einem vermehrten Auftreten von Zweittumoren an Blase, Kolorektaltrakt und Rektum. Das absolute Risiko ist gering.

Konsequenzen für die Praxis

In einem begleitenden Editorial zu dieser im British Medical Journal veröffentlichten Arbeit wird unter anderem nach möglichen praktischen Konsequenzen aus diesen Studienergebnissen gefragt. Ein geringes absolutes Risiko mag für betagte Patienten eine andere Bedeutung haben als für junge Patienten, die dieses Risiko bei ihrer Therapieentscheidung berücksichtigen werden. Eine noch zu klärende Frage ist, ob bestimmte Subgruppen ein erhöhtes Risiko für Zweittumoren aufweisen, und wenn ja, ob sich die Therapieentscheidung pro oder kontra Strahlentherapie auch nach individuellen Risiken richten wird. |

Quelle

Wallis C et al. Second malignancies after radiotherapy for prostate cancer: systematic review and meta-analysis. BMJ 2016;352:i851

Eyler C. A (relatively) risky business: the link between prostatic radiotherapy and second malignancies. BMJ 2016;351:i1073

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr


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