Arzneimittel und Therapie

Erdnüsse und Co. – früh verzichten oder zufüttern?

Die richtige Strategie zur Vermeidung von Nahrungsmittelallergien

Bereits die LEAP-Studie im vergangenen Jahr zeigte, dass Kinder, denen früh Erdnussproteine gegeben wurden, signifikant seltener eine Erdnussallergie entwickelten als Kinder, bei denen die Gabe vermieden wurde. Forscher belegten nun eine anhaltende Toleranz auch nach einjähriger Erdnuss­karenz. Und wie sieht es mit Ei und Kuhmilch aus?

Lange galt die Empfehlung, dass Kinder im Säuglingsalter mit einem erhöhten familiären Allergierisiko entsprechende Nahrungsmittel meiden sollten, um Allergien vorzubeugen. Die LEAP-Studie (Learning Early about Peanut Allergy) stellte diese Empfehlung infrage. Hier wurden Säuglinge, die bereits Ekzeme oder Eiweißallergien aufwiesen, in zwei Gruppen aufgeteilt, in denen Erdnüsse zugefüttert oder vermieden wurden. Primärer Endpunkt war das Auftreten einer Erdnussallergie im Alter von 60 Monaten nach oraler Provokation. Letztlich zeigte die Studie, dass durch das frühe Zufüttern die Entwicklung einer Erdnussallergie bis um 80% reduziert werden konnte [1].

In einer Folgestudie (LEAP-On) wurden 88,5% der Teilnehmer der LEAP-Studie gebeten, gänzlich auf Erdnüsse zu verzichten. Nach einem Jahr wurde die Zahl der Säuglinge bestimmt, bei denen eine Erdnussallergie auftrat. Sowohl in der Gruppe, bei der in der ersten Studie Erdnüsse vermieden wurden, als auch in der Gruppe, in der zugefüttert wurde, entwickelten jeweils nur drei Kinder zusätzlich eine Allergie. Demnach lässt auch ein einjähriges Pausieren des Erdnussverzehrs die Allergierate nicht steigen. Es bleibt abzuwarten, ob der positive Effekt des frühen Erdnusskonsums auch in späteren Lebensjahren, wenn Erdnüsse nach Belieben verspeist werden, bestehen bleibt [2].

Foto: Africa Studio – Fotolia.com

Potenzielle Nahrungsmittelallergene nicht grundsätzlich meiden

Buntes Allergenspektrum

In der EAT-Studie (Enquiring about Tolerance) sollte erforscht werden, ob der frühe Verzehr weiterer Lebensmittelallergene ähnlich wie bei Erdnüssen zu einem Rückgang der Allergien führt. Hierbei wurden 1303 Säuglinge der Gesamtpopulation ausgewählt, die in den ersten drei Lebensmonaten voll gestillt wurden. Bei positivem Befund im oralen Provokationstest musste das entsprechende Lebensmittel zur Sicherheit gemieden werden. Die Teilnehmer wurden randomisiert zwei Gruppen zugeordnet, in denen entweder ausnahmslos weiter gestillt wurde oder sechs Nahrungsmittel wie weiche Erdnussbutter, Ei, Kuhmilch, Sesampaste, weißer Fisch oder Getreide­kekse auf Weizenbasis bis zum sechsten Lebensmonat zugefüttert wurden. Primärer Endpunkt war das Auftreten einer Allergie auf eines oder auf mehrere der genannten Nahrungsmittel zwischen dem ersten und dem dritten Lebensjahr.

Erdnüsse und Eier überzeugten

In der Intention-to-treat-Analyse, die auch Teilnehmer mit fehlender Adhärenz einschließt, konnte keine signifikante Überlegenheit der Gruppe mit Allergengabe (5,6%) gegenüber der Gruppe mit alleinigem Stillen (7,1%) bezüglich der Häufigkeit auftretender Allergien festgestellt werden (p = 0,32). In der Per-protocol-Analyse, die nur die Ergebnisse der Probanden berücksichtigt, die den Prüfplan befolgten und die vorgeschriebenen Nahrungsmittel tatsächlich einnahmen, war die Zufütterungsgruppe (2,4%) der reinen Stillgruppe (7,3%) überlegen (p = 0,01). Dieser Vorteil trat speziell bei Erdnüssen und Eiern auf, insbesondere wenn sie in höheren Mengen konsumiert wurden. Bei den restlichen Nahrungsmitteln ergab sich allerdings kein signifikanter Unterschied. Ein Grund hierfür könnte das insgesamt geringere Auftreten dieser Allergien in der Bevölkerung sein [3].

Tipps für die Beratung

Grundsätzlich sollte Eltern von Säuglingen, die frühzeitig an Ekzemen oder an Hühnereiweißallergien leiden oder familiäre Dispositionen für Nahrungsmittelallergien aufweisen, nicht zu einem Zufüttern potenzieller Allergene geraten werden. Hier ist der Besuch beim Allergologen oder Kinderarzt zu empfehlen, um entsprechende Tests durchführen zu lassen [5]. Wenn Kinder aber keine erhöhte Prävalenz für Nahrungsmittelal­lergien aufweisen und auch der Erstkontakt mit beispielsweise Erdnüssen oder Eiern ohne Auffälligkeiten verlief, sollten diese Nahrungsmittel auch zukünftig nach Belieben verabreicht werden [6]. Ein grundloser Verzicht könnte Nahrungsmittelallergien sogar fördern.

Weitere Studien erforderlich

Nur 42,8% der Studienteilnehmer befolgten die anspruchsvollen Vorgaben der Zufütterung. Insbesondere die Verabreichung fester Nahrungsmittel wie Eier bereitete oftmals Probleme und wurde folglich gemieden. Allerdings kann nicht ganz ausgeschlossen werden, dass die Gabe der Nahrungsmittel auch aufgrund von tatsächlichen oder nur angenommenen Allergiesymptomen, die die Mütter bei ihren Kindern wahrgenommen haben, gestoppt wurde. Dies könnte zu einer Verzerrung der signifikanten Ergebnisse der Per-protocol-Analyse geführt haben, da das Auftreten weiterer Allergien so nicht in die Auswertung einfließen konnte [4]. In der Studie wurde versucht, diese Möglichkeit zu widerlegen. Allerdings wären weitere Studien sinnvoll, in denen die Nahrungsmittel in säuglingsgerechter Konsistenz oder zu einem späteren Zeitpunkt zugeführt werden. |

Quelle

[1] Du Toit G, et al. Randomized Trial of Peanut Consumption in Infants at Risk for Peanut Allergy. N Engl J Med 2015;372:803–813

[2] Du Toit G, et al. Effect of Avoidance on Peanut Allergy after Early Peanut Consumption. N Engl J Med 2016; doi: 10.1056/NEJMoa1514209

[3] Perkin MR, et al. Randomized Trial of Introduction of Allergenic Foods in Breast-Fed Infants. N Engl J Med 2016; doi: 10.1056/NEJMoa1514210

[4] Wong GWK. Preventing Food Allergy in Infancy – Early Consumption or Avoidance? N Engl J Med 2016; doi: 10.1056/NEJMe1601412

[5] National Institute of Allergy and Infectious Diseases, https://www.niaid.nih.gov/news/newsreleases/2016/Pages/LEAP-On.aspx, Zugriff am 15.4.2016

[6] „Ist ein Umdenken bei der Säuglingsernährung erforderlich?“, Pressemitteilung der Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie, Zugriff am 15.4.2016

Apothekerin Sabine Grygosch

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