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Ressentiments und Radikalisierung

Die „Mitte“-Studie 2016 der Uni Leipzig

Alle zwei Jahre befragen Forscher der Universität Leipzig eine re­präsentative Bevölkerungsgruppe nach ihren politischen Einstel­lungen. Die Ergebnisse für 2016 zeigen zwar keine Zunahme rechtsextremer Einstellungen, aber mehr Gewaltbereitschaft und eine stär­kere Polarisierung. Und: In der AfD haben die Rechtsextremen eine Heimat gefunden, so ein Fazit der aktuellen Studie. Auch bei Pegida-Anhängern ist das rechtsextreme Gedankengut stark ausgeprägt.

„Die enthemmte Mitte“ – unter diesem Titel wurde jetzt die neue Leipziger „Mitte“-Studie 2016 veröffentlicht. Die Langzeiterhebung findet seit 2002 statt und wurde zuletzt in Kooperation mit den Stiftungen der IG Metall, der Linken und der Grünen durchgeführt. Im Frühjahr wurden dazu 2420 Personen zwischen 14 und 93 Jahren befragt.

Rechtsextreme Einstellungen haben die Forscher mit je drei Aussagen zu den folgenden sechs Punkten ermittelt:

  • Befürwortung einer rechts­autoritären Diktatur,
  • Chauvinismus (übersteigerter Nationalismus),
  • Ausländerfeindlichkeit,
  • Antisemitismus,
  • Sozialdarwinismus,
  • Verharmlosung des National­sozialismus.

In weiteren Fragebögen wurde die Haltung zu Muslimen, Sinti und Roma, Asylbewerbern sowie zu Homosexuellen erfasst sowie nach Gewaltbereitschaft, Sexismus, Vertrauen in Einrichtungen und Organisationen u. a. gefragt.

Ergebnisse

Fast sieben Prozent der Befragten halten eine Diktatur unter bestimmten Umständen für die bessere Staatsform, in Ostdeutschland sind es sogar fast 14 Prozent. Einen „Führer, der Deutsch­land zum Wohle aller mit starker Hand regiert“, wünschen sich knapp elf Prozent, eine einzige starke Partei rund 22 Prozent (Ost: 25,5%).

Jeder Dritte hält Deutschland bereits für „in einem gefährlichen Maß überfremdet“ (Ausländerfeindlichkeit). Diese Einstellung ist in Ostdeutschland sogar noch häufiger.

Foto: karepa – Fotolia.com

Ist Deutschland überfremdet? In einer Umfrage war etwa jeder Dritte dieser Meinung.

Dass die Deutschen anderen Völkern von Natur aus überlegen sind, bejahen zwölf Prozent (Chauvinismus), und knapp zehn Prozent sind der Meinung, es gebe wertvolles und unwertes Leben (Sozialdarwinismus).

Dass NS-Verbrechen in der Geschichtsschreibung weit übertrieben wurden, bejahen über sechs Prozent, und gute Seiten am Nationalsozialismus sehen über acht Prozent.

Allen drei Aussagen eines Punktes stimmen zu (in %; gesamt, Ost, West):

Diktatur: 5,0; O 7,6; W 4,3

Chauvinismus: 16,7; O 14,2; W 17,4

Ausländerfeindlich: 20,4; O 22,7; W 19,8

Antisemitismus: 4,8; O 4,1; W 5,0

Sozialdarwinismus: 3,4; O 5,0; W 3,0

Verharmlosung NS: 2,1; O 1,4; W 2,2

Unterschiede gibt es auch bei den Altersgruppen. Dabei fällt insbesondere auf: 14- bis 30-jährige Ostdeutsche sind durchgängig rechtsextremer eingestellt als gleichaltrige Westdeutsche.

Rechtsextremes Gedankengut und Parteipräferenz

Die Teilnehmer wurden auch gefragt, welche Partei sie wählen würden. Dabei fällt auf, dass die Zustimmung zu rechtsextremen Haltungen bei Wählern bzw. Sympathisanten der AfD besonders hoch ist. Der Aussage „Durch die vielen Muslime hier fühle ich mich manchmal wie ein Fremder im eigenen Land“ stimmen 86 Prozent zu (SPD: 48; CDU/CSU: 46; FDP: 45; Linke: 38; Grüne: 25). Deutschland sei durch Ausländer gefährlich überfremdet, meinen 72 Prozent der AfD-Wähler (SPD: 32; FDP: 29; Union: 27; Linke: 16; Grüne: 16).

Von denjenigen, die allen 18 Aussagen zustimmen und damit als manifest rechtsextrem gelten, würden 35 Prozent die AfD wählen und knapp drei Prozent die NPD. 26 Prozent sind Nichtwähler. Auf die SPD entfallen immerhin 15 Prozent, auf CDU/CSU elf, Grüne vier und Linke drei Prozent.

AfD-Wähler neigen außerdem deutlich häufiger zu Gewaltbereitschaft und -akzeptanz als alle anderen: 49 Prozent akzeptieren Gewalt als legitimes Mittel bei Auseinandersetzungen, über 47 Prozent sind selbst gewaltbereit.

Pegida und rechtsextreme Einstellung

Untersucht wurde außerdem die Zustimmung zu den Zielen der Pegida-Bewegung je nach Parteipräferenz. Rund 70 Prozent der AfD-Wähler befürworten demnach die Ziele der „patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“. Bei den Nichtwählern sind es 30 Prozent und bei den Wählern aller anderen Parteien zwischen 15 und 20 Prozent. |

sjo

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