Arzneimittel und Therapie

Wechsel ist problemlos möglich

Unterschiede nur in der Galenik, nicht im Wirkstoff

Der Lieferengpass hochdosierter Pankreatin-Präparate wirft Fragen nach Alternativen auf, die Prof. Dr. med. Markus M. Lerch, Direktor der Klinik für Innere Medizin A an der Universitäts­medizin Greifswald und Leitlinienautor „Chronische Pankreatitis“ beantwortet.

Prof. Dr. med. Markus M. Lerch

DAZ: Was empfehlen Sie, wenn ein Pankreatin-Präparat mit 40.000 Einheiten nicht verfügbar ist?

Lerch: Es sollten dann mehrere niedriger dosierte Tabletten eingenommen werden, um auf die erforderliche Gesamtmenge von Enzymen zu kommen. Ein gesundes Pankreas produziert ungefähr 900.000 Einheiten Lipase. Bei Patienten mit Pankreasinsuffizienz ist oft die Gabe von 250.000 Einheiten ausreichend, um Symptome und Mangelzustände zu vermeiden. Oft reicht auch weniger, aber die Dosis ist für jeden Patienten eine individuelle. Ist die richtige Dosis einmal gefunden, sollte sie auch ungefähr eingehalten werden. 36.000 Einheiten statt 40.000 sind in der Regel kein Problem. Kommt es zu Symptomen wie Blähungen oder Fettstühlen, ist eine Dosiserhöhung pro­blemlos möglich.

DAZ: Kann zwischen den auf dem Markt befindlichen Präparaten bedenkenlos gewechselt werden?

Lerch: Ja, europaweit alle im Handel befindlichen Pankreatin-Präparate stammen von der Arzneisubstanz aus zwei deutschen Herstellungswerken. Sie unterscheiden sich nicht im Wirkstoff, sondern nur in der Galenik. Wird ein neues Präparat als weniger wirksam als das alte empfunden, sollte man die Dosis erhöhen.

DAZ: Ergeben sich Probleme beim Wechsel der Darreichungsform?

Lerch: Bei manchen Patienten muss das Pankreatin als Granulat eingenommen werden, weil sich die Kapseln nicht mehr im Magen auflösen können. Diese Patienten klagen dann gelegentlich, dass sich das Granulat zwischen den Zähnen festsetzen kann „wie Vogelfutter“. Wir empfehlen dann, das Granulat zum Beispiel in Joghurt einzunehmen.

DAZ: Welche Auswirkungen hat ein vorübergehendes Absetzen von Pankreatin-Präparaten?

Lerch: Meist leiden die Patienten dann sehr schnell an den Symptomen der Bauchspeicheldrüseninsuffizienz, wie Blähungen, Bauchschmerzen und fettigen Durchfällen. Der Gewichtsverlust, die Mangelernährung und die Vit­aminmangelfolgen stellen sich erst nach längerem Absetzen ein.

DAZ: Wie beraten Sie Patienten, die Produkte mit Schweinepankreatin aus religiösen Gründen ablehnen?

Lerch: Für Muslime gibt es eine Richtlinie im Koran (Sure 5, Vers 1), die besagt, dass bei medizinischer Notwendigkeit von den Speisevorschriften abgewichen werden darf. Dies gilt auch für die Einnahme von Arzneimitteln wie Pankreatin. Pankreatin kann leider bisher nur aus Schweinepankreas hergestellt werden. Pankreas vom Rind enthält praktisch keine Lipase und bietet sich deshalb als Quelle nicht an. Für Juden gelten ebenfalls Ausnahmen vom Verbot des Genusses von Schweineprodukten bei medizinischer Notwendigkeit, und der jeweilige örtliche Rabbiner kann hier bei Fragen von Betroffenen helfen. Ein rekombinant hergestelltes Pankreatin wäre sicherlich eine gute Alternative.

DAZ: Wie bewerten Sie Präparate mit fungalen Enzymen?

Lerch: Das von Pilzen produzierte Enzym Nortase® wird in Deutschland kaum eingesetzt, weil die enzymatische Aktivität und damit die Wirkung sehr viel geringer ist als bei Präparaten tierischen Ursprungs.

DAZ: Vielen Dank für das Gespräch! |

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