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Kiefer erteilt „OTC-Ampel“ eine Absage

Eröffnung des Winter-Pharmacon in Schladming

SCHLADMING (wes) | Seit Sonntag findet der alljährliche Winter-Pharmacon statt, nun zum zweiten Mal in der Steiermark. Auch in diesem Jahr wurde er vom Präsidenten der veranstaltenden Bundesapothekerkammer eröffnet. Dr. Andreas Kiefer ging dabei unter anderem auf das E-Health-Gesetz und den Medikationsplan ein. Der Forderung, Nutzenbewertung und Evidenz nicht-verschreibungspflichtiger Arzneimittel systematisch zu erfassen und den Apothekern zur Verfügung zu stellen, erteilte er eine Absage: Grundsätzlich sollten Apotheker evidenzbasiert beraten, so Kiefer, eine „OTC-Ampel“ könne jedoch nicht funktionieren.
Foto: WuV

Gegen „Listenmedizin“ Dr. Andreas Kiefer, Präsident der Bundesapothekerkammer, erteilte bei seiner Eröffnungsrede zum Winter-Pharmacon einer Liste, die Selbstmedikationsarzneimittel mit einem Ampelsystem bewertet, eine klare Absage.

Die Aufgabe der Apotheker ist es, auf den Patienten einzugehen, sie zu beraten, ihnen nicht zu schaden und vor allem, sie mit wirksamen Arzneimitteln zu versorgen, sagte der Präsident der Bundesapothekerkammer, Dr. Andreas Kiefer. Diese Wirksamkeit werde durch die Zulassung gewährleistet. Vor einer Nutzenbewertung der Selbstmedikationsarzneimittel nach deren Zulassung sollten sich die Apotheker jedoch hüten. Deswegen sei es auch richtig, dass die Leitlinien der Bundesärztekammer zur Selbstmedikation nur die Beratung des Patienten be­handelten und anders als die im ärzt­lichen Bereich nicht auch Wirkstoffe bewerten.

Diesen Nutzen bzw. den Evidenzgrad der Bewertung eines Arzneimittels gar plakativ in Form einer „OTC-Ampel“ darzustellen, ist in Kiefers Augen unmöglich. Schon das Beispiel der unterschiedlichen Bewertung von Nutzen bzw. Risiko der nicht-steroidalen Analgetika (NSAR) zeige, wie umstritten eine solche Bewertung sein könne – und jede Seite könne für ihre Argumente Untersuchungen mit guter Evidenz anführen. „Welche Farbe sollte die Ampel denn bei den NSAR haben?“, fragte Kiefer.

Generell sei er im Laufe seiner beruf­lichen Tätigkeit Listen gegenüber immer kritischer geworden. Eindrückliches Beispiel sei die Substitutionsausschlussliste. So richtig der Wunsch sei, bei kritischen Arzneimitteln den Austausch zu verhindern – „diese ­gut gemeinte Liste hat die Versorgung nicht verbessert, sie hat sie verschlechtert“, so Kiefer.

E-Health-Gesetz und Arznei­mitteltherapiesicherheit

Kiefer ging in seiner Eröffnungsrede auch auf das E-Health-Gesetz und den Umstand ein, dass die Apotheker den ab Oktober geplanten Medikationsplan nur ergänzen, nicht aber selbst erstellen sollen. Es sei allen Beteiligten bereits bei der Ausarbeitung des Perspektivpapiers klar gewesen, dass die Apotheker die Gesellschaft und die Politik von ihren neuen Zielen erst überzeugen müssen. Immerhin sei das Ziel der Arzneimitteltherapiesicherheit nun erstmals in ein Gesetz aufgenommen worden.

Der nun kommende Medikationsplan auf Papier werde eher ein „Medikationsplan zum Üben“, so Kiefer. Auf den Arbeitsalltag in der Apotheke werde das erst einmal keinen sonderlich großen Einfluss haben. Kiefer zeigte sich aber überzeugt, dass die Rolle der Apotheker beim Medikationsplan noch größer werden wird.

Verbunden damit gebe es einen klaren Auftrag an die Bundesapothekerkammer, für diese neue Dienstleistung die notwendigen Inhalte und Werkzeuge zur Verfügung zu stellen. Fortbildung sei ein wesentlicher Bestandteil davon.

Medikationsmanagement auf zwei Säulen

Um wirklich nutzbringend für die Patienten sein zu können, müsse der Medikationplan mehr sein als eine reine Auflistung der Arzneimittel. Er müsse das Resultat eines berufsübergreifenden Medikationsmanagements sein. Für Kiefer ist klar, dass diese berufsübergreifende Zusammenarbeit auf Augenhöhe stattfinden muss: „Es gibt keinen Vorrang der ärztlichen Tätigkeit vor der Information und Beratung durch Apotheker.“ Das Medikationsmanagement solle auf zwei Säulen stehen – Ärzten und Apothekern – und beide Säulen müssten angemessen vergütet werden. Wollten die Hausärzte das tatsächlich alles „komplettanamnestisch“ (Kiefer) selbst übernehmen, kämen sie wohl auch schnell an ihre Grenzen. Er halte es für den falschen Weg, immer weniger Hausarztpraxen immer mehr Aufgaben zuzumuten.

Die Arbeitsteilung zwischen Arzt und Apotheker entspreche dem „obersten Grundsatz der Qualitätssicherung“, so Kiefer: „Jeder soll das tun, was er am besten kann. Ärzte sind die Experten für die Diagnose und Therapie; Apotheker sind die Experten für Arzneimittelversorgung.“

Der „Winter-Pharmacon“

Der Winter-Pharmacon widmet sich in diesem Jahr den Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts. Die Veranstalter gehen davon aus, dass sich die Teilnehmerzahl im Vergleich zum Vorjahr erhöhen wird. 2015, als die Veranstaltung nach mehr als 40 Jahren im Schweizerischen Davos erstmals in Schladming stattfand, waren rund 700 Apothekerinnen und Apotheker in die Steiermark gekommen. Kiefer hob bei der Eröffnung besonders das gesunkene Durchschnittsalter der Teilnehmer hervor. Das gelte sogar, wenn man die zunehmende Anzahl Pharmaziestudierender herausrechne, die den Kongress mit Unterstützung ihrer Hochschule besuchen. |

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