DAZ aktuell

Wir brauchen echte Fachapotheker

Ein Gastkommentar von Holger Hennig

In der letzten Ausgabe der DAZ (DAZ 2016, Nr. 2, S. 20ff) haben wir ein Interview mit dem neuen Präsidenten der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft (DPhG); Prof. Dr. Stefan Laufer, veröffentlicht. Wir haben ihn darin gefragt, wie er die neue Ausrichtung des Apothekerberufs in Richtung Medikationsmanagement sieht, welchen Stellenwert er in diesem Zusammenhang der Klinischen Pharmazie beimisst und ob die Ausbildungsordnung geändert werden sollte. Die Klinische Pharmazie werde von der DPhG bereits seit Langem gefördert, meinte Laufer. Einen eigenen Lehrstuhl für Klinische Pharmazie an jedem Studienstandort nannte er wünschenswert, jedoch nicht zwingend notwendig. Eine Änderung der Ausbildungsordnung braucht es aus Laufers Sicht nicht. Holger Hennig, Direktor der Apotheke des Klinikums Stuttgart, sieht dies kritisch. Wir haben ihn um einen Gastkommentar gebeten, den wir nach­folgend veröffentlichen:

Holger Hennig, Direktor der Apotheke des Klinikums Stuttgart

Die letzte substanzielle Änderung unserer Approbationsordnung datiert auf das Jahr 2001, als – endlich – die Klinische Pharmazie Einzug in die Ausbildung der Apotheker fand. Das ist mittlerweile 15 Jahre her und die Bedeutung patientenbezogener Ausbildungsinhalte hat seitdem weiter zugenommen; die Fortschritte sind nicht nur in, sondern auch zwischen den pharmazeutischen Disziplinen rasant. Wenn Hochschullehrer behaupten, eine dahingehende Anpassung der Apothekerausbildung sei auch innerhalb der bestehenden Strukturen möglich, so müssen sie sich wohl die Frage gefallen lassen, warum sie dies nicht längst flächendeckend in adäquater Form tun. Das soll die Erfolge einzelner Institute nicht in Abrede stellen, beispielhaft sei auf die Kooperationseinheit Klinische Pharmazie in Heidelberg verwiesen. Es vermittelt jedoch den Eindruck von Besitzstandswahrung, ­bezüglich der Rahmenbedingungen auf dem Status quo zu beharren.

Der Bologna-Prozess hat in sehr vielen Studiengängen Einzug gehalten. Es ist legitim, dem für die Apothekerausbildung kritisch gegenüberzustehen, solange dies nicht dogmatisch geschieht.

Dass wir als Apotheker viele unterschiedliche Tätigkeitsfelder besetzen, ist gewiss einer der größten Vorzüge unseres Berufes. Allerdings benötigen diese Tätigkeitsfelder auch unterschiedliche Kompetenzen. Und es ist sowohl Aufgabe des Gesetzgebers wie auch der berufsständischen Selbstverwaltung, diese Kompetenzen zu definieren und die Wege zu bahnen, auf denen der Apotheker diese Fähigkeiten erwerben kann.

Das universitäre Studium ist dabei die Grundlage von allem. Aber muss nicht schon hier eine Differenzierung in Form von Schwerpunkten beginnen? Mit den Wahlpflichtfächern sind wir ja einen ersten kleinen Schritt in diese Richtung gegangen. Das praktische Jahr am Ende der Ausbildung bedarf dringend einer Strukturverbesserung! Beispielhaft hat hier die Landesapothekerkammer Baden-Württemberg ihr Konzept der „Akademischen Ausbildungsapotheke“ ­definiert. Dies gehört zum einen auf andere Ausbildungsstellen als die ­öffentlichen Apotheken ausgedehnt und zum anderen sollte die Ausbildung angehender Apotheker nur noch dort stattfinden, wo solche Standards erfüllt werden.

Auch nach Erhalt der Approbation hat der Apotheker die Möglichkeit, spezifische Kompetenzen im Rahmen der Weiterbildung zu erwerben. Hier ist wohl die Notwendigkeit inhaltlicher Reformen am größten und die Akademisierung dieser Struktur tut Not. Wir brauchen eine Fachapothekerschaft, die diesem Namen auch gerecht wird. Dabei sollten wir uns an der ärztlichen Weiterbildung orientieren. Und auch der Blick nach Europa ist hilfreich. Deswegen arbeiten wir Krankenhausapotheker derzeit an einem common training framework, um EU-weit zu vereinheitlichen, was der Krankenhausapotheker wissen und können muss – und wie er diese Fähigkeiten erwirbt. Hier werden wir die Hochschullehrer dringend brauchen, vor allem diejenigen, die als aktive Krankenhausapotheker zum Beispiel als teacher-practitioner etabliert sind.

Die Verantwortung für die Definition von Aufgaben, für die der Erwerb einer Fachapothekerqualifikation zwingend Voraussetzung ist, kann die Selbstverwaltung übernehmen. Tut sie es nicht, könnte der Gesetzgeber auf diese Idee kommen!

Holger Hennig
Klinikum Stuttgart, Apotheke
Kriegsbergstraße 60, 70174 Stuttgart
autor@deutsche-apotheker-zeitung.de


Das könnte Sie auch interessieren

Ein Gespräch mit dem neuen Präsidenten der DPhG über Inhalte und Zukunft der Apothekerausbildung

Anpassen statt erneuern

Ein Blick hinter die Kulissen eines Impfzentrums

Gut getaktet

ADKA-Präsident fordert Novellierung der ­Approbationsordnung für Apotheker

„Wir leisten uns den Luxus, am Bedarf vorbei auszubilden!“

Jaehde: Neue DPhG-Standards sind auch im Rahmen der bestehenden Approbationsordnung umzusetzen

Kreative Lösungen für die Klinische Pharmazie

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.