Arzneimittel und Therapie

Testosteron für den alternden Mann

Substitution hat nur bescheidenen Erfolg

Eine topische Testosteron-Substitution führte bei älteren Männern zu einer geringfügigen Verbesserung der Sexualfunktion, hatte aber keinen nennenswerten Einfluss auf Vitalität und Körperfunktionen, so das Fazit der ersten drei von sieben US-amerikanischen Studien zur Testosteron-Substitution bei alternden Männern.
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Die Abnahme der Testosteron-Konzentration bei alternden Männern ist ein physiologischer Vorgang, der mit sexuellen, vitalen und körperlichen Einbußen einhergeht. Es ist unklar, ob eine Substitution von Testosteron mit einem Benefit verbunden ist und in welchen Bereichen sich ein möglicher Nutzen zeigt. Mit dieser Fragestellung befassen sich auch das US-amerikanische Institute of Medicine (IOM) sowie die National Institutes of Health (NIH), die im Rahmen von sieben Studien den Einfluss einer Testosteron-Substitution bei alternden Männern untersuchen. Die Ergebnisse von drei Studien (Sexual Function Trial, Physical Function Trial, Vitality Trial), in denen der Effekt auf Sexualfunktion, Vitalität und körperliche Funktionen untersucht wurde, sind nun publiziert [1].

Sexuelle Aktivität erhöht

Für diese drei Studien wurden von über 50.000 gescreenten Männern 790 Probanden im Alter von über 65 Jahren ausgewählt, deren Testo­steron-Spiegel unter 275 ng/dl lag und die Symptome eines Androgen-Mangels aufwiesen. Sie erhielten ein Jahr lang entweder ein Placebo- oder ein Testosteron-haltiges Gel (AndroGel® 1%). Anschließend wurden Veränderungen im Hinblick auf sexuelle, vitale und physische Parameter bestimmt. Durch die Testosteron-Gabe erhöhten sich die Testosteron-Werte auf den mittleren Referenzbereich von 19- bis 40-jährigen Männern. In sexueller Hinsicht äußerte sich dies in einer signifikant erhöhten sexuellen Aktivität, vermehrten sexuellen Wünschen und einer verbesserten erektilen Funktion. Der Effekt auf die sexuelle Aktivität war allerdings moderat und ließ nach anfänglich positivem Effekt gegen Ende der einjährigen Behandlung wieder nach. Die Auswirkungen auf die körperlichen Funktionen waren schwach und zeigten nur eine Signifikanz, wenn die Ergebnisse aller drei Studien zusammengenommen wurden. Im Testosteron-Arm verbesserten 20,5% der Teilnehmer ihre Sechs-­Minuten-Gehstrecke um 50 Meter, im Placebo-Arm waren es 12,6%. Die Vitalität wurde durch die Testosteron-Gabe nicht signifikant beeinflusst, allerdings stuften die Probanden der Verum-Gruppe ihre Stimmung etwas besser ein und zeigten weniger ausgeprägte depressive Symptome als die Teilnehmer der Vergleichs-Gruppe. Die Rate unerwünschter Wirkungen war in beiden Gruppen ähnlich.

Kritische Stimmen

Die Veröffentlichung dieser Ergebnisse führte zu zahlreichen Kommentaren und kritischen Anmerkungen [2]. So wurde unter anderem der relativ kurze Zeitraum bemängelt, in dem unerwünschte Wirkungen nicht zuverlässig ermittelt werden können. Auch wurde darauf hingewiesen, dass die Mehrzahl der Probanden übergewichtig war und die Symptome eines Androgen-Mangels dem Übergewicht und nicht dem geringen Testosteron-Wert geschuldet seien. In anderen Leserbriefen wurde darauf hingewiesen, dass die kardiovaskuläre Sicherheit einer Testosteron-Substitution kontrovers beurteilt wird und der Einfluss auf kardiovaskuläre Risikofaktoren noch geklärt werden muss. |

Quelle

[1] Snyder P et al. Effect of testosterone treatment in older men. N Engl J Med 2016;374:611-624

[2] Testosterone treatment in older men. Correspondence. New Engl J Med 2016;375:88-90

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

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