Aus den Ländern

„Keine Zukunft ohne uns“

90 Jahre Deutscher Akademikerinnenbund – Neuer Arbeitskreis der Pharmazeutinnen

Anfang September hat der Deutsche Akademikerinnenbund (DAB) seinen 90-jährigen Geburtstag in Berlin gefeiert. Das Motto der Veranstaltung lautete „Keine Zukunft ohne uns“.

In ihrer Begrüßung berichtete die stellvertretende DAB-Vorsitzende Maria von Welser an einigen Beispielen, wie schlecht es Frauen außerhalb der EU geht. In der Türkei wurden nach dem Putschversuch 15 Universitäten geschlossen und 1700 Dekane zum Rücktritt aufgefordert. Alle türkischen Akademikerinnen im Ausland mussten auf Anweisung des Hochschulrates in die Türkei zurückkehren und dürfen nicht wieder ausreisen. Etwa 2000 Mitglieder des Vereins „Akademikerinnen für den Frieden“ wurden entlassen, angeklagt und sind zum Teil schon in Haft. Im Iran wurden ebenfalls Akademikerinnen verhaftet, und zwar wegen „versuchter feministischer Unterwanderung“.

Rita Süssmuth: Frauenrechte sind Menschenrechte

Die ehemalige Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth betonte in ihrem Grußwort, dass Frauenrechte Menschenrechte sind. Es sei viel erreicht worden, aber noch längst nicht genug. Gleichstellung wurde in Deutschland nur in die Praxis umgesetzt, wenn Druck ausgeübt wurde. So hat erst die Frauenquote (nach 30 Jahren Diskussion) den Frauen ermöglicht, in die entscheidenden Gremien hineinzukommen.

Süssmuth berichtete aus eigener Erfahrung: Von einer Frau in einem mehrheitlich mit Männern besetzten Gremium wird erwartet, dass sie möglichst schweigt. Macht sie den Mund auf, ist sie schnell unbeliebt. Ist sie nicht unbeliebt, ist sie entweder ein Genie oder hat nichts bewirkt.

Edelgard Bulmahn: Es bleibt noch viel zu tun

Auch die Bundestagsvizepräsidentin Edelgard Bulmahn mahnte in ihrem Grußwort an, dass in Deutschland noch sehr viel zur Gleichberechtigung zu tun sei. 2013 waren nur 23% der Leitungspositionen an den Hochschulen mit Frauen besetzt. Frauen bekommen immer noch 23% weniger Gehalt als Männer.

Christine Morgenstern überbrachte die Grüße von Familienministerin Manuela Schwesig und lobte den DAB als wichtigen Kooperationspartner für das inzwischen 30 Jahre alte Ministerium. Als Meilenstein der Frauen­rechte erwähnte sie die Änderung von Artikel 3 Grundgesetz vor zwölf Jahren: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“

Laut Morgenstern ist die Gleichstellung der Frauen ein Gradmesser der Gesellschaft und des Fortschritts. In der Gesundheitswirtschaft z. B. sind zwar drei Viertel der Beschäftigten Frauen, allerdings meist nur bis zum mittleren Management. Ganze 15% erreichen das Topmanagement.

Global sei noch viel mehr für die Gleichberechtigung zu tun. Es gebe keine nachhaltige Entwicklung eines Landes ohne Gleichberechtigung der Frauen. Daher fordert die UNO in ihrer Agenda 2030 „eine Welt, in der jede Frau und jedes Mädchen volle Gleichstellung genießt und in der alle rechtlichen, sozialen und wirtschaftlichen Schranken für ihre Selbstbestimmung aus dem Weg geräumt sind“.

Foto: DAB PHA
Die Physikprofessorin Maria Havenith-Newen (Mitte) erhielt den Sophie La Roche-Preis. Zu den ersten Gratulanten gehörten Edelgard Bulmahn (li.) und Maria von Welser.

Sophie La Roche-Preis für Maria Havenith-Newen

Zum dritten Mal hat der DAB den mit 2000 Euro dotierten Sophie La Roche-Preis verliehen. Sophie La Roche (1730 – 1807) war die erste finanziell unabhängige Berufsschriftstellerin in Deutschland und hat die erste deutsche Frauenzeitschrift „Pomona“ herausgegeben. Sie sagte: „Man muss den Menschen helfen, sich zu bilden, damit sie sich selbst helfen können.“

Die DAB-Vorsitzende Patricia Aden überreichte den Sophie La Roche-Preis an Maria Havenith-Newen, die seit 1998 Professorin für Physikalische Chemie an der Ruhr-Universität ­Bochum ist und sich für die Gleichberechtigung an Hochschulen einsetzt. Frauenförderung bedeutet für sie, ­Ungerechtigkeiten zu vermeiden.

Physik für Grundschüler

Während der Vorstellung verschiedener Aktivitäten des DAB sprach u. a. Maren Heinzerling über das Berliner Projekt „Zauberhafte Physik“ in Grundschulen. Wer auch bei Partys naturwissenschaftlich zaubern möchte, sollte sich unbedingt diese Homepage anschauen! Außerdem werden Helferinnen und Helfer gesucht, die das Programm in Willkommensklassen, nicht nur in Berlin, umsetzen können. Weitere Infos unter www.zauberhafte-physik.net.

Pharmazeutinnen im DAB: Arbeitskreis stellt sich vor

Annette Dunin v. Przychowski, Berlin, stellte den neuen Arbeitskreis der Pharmazeutinnen, DAB PHA, vor. Er setzt die Bestrebungen des aufgelösten Deutschen Pharmazeutinnen Verbandes fort, dessen Vermögen demnächst an den DAB überwiesen wird, und plant u. a.

  • die Weiterführung der europäischen Pharmazeutinnen-Treffen,
  • ein Mentorenprogramm für Studierende und Berufsanfängerinnen,
  • gemeinsame Workshops mit Akademikerinnen aus anderen Berufen,
  • Stellungnahmen zu Gesetzentwürfen im Gesundheitswesen,
  • die Motivierung von Pharmazeutinnen, sich intensiver mit dem Berufsstand zu beschäftigen und dafür zu engagieren,
  • die Unterstützung von Pharmazeutinnen, die Beruf, Familie und möglichst auch ein Ehrenamt unter einen Hut bringen wollen, und
  • Seminare zur Unterstützung für den Weg in die berufliche Selbstständigkeit.

Im DAB haben Pharmazeutinnen viele Möglichkeiten, ihre Karriere in einem großen Netzwerk von Akademikerinnen aus allen wissenschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Sparten zu fördern und ihren Horizont über die Pharmazie hinaus zu erweitern. Verschiedene Arbeitskreise, z. B. der Arbeitskreis Frauen in Naturwissenschaften und Forschung, bieten viele interessante Möglichkeiten, sich fortzubilden und gesellschaftlich zu engagieren. Werden Sie Mitglied! |

Annette Dunin v. Przychowski, DAB PHA, przychowski@web.de


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