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Arzneimittel und Therapie
Neue und alte Wirkstoffe gegen Zika
Emricasan und Niclosamid verhindern in vitro die Virusreplikation
Aktuell breitet sich das Zikavirus vor allem in Mittel- und Südamerika aus, doch aufgrund von Reisen in betroffene Gebiete sind seit Oktober 2015 auch in Deutschland über 150 Infektionen diagnostiziert worden. Die Symptome sind deutlich milder als bei anderen von Mücken übertragenen Erkrankungen und umfassen am häufigsten Hautausschlag, Kopf-, Gelenk- und Muskelschmerzen, Bindehautentzündung und Fieber. Eine Behandlung im Krankenhaus ist meist nicht erforderlich, jedoch kann eine Zikavirus-Infektion in der Schwangerschaft beim Kind im Mutterleib eine Mikrozephalie und andere Hirnfehlbildungen verursachen.
Das Rad nicht neu erfinden
Derzeit kann die Infektion nur symptomatisch mit schmerz- und fiebersenkenden Arzneimitteln, Ruhe und ausreichender Flüssigkeitszufuhr behandelt werden, was sich insbesondere in Bezug auf das hohe Risiko für das ungeborene Kind als unzureichend erweist. Die aktuelle Forschung konzentriert sich vorrangig auf die Entwicklung von Impfstoffen gegen das Zikavirus.
Forscher des National Center for Advancing Translational Sciences (NCATS) schlugen nun einen anderen Weg ein: Anders als die klassische Entwicklung von neuen Wirkstoffen zielte das NCATS mit dem Prinzip der „Umnutzung“ (eng. „Repurposing“) auf eine systematische Untersuchung bereits bekannter Wirkstoffe zur Anwendung in neuen Indikationsgebieten. Das Screening umfasste ungefähr 6000 bereits zugelassene oder in klinischer Prüfung befindliche Arzneistoffe. Hierbei wurden zwei Wirkstoffklassen gefunden, die potenziell die Infektion bzw. die damit einhergehende Hirnschädigung des Föten verhindern könnten.
Es handelt sich einerseits um Emricasan, einen Caspasen-Inhibitor, der sich derzeit in der Phase II der klinischen Prüfung zur Therapie von Lebererkrankungen befindet. Das grundsätzliche Wirkprinzip besteht in einer Caspasen-Hemmung, da das Zikavirus die Aktivität von Caspase 3 in Nervenzellen erhöht und diese damit schädigt.
Niclosamid, eigentlich ein Wirkstoff gegen Infektionen mit Bandwürmern, zeigte sich ebenfalls wirksam gegen das Zikavirus. Der antivirale Effekt wird durch die pH-neutralisierende Wirkung auf Endolysosomen und damit auf Mechanismen der Membranfusion erklärt – insgesamt auch wichtige Prozesse der Virusreplikation. Ein kombinierter Einsatz beider Wirkstoffe ergab zudem synergistische Effekte, was die Annahme unterschiedlicher antiviraler Wirkprinzipien für beide Arzneistoffe bestätigte.
Wie geht es weiter?
Nachdem die Wirksamkeit somit im Rahmen von In-vitro-Studien nachgewiesen werden konnte, müssen nun In-vivo-Studien folgen, um die beobachteten Effekte auch am Patienten nachvollziehen zu können. Für das in der klinischen Phase II befindliche Emricasan werden präklinische sowie klinische Toxizitätsstudien benötigt, um eine sichere Einnahme bei schwangeren Frauen zu verifizieren. Dagegen ist Niclosamid bereits auf dem Markt erhältlich und zeigte bisher keine mutagenen, teratogenen oder embryotoxischen Effekte. Eine Therapie von Schwangeren – abhängig vom individuellen Nutzen-Risiko-Verhältnis – wäre damit zur Not möglich, so die Autoren der Studie. Zumindest könnte in näherer Zukunft, durch Anwendung bei infizierten Männern und nicht-infizierten Frauen, die individuelle Viruslast reduziert und hierdurch Transmissionen bzw. Folgeerkrankungen durch das Zikavirus verhindert werden.
Sollte sich die Wirksamkeit von Niclosamid bzw. Emricasan am Menschen bestätigen, wäre dies als Erfolg für das Umnutzungs-Screeningverfahren zu werten, das sich zukünftig als zeitsparende und somit kostengünstige Alternative zur klassischen Arzneistofffindung etablieren könnte. |
Quelle
Xu M, et al. Identification of small-molecule inhibitors of Zika virus infection and induced neural cell death via a drug repurposing screen. Nat Med 2016;22(10):1101–1107
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