Aus den Ländern

Rx-Versandverbot gefordert

Bericht von der 16. Vertreterversammlung der LAK Baden-Württemberg

STUTTGART (diz) | Das EuGH-Urteil zu Apotheken-Boni, Wahlen zu Ausschüssen und Arbeitskreisen, der alte und der neue Haushalt sowie die neuen Umsatzsteuerbestimmungen für Körperschaften des öffent­lichen Rechts standen im Mittelpunkt der 16. Vertreterversammlung der LAK Baden-Württemberg, die am 16. November in den Räumen der Stuttgart IHK stattfand. Die Versammlung verabschiedete eine Resolution, die ein Verbot des Versands mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln fordert.

Das EuGH-Urteil zu Apotheken-Boni, Wahlen zu Ausschüssen und Arbeitskreisen, der alte und der neue Haushalt sowie die neuen Umsatzsteuerbestimmungen für Körperschaften des öffentlichen Rechts standen im Mittelpunkt der 16. Vertreterversammlung der LAK Baden-Württemberg, die am 16. November in den Räumen der IHK Stuttgart stattfand. Die Versammlung verabschiedete eine Resolution, die ein Verbot des Versands mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln fordert.

Resolution der LAK Baden-Württemberg

Arzneimittelpreisverordnung erhalten – Rx-Versand verbieten

Die Vertreterversammlung der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg ist entsetzt über das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 19. Oktober 2016. Demnach sind ausländische Versandapotheken, die verschreibungspflichtige Arzneimittel nach Deutschland versenden, nicht an die deutsche Arzneimittelpreisverordnung gebunden. Das Urteil stellt die bislang bewährte und zuverlässige Arzneimittelversorgung, 24 Stunden am Tag, infrage. Es steht für eine Politik, die sich nur von rein ökonomischen Zielen leiten lässt und dabei die Versorgungsqualität aus den Augen verliert.

Die vom Gesetzgeber erlassene Arzneimittelpreisverordnung hat das vorrangige Ziel, dass alle verschreibungspflichtigen Arzneimittel in allen Apotheken zum gleichen Preis erhältlich sind. Kranke Menschen sollen in ihrer Notlage keine Preise vergleichen müssen oder übervorteilt werden. Zudem ist dadurch gewährleistet, dass sich Apotheken keinen ruinösen Preiswettbewerb liefern, sondern den Wettbewerb untereinander in Form von Beratungsqualität austragen.

Arzneimittel sind Güter besonderer Art. Der Patient, der Medikamente benötigt, befindet sich häufig in einer Notlage und kann deshalb keine klassische Konsumentenentscheidung treffen. Der Apotheker als Heilberufler ist ethischen Ansprüchen und einer Berufsordnung unterworfen. Für ihn steht das Wohl des Patienten im Vordergrund, nicht die Profitmaximierung. Dieses System muss erhalten bleiben. Apotheken übernehmen mit dem Notdienst und der Rezepturherstellung Gemeinwohlpflichten, die ausländischen Versandapotheken hingegen nicht. In einem Preiswettbewerb können die Apotheken vor Ort nicht bestehen. Wir befürchten eine massive Verschlechterung der flächendeckenden Versorgungsqualität.

Versandapotheken können die persönliche Beratungsqualität in einer örtlichen Apotheke nicht erbringen. Sowohl der Gesetzgeber als auch die deutschen Gerichte wissen, dass die Arzneimittelpreisverordnung ein essenzielles Instrument zum Erhalt der bewährten Versorgungsstrukturen ist. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes ist ein Schlag ins Gesicht des deutschen Gesetzgebers und der deutschen Gerichte.

Um die Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln und die Arzneimittelsicherheit auf dem derzeit hohen Niveau zu erhalten und um das auf Solidarität basierende deutsche Gesundheitswesen nicht auszuhöhlen, fordert die Vertreterversammlung der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg ein Verbot des Versandes mit verschreibungspflichtigen ­Arzneimitteln. Wir rufen die baden-württembergische Landesregierung sowie alle baden-württembergischen Landtags- und Bundestagsabgeordneten auf, entsprechende politische Initiativen zu unterstützen.

Dr. Günther Hanke, Präsident der LAK Baden-Württemberg, appellierte an die Kammermitglieder, vor dem Hintergrund des EuGH-Urteils Geschlossenheit zu zeigen.

Die ABDA habe mit ihrer Öffentlichkeitsarbeit rasch auf das EuGH-Urteil reagiert, stellte Kammerpräsident Dr. Günther Hanke fest. Die Berichterstattung in den öffentlichen Medien fiel teils positiv aus, aber auch negative, gegen die Apotheken gerichtete Berichte fanden sich. „Der Bundesgesundheitsminister und der Bundesrat stehen erfreulicherweise auf der Seite der Apotheker“, so Hanke, „ebenso viele Gesundheitspolitiker der CDU.“ Auch die Linke und die FDP bekennen sich zum heutigen Apothekensystem. Widerstand komme teilweise von den Grünen, und: „Das Problem ist die SPD mit Karl Lauterbach“, brachte es Hanke auf den Punkt. Vor diesem Hintergrund appellierte er an alle, jetzt Geschlossenheit zu zeigen.

Um ein Zeichen nach außen zu setzen, beschloss die Vertreterversammlung einstimmig eine Resolution (siehe Kasten), mit der sie die Politik auffordert, den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu verbieten. In der Resolution heben die baden-württembergischen Apothekerinnen und Apotheker hervor, dass die Arzneimittelpreisverordnung ein essenzielles Instrument ist zum Erhalt der bewährten Versorgungsstrukturen. Einen Preiswettbewerb mit ausländischen Versandapotheken könnten die Apotheken vor Ort nicht bestehen. Daher befürchten sie eine massive Verschlechterung der Versorgungsqualität.

Fotos: S. Möbius, LAK Ba-Wü
Einstimmig nahm die Vertreterversammlung der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg eine Resolution an, mit der sie sich für ein Verbot des Versands von ­verschreibungspflichtigen Arzneimitteln aussprach.

Auch Kammergeschäftsführer Dr. Karsten Diers ging in seinem Bericht auf das EuGH-Urteil ein, das „alles über den Haufen geschmissen hat“. Die ABDA war „maximal überrascht“ von diesem Urteil, mit dem man so nicht gerechnet habe, so Diers, „aber sie hatte einen Plan B“. Als Stoßrichtung habe sich Baden-Württemberg dazu entschlossen, der ABDA-Lobbystrategie zu folgen und eine gemein­same Argumentationslinie zu entwickeln. Zur Positionierung gehört nun, den Mehrwert des einheitlichen Arzneimittelpreises zu kommunizieren als Steuerungsinstrument für die Politik, für Krankenkassen (über Rabatte und Zuzahlungen) und für die Apotheken zur Planungssicherheit. Ohne den einheitlichen Rx-Preis gäbe es irreversible Strukturschäden für die flächendeckende Versorgung. Die Arzneimittelpreisverordnung gilt als eine Säule der Versorgungssicherstellung. Mit dem Urteil habe sich der EuGH in die nationalen Regelungskompetenzen eingemischt. Juristisch könne man versuchen, eine Neuaufnahme des Verfahrens zu erreichen über in Deutschland anhängige Verfahren, so Diers, „ein juristischer Strohhalm“. Sollten Apotheken gegen die geltende Arzneimittelpreisverordnung verstoßen, zeige die Kammer allerdings „null Toleranz“.

Kammerjustiziar Uwe Kriessler ging in seinem Bericht kurz auf die Genese des EuGH-Verfahrens ein und erläuterte das Urteil. Der EuGH argumentiere, dass sich die Arzneimittelpreisverordnung stärker auf ausländische Apotheken auswirke als auf inländische. Die Notfallversorgung, die Anfertigung von Rezepturen oder die Abgabe von BtM seien Wettbewerbsvorteile der Präsenzapotheken. Er könne allerdings diese Ausführungen des Gerichts nicht nachvollziehen, so Kriessler. Bei diesem Urteil sei das Arzneimittel nur eine Ware wie jede andere.

Einen Überblick über die nach dem Urteil angelaufene Öffentlichkeitsarbeit gab Stefan Möbius, Pressesprecher der LAK. Zahlreiche Presseanfragen von Medien wurden beantwortet, es gingen Schreiben an alle zuständigen MdB und MdL, Anzeigen wurden geschaltet und Aktionsmaterialien versandt.

Rechnungsführer Dr. Peter Kaiser machte zu Beginn seines Berichts seinem Unmut über das Urteil Luft: „Wenn Medien und Kapital die inhabergeführte Apotheke zerschlagen haben und stattdessen Videoboxen und Versand die Päckchen hinwerfen, dann werden sie bemerken, dass es nie wieder ein so gutes System wie die Apotheke vor Ort geben wird.“ Zum Haushalt der Kammer: Er liegt sehr gut im Plan, der Voranschlag wurde bei den meisten Posten nicht ausgeschöpft. Überschreitungen seien notwendig geworden bei Brandschutzmaßnahmen für das Kammergebäude und für die Pflege und Anschaffung neuer Hard- und Software.

Silke Laubscher, Vizepräsidentin der LAK Baden-Württemberg, freut sich, dass die Zukunftswerkstatt fortgeführt wird.

Über ihre ersten Wochen als neu­gewählte Vizepräsidentin der LAK ­Baden-Württemberg berichtete Silke Laubscher. Mit dem EuGH-Urteil konfrontiert war dies „ein Sprung ins kalte Wasser“. Sie konnte berichten, dass die Zukunftswerkstatt als dauerhafte Einrichtung bei der Kammer fortgeführt wird: Hier diskutieren jüngere Apotheker über die Zukunft des Apothekerberufs. Auch das Projekt „Apotheke macht Schule“ wird fortgesetzt, „eine gute PR für Apotheker“, so Laubscher. Ihre zukünftigen Aufgaben als Vizepräsidentin: Vertretung der LAK in diversen Gremien, außerdem fungiert sie als Bindeglied zum LAV. Besonders am Herzen liege ihr die Fortbildung, insbesondere der Kongress in Heidelberg.

Ausschüsse und Arbeitskreise

Die Vertreterversammlung beschloss, den Ausschuss Qualitätssicherung aufzulösen, einen Ausschuss Krankenhauspharmazie einzurichten und erneut einen Arbeitskreis für Sucht und Suchtprävention zu bilden. Einen großen Teil des Sitzungstages beanspruchten die Wahlen für die Neubesetzung der Ausschüsse und Arbeitskreise. Das Interesse der Delegierten, hier aktiv mitzuarbeiten, war überaus groß. Die Ergebnisse der Wahlen:

Ausbildungsausschuss Hochschule: Tatjana Buck, Christine Bayer, Ines Winterhagen, Anke Röhr.

Ausbildungsausschuss PTA/PKA: Dietmar Sommer, Dr. Ulrich Maier, Dr. Sandra Barisch, Friederike Uhl.

Fortbildungsausschuss: Silke Laubscher, Andrea Litzinger, Frank Knecht, Prof. Dr. Dietmar Trenk, ­Almut Buchgeister-Volk, Dr. Dietmar Roth.

Weiterbildungsausschuss: Anke Bayer, Hans-Peter Eppler, Christine Bender-Leitzig, Ines Winterhagen.

Satzungsausschuss: Gunther Eiss, Thomas Luft, Jürgen Frasch, Andreas Buck.

Ausschuss für Krankenhauspharmazie: Tatjana Zambo, Dr. Ulrich Maier, Dr. Andrea Roth, Dr. Elfriede Nusser-Rothermund.

Arbeitskreis für Prävention, Umwelt und Verbraucherschutz: Dr. Armin Edalat, Rüdiger Balasus, Dr. Wolfgang Ullrich, Dr. Peter Kaiser.

Arbeitskreis für Sucht und Sucht­prävention: Bernhard Lobmeier, Philipp Böhmer, Dr. Nicola Hackmann-Schlichter, Dr. Ernst Pallenbach.

Rechnungsabschluss 2015 und Haushalt 2017

Christoph Gulde berichtete zum letzten Mal über das Ergebnis der Jahresrechnung und ihrer Prüfung. Der Vorstand sei, so Gulde, weder verschwenderisch noch geizig gewesen, „aber mit den immer vorsichtig aufgestellten Haushaltsplanungen, die immer Luft nach oben lassen (in diesem Jahr 4,1%) und den dadurch immer ausreichenden Mitteln auch nicht wirklich sparsam. Was der Vorstand umsetzen will, wird gemacht.“ Zu den Rücklagen: Sie summieren sich mittlerweile auf 7,535 Mio. Euro, fast die Höhe eines Haushalts. So seien im vergangenen Jahr rund 200.000 Euro für die EDV und 337.000 Euro für Zukunftspro­jekte neu in die Rücklagen eingestellt worden, „die Zukunft kann also kommen“, so Gulde.

Angesichts der umstrittenen Zins­politik der EZB habe die LAK Festgeldanlagen umgeschichtet in Beteiligungen und Wertpapiere, um wenigstens etwas Ertrag zu erwirtschaften. Dennoch: Nach Ansicht von Gulde spekuliere die Kammer hier nicht, die Anlagen seien konservativ, vertretbar und sinnvoll. Sein Fazit der Prüfung: „Die Finanzen der LAK sind auch im Jahr 5 meiner Berichterstattung mehr als geordnet. Die Gesamtrisiken sind bekannt und soweit beeinflussbar überschaubar“, so Gulde. Der Rechnungsabschluss 2015 wurde angenommen, Rechnungsführer und Vorstand für 2015 entlastet.

Dr. Peter Kaiser stellte den Haushaltsentwurf des Rechnungsjahres 2017 vor. In den Entwurf sind die Überlegungen eingeflossen, dass die Apothekenzahl insgesamt abnimmt, wobei die Zahl der größeren Apotheken zunimmt, die der kleineren sinkt. Und: die Mitgliederzahl steigt. Man habe daher die Beitragshöhe und den Hebesatz konstant gehalten. Die Summe aller Einnahmen belaufe sich auf 8,131 Mio. Euro. Höhere Ausgaben habe man für den Fortbildungskongress in Heidelberg veranschlagt, der in den kommenden zwei Jahren in der Stadthalle Heidelberg stattfinden wird. Auch die EDV-Ausgaben werden wohl leicht steigen. Sein Fazit: Der Haushalt bleibt ausgeglichen, der ­Hebesatz konstant, die Beiträge stabil. Die Kammer ist schuldenfrei, alle geplanten Projekte können durchgeführt werden.

Die Kammerbeiträge wurden festgesetzt auf 204 Euro/Jahr für Approbierte mit mehr als 21 Wochenstunden, auf 126 Euro/Jahr für Approbierte bis 21 Wochenstunden und auf 72 Euro für Approbierte, die älter als 65 Jahre sind oder Alters-, Erwerbs- oder Berufsunfähigkeitsrenten oder Versorgungsbezüge beziehen und den Apothekerberuf nicht mehr ausüben können. Als Umlage für Apotheken wurde der Hebesatz von 0,095% bei­behalten. Der Haushaltsplan wurde angenommen.

Umsatzsteuerpflicht der Kammer ab 2021

Nach neuester Rechtslage (Änderung des Umsatzsteuergesetzes) unterliegen auch Körperschaften des öffentlichen Rechts der Umsatzsteuer, wie Markus Ender von Ernst & Young erklärte. Das bedeutet, dass die Kammer umsatzsteuerpflichtig wird, wenn sie auf privatrechtlicher Basis tätig wird, aber nicht bei hoheitlichen Beistandsleistungen. Jeder Einzelsachverhalt wird gesondert zu prüfen sein, da bestimmte Tätigkeiten wie Fort- und Weiterbildung, da gemeinnützig, von der Umsatzsteuer befreit werden können. Aufgrund von Übergangsbestimmungen treten die neuen Regelungen allerdings erst 2021 in Kraft, wenn sich die Körperschaften für diese Übergangsbestimmungen aussprechen. Die Vertreterversammlung fasste diesen Beschluss und optiert dafür, die bis­herige Regelung für die Zeit 2017 bis Ende 2020 beizubehalten.

Unter dem Tageordnungspunkt „Anfragen“ teilte der Vorstand mit, dass man sich bereits mit dem Gedanken befasst habe, elektronische Abstimmungsgeräte anzuschaffen. Fraglich sei, ob alle denkbaren Abstimmungen damit erfasst werden können. Allerdings müsse die elektronische Abstimmung dann noch durch eine Satzungsänderung verankert werden.

Die nächste Sitzung findet am 5. Juli 2017 statt. |

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