Therapien im Gespräch

Nur keinen Schaden zufügen

Was für Mutter und Kind in der Schwangerschaft wichtig ist

du | Glaubt man den vielen Empfehlungen, die sich an Schwangere richten, dann können diese vieles falsch und nur wenig richtig machen. Zum Beispiel in Sachen Ernährung, Mikronährstoffversorgung und Selbstmedikation.

So ist die vegane Ernährung schwer im Trend. Für Aufsehen sorgte ein Fall aus den USA. Dort wurde eine Mutter wegen Kindswohlgefährdung angezeigt, weil sie ihren 11 Monate alten Nachwuchs nur mit Beeren und Nüssen ernährt hatte. Das Kind litt unter anderem an schwersten Entwicklungsstörungen.

Foto: Tracy H. Wright Photopgraphy – ingimage.com

Warnung vor veganer Ernährung

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung warnt vor einer veganen Ernährung in Schwangerschaft, Stillzeit und der Kindheit. Eine Unterversorgung mit Eisen, Calcium, Iod, Zink, Vitamin B2, Vitamin B12 und Vitamin D ist wahrscheinlich. Damit steigt das Risiko für Blutbildungs- und neurologische Störungen, mit Wachstumsver­zögerungen ist zu rechnen (DAZ 43, S. 45).

Folsäure und Iod substituieren

Umgekehrt wird oft eine unzureichende Versorgung mit Vitaminen und Mikronährstoffen in der Schwangerschaft für später auftretende Erkrankungen bei den Kindern verantwortlich gemacht, ohne dass dies erwiesen ist. Neben einer gesunden Ernährung sollte eine Supplementation von täglich 400 Mikrogramm Folsäure und 100 bis 150 Mikrogramm Iod ausreichend sein. Lässt sich der Eisenbedarf mit der Nahrung nicht decken, kann eine Eisensubstitution sinnvoll sein. Auch die Gabe von langkettigen Omega-3-Fettsäuren sollte in Betracht gezogen werden, wenn keine Meeresfische auf dem Speiseplan stehen (DAZ 20, S. 48).

Abraten oder zustimmen?

Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Verstopfung, Erkältungen, Kopfschmerzen, das sind Symptome, mit denen Schwangere oft die Apotheke aufsuchen. Ist eine Selbstmedikation angezeigt, empfiehlt Apotheker Dr. Armin Edalat folgendes Vorgehen:

  • Herausstellen des Symptoms mit dem größten Leidensdruck für die Schwangere.
  • Nicht-medikamentöse Maßnahmen vorziehen, die einen vergleichbaren Nutzen wie eine Arzneimitteltherapie aufbringen können.
  • Monopräparate mit einem klar definierten und gut erprobten Wirkstoff sind zu bevorzugen, Kombinationspräparate und pflanzliche Extrakte mit unbekannter Zusammensetzung sollten dagegen gemieden werden.
  • Dosierung nur so hoch wie nötig bzw. so niedrig wie therapeutisch möglich wählen.
  • Dauer der Anwendung möglichst kurz halten und auf den Schwangerschaftszeitpunkt achten: Der Einsatz im ersten Trimenon ist meistens kritischer als in den letzten beiden Schwangerschaftsdritteln (Ausnahmen sind aber z. B. NSAR).
  • Die topische Applikation ist häufig risikoärmer als systemische und gegebenenfalls vorzuziehen.
  • Bei Anzeichen von schwangerschaftsabhängigen Erkrankungen und Komplikationen sollte zu einem Arztbesuch geraten werden.

(DAZ 20, S. 54)

Krebs in der Schwangerschaft

Leiden Schwangere an chronischen Erkrankungen, so muss darauf geachtet werden, dass die Grunderkrankung der Mutter optimal behandelt wird, ohne dass das ungeborene Kind Schaden nimmt. Das ist oft genug eine Gratwanderung, aber auch bei schweren Erkrankungen wie Tumorerkrankungen nicht absolut ausgeschlossen. In den letzten Jahrzehnten ist die Zahl der schwangeren Krebspatientinnen kontinuierlich gestiegen. Am häufigsten treten Tumoren der Brust und der Gebärmutter, gefolgt von Melanomen und Krebserkrankungen des Blut- und Lymphsystems auf. Ebenfalls zugenommen hat die Zahl der Zervixkarzinome; ihre geschätzte Inzidenz liegt bei ein bis zwei Erkrankungen pro 1200 bis 10.000 Schwangerschaften, und somit betreffen etwa 3% aller neu diagnostizierten Zervixkarzinome schwangere Patientinnen. Allgemein gilt:

  • Eine chirurgische Entfernung des Tumors kann zu jedem Zeitpunkt der Schwangerschaft erfolgen (Ausnahmen sind Krebserkrankungen der Gebärmutter).
  • Eine Chemotherapie kann in der Regel ab dem zweiten Trimenon durchgeführt werden; die Auswahl einzusetzender Zytostatika ist allerdings begrenzt (keine neueren zielgerichteten Substanzen).

(DAZ 20, S. 37)

Die Therapie muss weitergehen

Oft genug setzen Frauen aus Sorge um ihr Kind für sie wichtige Medikationen in der Schwangerschaft eigenmächtig ab. So zum Beispiel Frauen, die unter Depressionen leiden. Einer Barmer-GEK-Studie zufolge soll mit Beginn der Schwangerschaft nur noch jede zweite Frau die antidepressive Therapie fortsetzen. Viele setzen die Medikation abrupt ab und laufen Gefahr, dass sich ihr Zustand rapide verschlechtert. Die Situation ist schwierig, denn kein Antidepressivum ist ausdrücklich zur Behandlung in der Schwangerschaft zugelassen. Eine individuelle Nutzen-Risiko-Abwägung durch den Arzt ist gefragt. Die überarbeitete S3-Leitlinie zur unipolaren Depression empfiehlt für den Fall, dass eine Therapie mit Antidepressiva während der Schwangerschaft fortgeführt werden soll, folgende Punkte zu berücksichtigen:

  • Eine Monotherapie mit der geringsten effektiven Dosis anstreben.
  • Ein regelmäßiges Monitoring der Wirkstoffspiegel durchführen.
  • Die Medikation nicht abrupt ab­setzen.

(DAZ 42, S. 32)

Ob und in welchem Maße das ungeborene Kind gefährdet ist, ist auch bei der Behandlung mit Antipsychotika unklar. Einer amerikanischen Studie zufolge scheint die Therapie mit Antipsychotika während der Schwangerschaft weitgehend unbedenklich zu sein. Einzige Ausnahme: Risperidon. Dagegen scheint die unbehandelte Grunderkrankung die Entwicklung des Kindes beeinträchtigen zu können (DAZ 34, S. 22).

Gestationsdiabetes und ...

Etwas 5% aller Frauen entwickeln während der Schwangerschaft einen sogenannten Gestationsdiabetes. Der gestörte Glucosestoffwechsel gefährdet Mutter und Kind gleichermaßen, oft genügt eine Lebensstilumstellung.Falls nicht, ist eine Therapie mit Insulin indiziert. Frühzeitig erkannt und gut eingestellt lassen sich Folgeschäden für das Kind minimieren (DAZ 20, S. 40).

... Präeklampsie

Gefürchtet ist auch eine Präeklampsie, bei der neben einem erhöhten Blutdruck eine Proteinurie und Organkomplikationen auftreten können. Sie gefährdet die Mutter, aber auch das fetale Wachstum kann beeinträchtigt werden. Über Hintergründe und Maßnahmen gegen diese und weitere hypertensive Störungen in der Schwangerschaft informiert unser Beitrag in DAZ 20, S. 31. |

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