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Gesundheitspolitik
Filialapotheken dürfen Rezepturen bündeln
Oberverwaltungsgericht Niedersachsen: Unzulässigkeit ist Frage des Einzelfalls
Die Landesapothekerkammer Niedersachsen hatte einem Apotheker nach einer Besichtigung seiner Betriebsräume im April 2013 untersagt, die in seinen drei Filialen anfallenden Rezepturen konzentriert in seiner Hauptapotheke herzustellen. Der Grund: § 17 Abs. 6c Satz 1 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) besagt, dass Apotheken von anderen Apotheken keine Arzneimittel beziehen dürfen. Diesem Grundsatz folgen allerdings einige Ausnahmen – so auch für den Fall, dass die Arzneimittel von Apotheken bezogen werden, für die dieselbe Betriebserlaubnis gilt, die also demselben Filialverbund angehören. Doch aus Sicht der Kammer ist diese Ausnahmevorschrift hier nicht einschlägig.
Das Verbot wollte der Apotheker nicht akzeptieren – und zog gegen den Bescheid seiner Aufsichtsbehörde vor Gericht. Erfolgreich. Das Verwaltungsgericht Osnabrück hob im August 2016 den Bescheid in diesem Punkt auf und ließ auch kein Rechtsmittel zu. Das lief der Kammer zuwider, sie beantragte, die Berufung zuzulassen. Um damit Erfolg zu haben, müssen besondere gesetzlich vorgegebene Gründe vorliegen und vorgetragen werden. Beispielsweise müssten ernstliche Zweifel bestehen, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts richtig ist oder die Rechtssache muss grundsätzliche Bedeutung haben. Die Landesapothekerkammer meinte, derartige Einwände geltend machen zu können – doch damit kam sie beim OVG nicht durch. Dieses hat nun in einem Beschluss klargestellt: Hat ein Apothekeninhaber die Erlaubnis zum Betrieb mehrerer Apotheken im Filialverbund, so kann er die Herstellung von Rezepturen in einer seiner Apotheken konzentrieren.
Keine einschränkende Auslegung des klaren Wortlauts
Das OVG sah keinen Grund für die Revision. Es zweifelt nicht an der Richtigkeit des vorinstanzlichen Urteils, das mit dem nun erfolgten Beschluss rechtskräftig geworden ist. Entgegen der Auffassung der Apothekerkammer lasse § 17 Abs. 6c Satz 2 Nr. 2 ApBetrO auch den Bezug von Rezepturarzneimitteln von einer Apotheke aus einem Filialverbund zu, sagt das OVG. Der Bezug von Arzneimitteln von Apotheken im Filialverbund gelte für alle Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelgesetzes – also Fertig-, Rezeptur- und Defekturarzneimittel. Durch die Verwendung des Begriffes „Arzneimittel“ in der besagten Norm sei es grundsätzlich möglich, in einem Filialverbund Rezepturarzneimittel zu beziehen und damit die Rezepturherstellung von Arzneien auf eine Apotheke zu verlagern sowie die Rezepturen dort schwerpunktmäßig herzustellen.
Für eine einschränkende Auslegung dieser Ausnahmevorschrift, dass Rezepturarzneimittel nicht umfasst seien, gebe es „keinerlei Anhaltspunkte“. Dies gebe weder der Wortlaut her, noch seine Entstehungsgeschichte.
Auch führe § 17 Abs. 4 ApBetrO – wonach Verschreibungen in „einer der Verschreibung angemessenen Zeit auszuführen“ sind – nicht zu einer einschränkenden Auslegung. Vielmehr würden dadurch Voraussetzungen festgelegt, unter denen im Einzelfall die schwerpunktmäßige Herstellung von Rezepturarzneien in einer Apotheke eines Filialverbundes zulässig ist. Hat die Herstellung der Rezeptur in einer entfernteren Apotheke des Filialverbundes etwa eine relevante und spürbare Verzögerung zur Folge, so läge ein Verstoß gegen § 17 Abs. 4 ApBetrO vor. Dies sei allerdings im Einzelfall zu beurteilen – vorliegend habe die beklagte Kammer einen entsprechenden Verstoß nicht vorgetragen.
Kein Widerspruch zur geforderten „Vollapotheke”
Auch die geforderte Ausstattung jeder Apotheke als sogenannte „Vollapotheke“, die personell und räumlich in der Lage sein muss, Rezepturen herzustellen, erfordert aus Sicht der Richter keine einschränkende Auslegung. Hier sei ebenfalls eine Einzelfallprüfung nötig – es sei die unternehmerische Entscheidung des Apothekeninhabers, trotz dieser notwendigen Ausstattung jeder seiner Filialen die Herstellung von Arzneien zu konzentrieren.
Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, die dringender fallübergreifender Klärung bedürfte, messen die Richter dem Fall ebenfalls nicht bei. An der Klärungsbedürftigkeit fehle es, „wenn sich die als grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Rechtsfrage auf der Grundlage des Gesetzeswortlauts nach allgemeinen Auslegungsregeln ohne weiteres beantworten lässt“, so das Gericht. Nicht ausreichend sei hingegen, dass die als grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage nur noch nicht höchstrichterlich entschieden ist. |
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