Recht

Probezeit

Was Apothekenleiter und -mitarbeiter wissen müssen

Arbeitgeber haben bei neuen Mitarbeitern ein Interesse, diese im Arbeitsalltag kennenzulernen. Dafür gibt es die sogenannte Probezeit. Gelegentlich ist sich der Arbeitgeber aber auch danach nicht sicher. Kann er die Probezeit verlängern? Was hat das für Folgen? Was ist bei Auszubildenden geregelt? Was ist mit Urlaubsansprüchen in der Probezeit? Worauf Sie in der Probezeit achten müssen, erfahren Sie jetzt. Von Björn Fleck

Arbeitnehmer und Arbeitgeber sollen sich in der Probezeit kennenlernen. Aus diesem Grund kann (muss aber nicht) vertraglich eine Probezeit vereinbart werden. Die Probezeit wird ausdrücklich in § 622 BGB aufgeführt und beträgt maximal sechs Monate. Eine kürzere Probezeit ist somit möglich. Noch während der Probezeit sollten sich der Arbeitgeber bzw. der Arbeitnehmer entscheiden, denn so lange gelten kurze Kündigungsfristen und einfachere -bedingungen. Das ­Arbeitsverhältnis kann mit einer Frist von zwei Wochen (auf den Tag genau) gekündigt werden. Eine Beendigung zum 15. oder zum Monatsende ist nicht erforderlich. Die Kündigung kann auch noch am letzten Arbeitstag erfolgen, selbst wenn dadurch der Vertrag erst im siebten Monat endet. Voraussetzung ist bei jeder Kündigung der Zugang. Die Praxis zeigt immer wieder, dass ein Zugang am letzten Kündigungstag oft misslingt.

Hinweis

Während der Probezeit ist die Kündigungsfrist verkürzt. Weiterhin kann das Vertragsverhältnis ohne Angabe von Gründen oder eine vorangegangene Abmahnung beendet werden (Ausnahmen siehe besonderer Kündigungsschutz).

Ist im Arbeitsvertrag eine längere Kündigungsfrist aufgeführt (z. B. „Die Kündigungsfrist beträgt einen Monat zum Monatsende“) und kein Hinweis auf eine kürzere Frist während der Probezeit, so gilt diese (vergleiche Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23. März 2017, Az. 6 AZR 705/15).

Für tarifgebundene Arbeitgeber und -nehmer gelten laut Bundesrahmentarifvertrag für Apothekenmitarbeiter (§ 19) die ersten drei Monate als Probezeit. Diese kann vertraglich auf bis zu sechs Monate verlängert werden. Während einer dreimonatigen Probezeit kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von einer Woche, im Übrigen mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.

Hinweis

Im Arbeitsvertrag muss auf die verkürzte Kündigungsfrist für die Probezeit bzw. auf die Regelungen des Tarifvertrags ausdrücklich hingewiesen werden.

Bei Auszubildenden beginnt das Ausbildungsverhältnis gesetzlich mit einer Probezeit von mindestens einem Monat, maximal jedoch von vier Monaten (§ 20 Berufsbildungsgesetz – BBiG). Die genaue Zeit muss vertraglich geregelt werden.

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Passe ich in dieses Team? Ob es für Arbeitnehmer und Arbeitgeber passt, kann die Probezeit zeigen. Doch welche rechtlichen Möglichkeiten bzw. Hürden gibt es für eine Verlängerung, wenn die vereinbarte „Kennenlernphase“ nicht ausreicht?

Was passiert nach der Probezeit?

Besteht das Arbeitsverhältnis mehr als sechs Monate, werden die Kündigungsfristen länger. Ebenso ist das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) anwendbar, wenn im Betrieb mehr als zehn Beschäftigte tätig sind. Dann ist nur eine begründete Kündigung (personen-, verhaltens- oder betriebsbedingt) möglich, teilweise mit vorheriger Abmahnung. Kündigt der Arbeitgeber erst dann, muss er mit einer Kündigungsschutzklage durch den Arbeitnehmer rechnen, die vor Gericht oft durch Zahlung einer Abfindung endet. Innerhalb der ersten sechs Monate oder wenn das KSchG keine Anwendung findet, bedarf es keiner Begründung.

Hinweis

Die Bezeichnung „Probezeit“ ist juristisch nur für die verkürzte Kündigungsfrist wichtig. Die Halbjahresfrist nach dem KSchG lässt sich nicht durch vertragliche Regelungen abändern.

Es gibt Arbeitgeber, die sehen wollen, wie sich ihre neuen Mitarbeiter nach bestandener Probezeit benehmen, und legen diese z. B. auf drei Monate fest. In diesem Fall genießt der Arbeitnehmer nach Ende der Probezeit noch keinen Kündigungsschutz. Eine Kündigung ist ohne Angaben von Gründen dann noch weitere drei Monate möglich. Der einzige Nachteil einer verkürzten Probezeit ist die längere Kündigungsfrist.

Einige Arbeitgeber setzen gezielt kürzere Fristen ein, um zu sehen, wie sich der Arbeit-nehmer nach der Probezeit verhält. Das Ende der Probezeit wird vom Mitarbeiter oft mit dem Kündigungsschutz gleichgesetzt.

Besonderer Kündigungsschutz

Bei Schwangeren besteht bereits während der Probezeit absoluter Kündigungsschutz. Laut Mutterschutzgesetz ist die Kündigung einer schwangeren Arbeitnehmerin unwirksam. Für schwerbehinderte Arbeitnehmer gilt der besondere Kündigungsschutz erst, wenn das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Kündigung ohne Unterbrechung länger als sechs Monate besteht. Es kommt somit nicht auf die Bezeichnung „Probezeit“ an.

Gibt es in einer Apotheke einen Betriebsrat, muss der Arbeitgeber auch diesen anhören, bevor er jemandem während der Probezeit kündigt. Unterlässt er dies oder ist die Anhörung fehlerhaft, ist die Kündigung unwirksam.

Befristetes Arbeitsverhältnis

Was aber machen, wenn die Probezeit nicht ausgereicht hat? Ist eine nachträgliche Befristung eine juristische Alternative? Die gelegentliche Überlegung, das Arbeitsverhältnis zu kündigen und einen befristeten Vertrag anzuschließen, ist rechtlich problematisch. Eine Befristung des Arbeitsverhältnisses auf maximal zwei Jahre ist zwar nach § 14 Abs. 2 S. 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) auch ohne sachlichen Grund möglich. Eine nachträgliche Befristung, nachdem zuvor schon ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat, ist aber gemäß § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG unzulässig und damit unwirksam. Der Arbeitnehmer könnte die Unwirksamkeit der Befristung bei Beendigung unproblematisch geltend machen.

Alternativ kann der Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag anbieten. Im Vertrag wird vereinbart, dass die Probezeit nicht bestanden wurde, der Arbeitgeber aber eine weitere Einarbeitungsphase gewährt. Der Zeitraum sollte ­maximal drei Monate betragen. Kann der Arbeitnehmer allerdings nicht überzeugen, riskiert er beim Arbeitslosengeld eine Sperrzeit. Anmerkung: Bei der Erstellung eines Aufhebungsvertrags muss juristische Hilfe hinzugezogen werden. Die Erstellung bedarf arbeitsrechtlicher Erfahrung mit dem Thema.

Anspruch auf Urlaub

Mit jedem Monat erwirbt der Mitarbeiter in seiner Probezeit 1/12 des Jahresanspruchs auf Urlaub, so auch nach dem Tarifvertrag (§ 11 Erholungsurlaub). Sind beispielsweise 30 Tage Urlaub im Jahr vereinbart (Tarifvertrag 33 Tage bei 6-Tage-Woche), besteht nach sechs Monaten ein Anspruch von 15 Tagen. Ein gesetzliches Verbot, dass innerhalb der Probezeit kein Urlaub genommen werden darf, existiert nicht. Der Arbeitgeber darf den Urlaub nur aus zwingenden betrieblichen Gründen verweigern, zum Beispiel wenn bereits viele andere Kollegen fehlen oder zum selben Zeitpunkt in Urlaub gehen wollen. Nimmt der neue Mitarbeiter während der ersten sechs Monate keinen Urlaub, kann dieser später nach­geholt werden. Nach Tarifvertrag (§ 18 Sonderzahlung) muss das Arbeitsverhältnis für einen Anspruch auf Sonderzahlung (Urlaubsgeld) länger als sechs Monate bestehen.

Erkrankung

Bei einer Erkrankung gibt es während der ersten sechs Monate keine Besonderheiten. Der Arbeitnehmer in der Probezeit muss sich genauso wie alle anderen Arbeitnehmer unverzüglich krankmelden und eventuell eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen. Einige Arbeitgeber fordern das Attest schon für den ersten Krankheitstag. Dies muss allerdings dann im Arbeitsvertrag so fest­gelegt sein.

Arbeitnehmer, die erkranken, erhalten bis zu sechs Wochen weiterhin ihren Lohn vom Arbeitgeber. Dies ist in der Probezeit nicht anders. Voraussetzung ist jedoch, dass der Arbeitnehmer bereits mindestens vier Wochen ohne Unterbrechung beim neuen Arbeitgeber beschäftigt war. Bei weniger als vier Wochen springt die Krankenkasse ein.

Fazit: Das Arbeitsverhältnis in den ersten sechs Monaten unterscheidet sich nicht wesentlich von einem Arbeitsverhältnis danach. Die Vereinbarung einer Probezeit hat Auswirkungen auf die Kündigungsfrist in den ersten sechs Monaten und kann vertraglich nicht verlängert werden. Es ist nicht möglich, dass sich an die Probezeit ein befristetes Arbeitsverhältnis anschließt. Nach Ablauf von sechs Monaten greift ggf. das Kündigungsschutzgesetz. Bei schwangeren Mitarbeiterinnen besteht ein generelles Kündigungsverbot ab dem ersten Tag. Darüber hinaus haben die „neuen“ Mitarbeiter die gleichen Rechte und Pflichten wie die übrigen. Dies gilt für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und ebenso für den Urlaubs­anspruch. |

Ass. jur. Björn Fleck M.A.


Ass. jur. Björn Fleck M.A. arbeitet als Jurist in Hannover und beschäftigt sich seit Jahren mit den rechtlichen Belangen der Werbung und des Vertriebs.

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