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Gesundheitspolitik
Gericht versagt BKK-Chef mehr Geld
Was ist eine „angemessene“ Vorstandsvergütung?
An der Spitze einer großen Krankenkasse ist der Verdienst in der Regel nicht schlecht. Jens Baas von der TK und Christoph Straub von der Barmer führten zuletzt das Ranking der bestverdienenden Kassenchefs an. Dabei kommt Baas, Chef der Kasse mit den meisten Versicherten bundesweit, auf mehr als 300.000 Euro im Jahr.
Doch auch Betriebskrankenkassen mit deutlich weniger Mitgliedern vergüten ihre Vorstände nicht gerade knapp. Im Fall der Schwenninger Betriebskrankenkasse, die 2016 rund 327.080 Versicherte zählte und eigenen Angaben zufolge zu den 20 größten bundesweit agierenden Kassen zählt, hat das LSG Stuttgart nun aber die Bremse gezogen.
Grund- und Zusatzvergütung
Die Kasse wollte ihrem Vorstand nämlich deutlich mehr als die jährliche Grundvergütung von 152.600 Euro zahlen. Ende 2015 legte sie dem Bundesversicherungsamt (BVA), ihrer Aufsichtsbehörde, daher einen „Zusatzvertrag zum Dienstvertrag über zusätzliche Vergütungsbestandteile“ ihres Vorstands zur Genehmigung vor. Dazu sind die Kassen per Gesetz verpflichtet. Vorgesehen waren: ein Zusatzfixum im Dezember (2400 Euro), eine variable Zusatzvergütung bis maximal 31.000 Euro (Zielerreichungsprämie), ein Dienstwagen, Leistungen der betrieblichen Altersvorsorge und eine Unfallversicherung. Zusammen mit der Grundvergütung summierte sich das Gehalt auf diese Weise auf 217.252 Euro.
Laut § 35a Abs. 6a SGB IV – einer 2013 eingeführten Regelung – hat die Vergütung der Mitglieder des Vorstandes einer Krankenkasse „in angemessenem Verhältnis zum Aufgabenbereich, zur Größe und zur Bedeutung der Körperschaft zu stehen. Dabei ist insbesondere die Zahl der Mitglieder der Körperschaft zu berücksichtigen.“
BVA verweigert Zustimmung
Das BVA fand, mit den beabsichtigten zusätzlichen Vergütungsbestandteilen habe die Schwenninger den Rahmen des Zulässigen deutlich überschritten. Es verweigerte die Zustimmung. Daraufhin erhob der Verwaltungsrat, der den neuen Vertrag von Vorstands-Chef Gänsler vorher so beschlossen hatte, Klage auf Erteilung der Zustimmung. Er argumentierte, dass die Verdienstmöglichkeiten in privaten Versichertengesellschaften und der Privatwirtschaft im Gesundheitswesen als Vergleichsmaßstab heranzuziehen seien.
LSG: Vergleich mit Privatwirtschaft nicht sachgerecht
Die Stuttgarter Richter befanden einen Vergleich mit Strukturen der Privatwirtschaft jedoch nicht für sachgerecht. Das beitragsfinanzierte System der gesetzlichen Krankenversicherung beruhe schließlich auf dem Solidarprinzip und unterscheide sich damit fundamental von den Strukturen gewerblicher Wirtschaft. Anders als bei privatwirtschaftlichen Unternehmen sei der Erfolg der Krankenkassen nicht am wirtschaftlichen Gewinn zu messen, sondern daran, ob die gesetzlichen Aufgaben ordnungsgemäß unter sparsamer Verwendung der Beitragsgelder und Steuermittel erfüllt würden.
Maßgeblich für die Bewertung einer „angemessenen“ Vergütung sei vielmehr der Vergleich der Vorstandsvergütungen von Krankenkassen mit jeweils vergleichbarer Größe. Kriterium ist also in erster Linie die jeweilige Versichertenzahl. Bei diesem Vergleich kam das Gericht zu dem Ergebnis: Gesetzliche Krankenkassen mit einer vergleichbaren Größe haben im Jahr 2015 im „Mittelmaß“ jährliche Vorstandsvergütungen in Höhe von 159.500 Euro gezahlt. Durch die zusätzlichen Vergütungsbestandteile im Zusatzvertrag werde dieses Maß „mehr als deutlich überschritten“ – und zwar um 36 Prozent. Ziehe man zum Vergleich zudem die Kassen heran, deren Vorstände eine dem BKK-Vorstand entsprechende Vergütung erhalten, zeige sich, dass diese über 50 Prozent mehr Mitglieder hätten.
Die Schwenninger verteidigt die Gehaltserhöhung ihres Vorstandschefs – und letztlich geht es ihr um mehr. Sie will grundsätzlich klären, wie der Begriff „angemessen“ zu interpretieren ist. Dazu erklärte die Kasse: „Was ist konkret darunter zu verstehen und woran hat sich eine angemessene Vergütung zu orientieren? Es ist unser erklärtes Ziel, Rechtssicherheit für alle Beteiligten herzustellen: für die Verwaltungsräte als Entscheider, für das BVA als Aufsichtsbehörde und für die Vorstände als Vertragspartner.“ |
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