Gesundheitspolitik

Klinikapotheken dürfen abkassieren

Zytostatika-Zubereitungen für PKV-Versicherte können mehr kosten

BERLIN (ks) | Krankenhausapotheken dürfen auch Privatver­sicherte ambulant mit Zytostatikazubereitungen versorgen. Dabei sind sie nicht an die Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) gebunden. Sie dürfen daher sogar höhere Preise als öffentliche Apotheken berechnen. Das hat das Landgericht Bremen entschieden. Der PKV-Verband ist alarmiert. (Urteil des LG Bremen vom 12. August 2016, Az.: 4 O 964/15)

Wenn Krankenhausapotheken Arzneimittel abgeben, sind sie von den Preisen und Spannen, die die AMPreisV vorgibt, ausgenommen. Das soll ihnen insbesondere einen günstigen Einkauf ermöglichen. Doch geben sie Arzneimittel für die ambulante Versorgung ab, war es bislang Praxis, bei Beihilfe­berechtigten und Privatpatienten die AMPreisV als Obergrenze der Abrechnung anzuerkennen.

Ein Bremer Krankenhausträger meinte allerdings, er könne auch mehr verlangen. In drei onkologischen Behandlungsfällen rechnete er insgesamt über 213.000 Euro für Chemotherapien ab, für die öffentliche Apotheken 43.500 Euro weniger hätten berechnen dürfen – denn sie sind an die Vorgaben für die Zuschläge nach § 5 Abs. 6 AMPreisV gebunden.

Die private Versicherung hatte zunächst die von ihren Versicherten beglichenen Rechnungen übernommen. Doch bei einer späteren „Intensivprüfung“ stellte sie fest, dass die Preise weit über der AMPreisV lagen. Die Versicherung ließ sich Rückforderungsansprüche von ihren Versicherten abtreten und klagte gegen den Krankenhausträger. Sie machte einen zivilrechtlichen Anspruch aus ­ungerechtfertigter Bereicherung geltend – und klagte sogar die ganze Summe für die Zyto-Zubereitungen ein. Denn der Versicherer vertrat die Auffassung, die Krankenhausapotheke hätte gar keine Zytostatika an privat versicherte Patienten abgeben dürfen. Die Regelung des § 14 Abs. 7 Satz 2 Apothekengesetz, welche die Abgabe von Medikamenten an Patienten im Rahmen der ambulanten Behandlung im Krankenhaus ausnahmsweise zulasse, beziehe sich nur auf gesetzlich Versicherte. Sollte das Gericht das anders sehen, forderte die Versicherung zumindest den Differenzbetrag zwischen dem in Rechnung gestellten und dem Betrag, den eine Offizinapotheke hätte verlangen können.

Doch das Landgericht wies die Klage mit wenigen Sätzen ab. Es stellt zunächst klar, dass die Krankenhausapotheke die Versorgung habe übernehmen dürfen. Dem Apothekengesetz sei eine Differenzierung zwischen der Versorgung privat und gesetzlich Versicherter fremd. Aber auch die Preisfestsetzung durch die Beklagte sei nicht zu beanstanden. Dazu heißt es knapp, aber deutlich: „Die Begrenzung der Apothekenzuschläge des § 5 Abs. 6 AMPreisV gilt gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 1 AMPreisV nicht für Krankenhausapotheken. In Anbetracht dieser klaren gesetz­lichen Anordnung ist kein Raum für eine Analogie. Die Beseitigung der vom Kläger beklagten Ungleichbehandlung von Offizinapotheken und Krankenhausapotheken müsste, soweit gewollt, durch den Gesetzgeber erfolgen.“

Zwar ist gegen das Urteil Berufung eingelegt. Dennoch hat der Verband der Privaten Krankenversicherung die Entscheidung genutzt, um in seiner Stellungnahme zum Arzneimittelversorgungs­stärkungsgesetz eine Klarstellung in der AMPreisV zu fordern. Das ursprünglich vom Gesetzgeber ­bezweckte Privileg der Krankenhäuser, Arzneimittel günstig einzukaufen, werde mit dem Bremer Urteil „pervertiert“. Es sei davon auszugehen, dass der Fall schnell von anderen Krankenhäusern aufgegriffen werde.

Seitens des Bundesgesundheits­ministeriums hieß es, es werde die Entwicklung im Blick behalten. Jetzt will man erst einmal abwarten, wie die nächste Instanz entscheidet. |

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.