Gesundheitspolitik

Heilberufler wehren sich gegen EU-Dienstleistungspaket

EU-Parlamentarier sollen Ausnahmeregelung für Gesundheitsbereich treffen

BERLIN (bro) | Erneut könnte eine Entscheidung auf EU-Ebene die Apotheker verärgern. Die EU-Kommission plant nämlich ein sogenanntes Dienstleistungspaket, nach dem nationale Reglementierungen bei freien Berufen künftig mit dem Rest Europas abgestimmt werden sollen.

Gegen diese Neuregelung laufen Freiberufler in Deutschland schon seit Monaten Sturm. Nun ist das EU-Gesetzgebungsverfahren in der heißen Phase, derzeit werden Änderungsanträge erstellt, am 5. September soll sich der Binnenmarktausschuss des Europaparlamentes mit dem Thema befassen und alle Änderungsanträge prüfen. Die ABDA hat sich daher mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, der Bundesärztekammer, der Bundeszahnärztekammer, der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung sowie der Bundes-Psychotherapeutenkammer zusammengetan und alle Ausschussmitglieder angeschrieben. Das Ziel dieser Aktion ist, eine Ausnahmeregelung für den Gesundheitsbereich zu erwirken.

Die EU-Kommission möchte mit dem Dienstleistungspaket den Waren-, Kapital- und Dienstleistungsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten vereinfachen. Im Januar hat die Kommission dazu ihren Richtlinienvorschlag vorgelegt. Dieser zielt darauf ab, es Unternehmen und Freiberuflern leichter zu machen, Dienstleistungen in der gesamten EU zu erbringen.

© Kai Felmy

Eine der Maßnahmen des Paketes ist der „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer Berufsreglementierungen“. Er bezweckt, EU-weite Maßstäbe für die Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer nationaler Berufsregulierungen oder vor Änderungen bestehender Regelungen festzulegen. Denn bislang ist die Prüfung dieser Regulierung in den Mitgliedstaaten uneinheitlich. Dazu erklärt die Kommission, dass etwa 50 Millionen Menschen in Berufen arbeiten, deren Ausübung an den Besitz bestimmter Qualifikationen gebunden ist oder in denen das Führen eines bestimmten Titels geschützt ist. Dazu zählen auch Freiberufler wie Apotheker.

Für eine Reihe von Berufen, z. B. im Gesundheitsbereich, sei diese Reglementierung häufig gerechtfertigt, räumt die Kommission ein. Doch es gebe auch zahlreiche Fälle, in denen durch „übermäßig umständliche und nicht mehr zeitgemäße Vorschriften“ qualifizierten Bewerbern der Zugang zu Berufen unverhältnismäßig erschwert werde. Das will die Kommission ändern.

EU nicht zuständig für Reglementierung freier Berufe

Dabei räumt sie ein, dass die EU für die Reglementierung oder Liberalisierung freier Berufe nicht zuständig ist – dies sei nach wie vor ein Vorrecht der Mitgliedstaaten. Allerdings, so die Kommission, müsse ein Mitgliedstaat nach EU-Recht nachweisen, dass neue nationale Vorschriften für Freiberufler notwendig und angemessen sind.

Da sich am 5. September der Binnenmarktausschuss des Europaparlaments mit dem Thema befassen und alle Änderungsanträge prüfen soll, haben ABDA, Kassenärztliche Bundesvereinigung, Bundesärztekammer, Bundeszahnärztekammer, Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung sowie Bundes-Psychotherapeutenkammer gemeinsam alle Ausschussmitglieder angeschrieben. In dem Brief werben sie für eine Ausnahmeregelung für den Gesundheits­bereich: „Mit einer solchen Ausnahme würde die besondere Si­tuation dieser Berufe und des Gesundheitswesens allgemein aus­drücklich an­erkannt und eine kohärente Regelung mit der Dienstleistungsrichtlinie 2006/123/EG erreicht.“

Die Heilberufler-Gemeinschaft betont, dass es bereits viele EU-Abgeordnete gebe, die ihre Änderungs­vorschläge unterstützen, aber nach wie vor „einige Gegenstimmen“. Daher haben die Kammern und Verbände gemeinsam ein Argumentationspapier erstellt und den Politikern nun zugeschickt.

Darin heißt es, dass der jetzige Vorschlag nicht nur keinen Vorteil gegenüber der bestehenden Richtlinie biete, sondern sogar konträre Elemente. Außerdem seien die Mitgliedstaaten bereits seit 2013 dazu verpflichtet, die Verhältnismäßigkeit berufsrechtlicher Regulierungen zu überprüfen. Die „Anwendung der Grundsätze der Nichtdiskriminierung, der Geeignetheit und der Erforderlichkeit sind bereits heute gegeben und werden auch auf die Heilberufe angewendet. Auch hier bildet der vorliegende Richtlinienvorschlag keine Verbesserung“, so die Stellungnahme. |

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