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Wirtschaft
Was bringt die PKV den Apotheken?
Eine wirtschaftliche Analyse
Die Bertelsmann-Stiftung hat kürzlich vorgeschlagen, die Beihilfe für privat versicherte Beamte abzuschaffen und diesen Personenkreis in die GKV aufzunehmen. Bis zum Jahr 2030 könnten Bund und Länder damit 60 Milliarden Euro einsparen, heißt es in der Studie. Allerdings wurde nicht untersucht, wie dies rechtlich durchsetzbar wäre, was mit den Altersrückstellungen der Versicherten geschehen sollte und wie die Einnahmeausfälle der Leistungserbringer kompensiert werden könnten. Hier soll es um die Frage gehen, wie sich das untersuchte Szenario auf die Apotheken auswirken würde.
Mehr Kassenabschlag
Die Bertelsmann-Stiftung geht in ihrer Studie davon aus, dass 88 Prozent der derzeit privat versicherten Beamten in die GKV wechseln würden, wenn die Beihilfe wegfiele. Nach Angaben des Verbandes der PKV sind 48,8 Prozent der PKV-Versicherten beihilfeberechtigt (Stand 2015). Das sind etwa 4,3 Millionen Personen. 88 Prozent davon wären 42,9 Prozent der derzeitigen PKV-Versicherten. Im Jahr 2015 zahlte die PKV 2,86 Mrd. Euro für Arznei- und Verbandmittel. Dem steht ein Arzneiverordnungsvolumen von 40,9 Mrd. Euro in der ABDA-Statistik gegenüber. Der PKV-Anteil am Verordnungsvolumen ist demnach grob auf 7,0 Prozent zu schätzen. Wenn dies auch für die packungsbezogene Verteilung gilt, geben die Apotheken jährlich 52,4 Millionen Rx-Packungen zulasten der PKV ab. Wenn davon 42,9 Prozent, also 22,5 Millionen Packungen, in die GKV verlagert würden, hätten die Apotheken 33,3 Millionen Euro netto zusätzlich als Kassenabschlag zu leisten. Pro Apotheke wären das durchschnittlich knapp 1700 Euro weniger Rohertrag, die unmittelbar das Betriebsergebnis vermindern.
Weniger verordnete OTCs
Außerdem würden die Apotheken Umsätze mit nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln verlieren, die von der PKV, aber nicht von der GKV erstattet werden. Die verordneten OTC-Arzneimittel machen immerhin 2,3 Prozent des Apothekenumsatzes aus. Da die GKV solche Arzneimittel nur für Kinder und bei wenigen Indikationen zahlt, ist die PKV daran überproportional beteiligt. Die Erfahrungen seit 2004 lassen erwarten, dass viele Patienten solche Arzneimittel nicht aus eigener Tasche bezahlen würden. Wenn die Apotheken daraufhin 0,2 Prozent ihres Umsatzes verlieren würden, ginge der Rohertrag um weitere gut 1000 Euro pro Apotheke zurück.
Weniger Inkassoprobleme
Im Gegenzug hätten die Apotheken bei diesem Szenario einige Probleme weniger im Umgang mit hochpreisigen Arzneimitteln für Selbstzahler. Umständliche Vereinbarungen mit den Patienten über die Zahlungsabwicklung, Einzelabrechnungen mit privaten Krankenversicherungen, die aufwendige Kontrolle des Zahlungsverkehrs und Sorgen über die mögliche Zahlungsunfähigkeit eines Kunden würden sich erübrigen. Mit der steigenden Zahl hochpreisiger Arzneimittel wird dies immer bedeutsamer, aber diese Kosten lassen sich schwer beziffern. Solange es noch eine PKV und andere Selbstzahler gibt, würden sich diese Kostenaspekte auch nicht erledigen, sondern nur vermindern.
Deutliche Einbuße
So stünde einer zu erwartenden Rohertragseinbuße von knapp 3000 Euro pro Apotheke und Jahr eine kaum bezifferbare Einsparung bei der Finanzierung und in der Organisation gegenüber. Zum Vergleich sei daran erinnert, dass Apotheken durchschnittlich etwa 5000 Euro pro Jahr aus dem Nacht- und Notdienstfonds erhalten. Dafür wurde jahrelang mit der Politik gerungen.
Die hier zu erwartende Einbuße würde eine wirtschaftlich gesunde Apotheke nicht ruinieren, aber sie würde sich in die Vielzahl der Belastungen einreihen, die in ihrer Summe die Ertragskraft der Apotheken aushöhlen. Apotheken mit hohem PKV-Anteil am Umsatz wären davon überproportional betroffen. An wirtschaftlich schwachen Standorten mit ungünstiger Versorgungsstruktur haben Apotheken jedoch eher einen großen GKV-Anteil am Umsatz. Daher würde die untersuchte Einschränkung der PKV wahrscheinlich nicht unmittelbar zur Schließung besonders versorgungsrelevanter Apotheken führen. Bei einer kompletten Umwandlung der PKV in die GKV wären die Einbußen allerdings deutlich stärker als hier kalkuliert.
Kompensation nötig
Grundsätzlich wird hier deutlich, dass das bei den Kostenträgern möglicherweise einzusparende Geld irgendwo im System fehlen würde. Das Geld, das den Apotheken entzogen würde, stünde dann nicht mehr zur Verfügung, um die Infrastruktur der Apotheken an neue Anforderungen anzupassen. Wenn die laufenden Kosten und der persönliche Bedarf des Apothekenleiters feststehen, gehen solche Einbußen zuerst zulasten der Investitionen. Darum müssten die Apotheken eine Kompensation für die Einbußen erhalten, die sich aus einer Strukturentscheidung ergeben, die nichts mit der Arzneimittelversorgung zu tun hat. Entsprechendes würde für alle anderen Leistungserbringer gelten, die die Mittel aus der PKV für ihre Finanzierung benötigen. Die Ärzte dürften davon weit mehr betroffen sein. Mit diesen Kompensationen darf allerdings bezweifelt werden, dass sich die Verlagerung von Versicherten aus der PKV in die GKV für irgendjemanden rechnen würde. |
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