Wirtschaft

Zur Rose auf Shopping-Tour

DocMorris-Mutter sucht Übernahmekandidat / Wie soll das rechtlich funktionieren?

BERLIN (ts) | Nach der Übernahme der Europa Apotheek Venlo durch die niederländische Shop Apotheke erhöht sich der Druck auf die DocMorris-Mutter Zur Rose, ebenfalls weiter zu wachsen. Doch welchen deutschen Versender könnte der Schweizer Konzern übernehmen und wie soll das rechtlich funktionieren?

Bereits Anfang Juni kündigte Zur Rose an, eine „aktive Rolle in der Marktkonsolidierung einnehmen“ zu wollen. Man habe mit dem Eigentümer einer auf rezeptfreie Medikamente fokussierten deutschen Versandapotheke eine Absichts­erklärung im Hinblick auf die Übernahme seines Geschäftsbetriebs unterzeichnet. Der Umsatz im sogenannten Segment Deutschland von Zur Rose solle dabei um „mehr als 10 Prozent“ steigen.

Während es damals noch hieß, das Geschäft solle möglichst bis zum Ende des dritten Quartals abgeschlossen sein, verkündete Zur Rose bei der Präsentation seiner Halbjahreszahlen am 23. August, die Vertragsunterzeichnung werde „für dieses Jahr“ angestrebt. Die Gespräche würden geführt, Voraussetzung für einen Abschluss seien aber „eine zufriedenstellende Due Diligence und die Erfüllung bestimmter weiterer Voraussetzungen“.

Auch wenn Zur Rose keine Angaben macht, mit welcher deutschen Versandapotheke das Management verhandelt, so lässt der Hinweis auf den dadurch angestrebten Umsatzzuwachs Rückschlüsse zu, welche Firmen infrage kommen könnten. Das Segment Deutschland von Zur Rose umfasst die Aktivitäten von DocMorris sowie der Zur Rose Pharma GmbH in Halle und erwirtschaftete 2016 laut Geschäftsbericht einen Umsatz von 409,2 Mio. Franken beziehungsweise umgerechnet 382 Mio. Euro. Unterstellt man, dass das durch den Zukauf angestrebte Umsatzplus zwar über zehn Prozent, aber auch nicht allzu weit entfernt davon liegt, würde dies bedeuten, dass als Übernahmekandidaten solche deutschen Versandapotheken infrage kommen, deren Umsatz im Bereich von knapp 40 bis 50 Mio. Euro liegt.

Mycare, Eurapon oder Apodiscounter?

Nach einer Erhebung des Statistikportals Statista für 2016 fallen folgende Unternehmen in diese Größenordnung: Mycare mit 37 Mio. Euro, Eurapon mit 43,3 Mio. Euro und Apodiscounter mit 46,5 Mio. Euro. Nach der Statista-Auflistung steht an nächster Stelle Sanicare, allerdings bereits mit einem Umsatz von 58,1 Mio. Euro, gefolgt von Shop Apotal mit 72,2 Mio. Euro und Apo-Rot mit 82,8 Mio. Euro. Am unteren Rand der Umsatzskala könnte auch das Unternehmen Volksversand mit einem Umsatz von 36,7 Mio. Euro das Größen­kriterium erfüllen; allerdings hat es seinen Sitz in Tschechien und dürfte damit aus dem Raster fallen.

Gemessen am Umsatzkriterium von Zur Rose kämen damit am ehesten Mycare (die Versandapotheke von BVDVA-Chef Christian Buse), Eurapon und Apodiscounter als Kandidaten infrage. Auf Anfrage von DAZ.online gaben die genannten Unternehmen keine Auskunft, auch Zur Rose äußerte sich nicht.

Bei allen Spekulationen um den Kauf einer deutschen Versandapotheke ist zu beachten: Zur Rose ist eine Kapitalgesellschaft und kann wegen des Fremdbesitzverbotes gar keine Apotheke erwerben. Es ist somit unklar, wie sich Zur Rose den Deal im Detail vorstellt. Mit einem deutschen Versender (Zur Rose Versandapotheke in Halle) ist der Konzern schon verflochten. Das Geschäftsmodell stand bereits auf dem juristischen Prüfstand – in der Sache wurde allerdings letztlich nicht darüber befunden.

Denkbar wäre zum Beispiel, dass die avisierte deutsche Versandapotheke ihren Sitz schlichtweg in die Niederlande verlegt. Möglicherweise könnte der Konzern auch erneut ein ungewöhnliches Konstrukt wählen. Wenn man das Vorgehen von DocMorris in Hüffenhardt kennt, ist klar, dass Zur Rose auch gerne einmal juristisch fragwür­dige Geschäftsmodelle testet.

OTC-Geschäft soll ausgebaut werden

In jedem Fall würde DocMorris mit einem derartigen Zukauf sein OTC-Geschäft in Deutschland deutlich ausbauen. Im ersten Halbjahr 2017 erwirtschaftete der Versender 116,7 Mio. Euro mit verschreibungspflichtigen Arznei­mitteln und 61,5 Mio. Euro mit OTC-Produkten. Der OTC-Bereich macht damit derzeit knapp die Hälfte des Rx-Segments aus, weist allerdings deutlich stärkere Wachstumsraten auf. Um wie viel Zur Rose den OTC-Umsatz durch einen Kauf steigern könnte, macht ein Blick auf die von der Münchener Marketingagentur Dr. Kaske ermittelten OTC-Umsätze der Übernahme-Kandidaten deutlich: Mycare 20,9 Mio. Euro, Eurapon 20,3 Mio. Euro, Apodiscounter 24,9 Mio. Euro, Sanicare 33,2 Mio. Euro, Shop Apotal 64,2 Mio. Euro und Apo-Rot 39,2 Mio. Euro (nur Versand, inklusive Kosmetika und Gesundheitsmittel).

Marktkenner messen der ange­strebten Übernahme eines deutschen Versandhändlers allerdings eine begrenzte Bedeutung zu. So schätzt Sibylle Bischofberger, Analystin der Zürcher Kantonalbank, dass der Deal die Märkte nicht sonderlich bewegen wird. Gegenüber DAZ.online erklärte sie, dass nach ihrer Einschätzung ein Zukauf außerhalb Deutschlands mehr Sinn ergeben würde: „Da Zur Rose über DocMorris in Deutschland bereits präsent ist, wäre es meiner Meinung nach sinnvoll, in Zukunft in anderen europäischen Ländern zuzukaufen, um auch dort Fuß zu fassen.“ |

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