Wirtschaft

Der Streit um Sanicare geht weiter

Witwe des ehemaligen Sanicare-Inhabers Volkmar Schein und derzeitige Leiter ziehen gegeneinander vor Gericht

hfd | Beim Versender Sanicare kehrt keine Ruhe ein: Die Witwe des ehemaligen Inhabers geht ­gegen die neuen Chefs vor, denen ihr verstorbener Mann ihrer Meinung nach unwirksam Anteile übertragen hatte. Diese versuchen nun offenbar ihrerseits, Druck auf die Erbin auszuüben.

Nach dem Tod des früheren Inhabers Johannes Mönter und einer Insolvenz-Anmeldung hatte Apotheker Volkmar Schein Sanicare im Jahr 2013 mitsamt der angegliederten Firmen übernommen. 2014 kam sein Kollege Christoph Bertram als Gesellschafter mit ins Boot, doch offenbar nach Auseinandersetzungen zwischen den beiden zog Schein sich zunehmend aus dem Betrieb zurück. Schein übertrug – ohne ein Entgelt zu verlangen – fast alle Anteile an Bertram; im Sommer 2016 beging er Suizid.

Seine Witwe Ingrid Schein versucht aktuell vor Gericht, die Übertragung der Anteile für ungültig erklären zu lassen – da sie nach dem Eherecht hätte zustimmen müssen. Nach Auskunft ihrer Rechtsanwälte Comtesse & Comtesse beantragte Ingrid Schein beim Amtsgericht in Neunkirchen, die beiden jeweiligen Verträge für unwirksam erklären zu lassen. Sie hielt dies für notwendig, da Bertram sowie der Kaufmännische ­Leiter der Sanicare-Gesellschaft BS-Apotheken-OHG, Detlef Dusel, dazu übergegangen seien, „vollendete Tatsachen zu schaffen“ – indem sie Vermögensdispositionen getroffen, arbeitsvertragliche Regelungen abgeschlossen und Gesellschafterversammlungen zum Zwecke der Aufnahme eines neuen Gesellschafters abgehalten hatten. Nach Auffassung der Witwe sollte „letzten Endes Herr Dr. Volkmar Schein aus der Inhaberschaft der Apotheke hinausgedrängt werden“, wie ihre Anwälte gegenüber DAZ.online erklären.

Entlassung des Kaufmännischen Leiters revidiert

Unter anderem da es „erhebliche Auffälligkeiten“ in einem Vertrag über die Markenrechte für den Betrieb der Internetapotheke gebe, hatten die Rechtsanwälte des Ehepaars Schein nach eigener Auskunft dem Kaufmännischen Leiter Dusel gekündigt, was von Bertram revidiert worden sei. Ein weiterer Streit­punkt sind Kontostände: Über eine Auskunftsklage gegen die Sparkasse Osnabrück versucht Ingrid Schein nun, Informationen zum Ver­mögen von Sanicare zu erhalten.

Aktueller Streitpunkt ist auch, wer die Apotheke betreiben soll: Eine Vertreterbestellung für den verstorbenen Apotheker wurde laut dessen Anwälten von der Apothekerkammer abgewiesen, da die OHG noch über einen aktiven ­Apotheker als geschäftsführenden Gesellschafter verfüge – gemeint ist offenbar der leitende Apotheker Heinrich Meyer, der laut Beschluss einer Gesellschafterversammlung vom Juli 2016 zum Gesellschafter gemacht wurde.

Auf Nachfrage von DAZ.online wollte Meyer sich nicht zu der ­Frage äußern, wie viele Anteile er erworben habe, sondern erklärte nur, dass er diese von Bertram übernommen habe. Die Witwe Scheins akzeptiert die Übertragung nicht, wie ihre Anwälte auf Nachfrage erklären. „Sie sei ihr gegenüber niemals durch Vorlage eines Gesellschafterversammlungsbeschlusses dokumentiert worden, sodass Herr Meyer auch nicht als Gesellschafter im Handelsregister des Amtsgerichts ­Osnabrück eingetragen werden konnte“, argumentieren sie.

Um die Registeränderung zu er­wirken, läuft ein weiteres Gerichtsverfahren. „Es dürfte selbst vollständigen Laien klar sein, dass ein Toter kein Handelsgewerbe betreiben kann“, erklärte Meyer gegenüber der „Neuen Osnabrücker Zeitung“, da Volkmar Schein dort bislang eingetragen ist.

Den Einwand der Anwälte, der ­Beschluss der Gesellschafterversammlung sei nicht vorgelegt ­worden, hält er offenbar nicht für stichhaltig. „Unstreitig nahmen die Rechtsanwälte Comtesse an der Versammlung teil“, erklärt eine Pressesprecherin von Sanicare gegenüber DAZ.online. Das Protokoll sei verlesen, von allen Beteiligten genehmigt und diesen zur Verfügung gestellt worden – doch sei es ohnehin keine rechtliche Voraussetzung. „Die Beschlüsse sind auch ohne Protokoll gültig.“

Nach Interpretation der Rechtsanwälte der Schein-Erbin versucht die Gegenseite, „mit Einleitung zahlreicher Verfahren, gegen meine Mandantin Druck auszuüben“ – „offensichtlich in der Hoffnung, dass diese unter dem Eindruck der Verfahren und – schwer getroffen vom Tod ihres Ehemannes – nunmehr das ‚Handtuch‘ werfen werde“. Doch habe die Mandantin klargestellt, dass sie sich „auf jeden Fall jedweder Forderung entgegenstellen wird“ und ihre „berechtigten Interessen“ vertreten werde.

Bevor Ruhe einkehrt bei Sanicare, dürfte daher noch einige Zeit vergehen. Einen Erfolg verkündeten Bertram und Meyer vergangenen Dienstag: Die Apothekerkammer Niedersachsen habe Meyer die ­Betriebserlaubnis erteilt und in ­einem Begleitschreiben „betont“, dass Meyer seit Juli vergangenen Jahres die Voraussetzungen hierzu erfüllte. Offenbar akzeptiert die Kammer also den Gesellschafterbeschluss, der von der Schein-Erbin bislang nicht anerkannt wird. |

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